Hamburg. Eilantrag der Dorfgemeinschaft Billwärder gegen die Baumfällung hat Erfolg. Was die Richter an den Plänen der Behörde bemängeln.
Als die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „Nein zu Oberbillwerder“ der Dorfgemeinschaft Billwärder an der Bille am Dienstagabend zu ihrem regelmäßigen Treffen zusammenkamen, da habe man schon eine Flasche aufgemacht und angestoßen, berichtet Katja Haack. Schließlich hatten sie allen Grund dazu: Im Laufe des Tages hatte sie die Nachricht erreicht, dass ihr Eilantrag gegen die Fällung von Pappeln für den neuen Stadtteil Oberbillwerder erfolgreich war.
Die Entscheidung des Hamburger Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar. Damit bleibt die von der Umweltbehörde (Bukea) geplante vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Bebauungsplanverfahren Oberbillwerder untersagt. „Das ist für uns ein großer Erfolg. Wir haben etwas Substantielles erreicht“, ist Katja Haack von der Dorfgemeinschaft überzeugt.
Dorfgemeinschaft Billwärder jubelt: Eilantrag gegen das Pappel-Fällen war erfolgreich
Die Bukea wollte hinter dem Reiterhof Graumann 50 Hybridpappeln fällen und 46 weitere Bäume in der Höhe kappen lassen. Statt bisher bis zu 30 Metern wären die Pappeln dann nur noch fünf Meter hoch. Damit sollte Lebensraum für die Feldlerche geschaffen werden. Denn 34 Brutplätze der besonders geschützten Vogelart sollen durch den Bau von Oberbillwerder verloren gehen. Da der Bodenbrüter ein weitgehend flaches, unbewachsenes Gelände bevorzugt, sollten die Pappeln nun weichen.
Drei Brutplätze sollten so in der Nähe der Pappeln entstehen, neun weitere auf Hahnöfersand. Das sei aber viel zu weit weg, urteilt nun das OVG. Denn die Elbinsel sei etwa 20 Kilometer vom Plangebiet entfernt, die Feldlerchen aber ortstreu. Im Regelfall werde daher eine Entfernung zur Maßnahmenfläche von nicht mehr als zwei Kilometern empfohlen, heißt es in der Begründung des Oberverwaltungsgerichts. „Das bestätigt, das völlig falsch geplant worden ist, in der Hoffnung, dass es keiner merkt“, sagt Katja Haack.
Auch Gutachten zu gefährdeter Libellen-Art fehlt im B-Planentwurf
Nicht das einzige Versäumnis, ist die Dorfgemeinschaft überzeugt, die in den vergangenen Wochen und Monaten den 17 Ordner dicken Bebauungsplanentwurf zu dem Zukunftsstadtteil durchgearbeitet hatte. Nicht nur acht geschützte Fledermausarten, die in Baumhöhlen der Pappeln ihr Quartier haben und sich beim Flug an solchen Baumreihen orientieren, wären durch den Bau des neuen Stadtteils gefährdet, erklärt Katja Haack.
Auch ein Gutachten zu Libellen würde fehlen. Denn die streng geschützte Art „Grüne Mosaikjungfer“ würde ihre Eier nachweislich an den Gräben in Billwerder ablegen. Ebenso vermisst die Dorfgemeinschaft in dem B-Planentwurf ein Klimagutachten. Bevor die Bergedorfer Bezirksversammlung (BV) dem Bebauungsplan zustimmen könne, müsste also noch einiges sorgfältig geprüft werden, meint Katja Haack. Ob das in dieser Legislatur noch gelingt, sei fraglich, meint die Dorfgemeinschaft. Schließlich wird die BV am 9. Juni neu gewählt.
- Wegen Oberbillwerder: 50 Bäume sollen für streng geschützten Vogel weichen
- Grüner Loop: Was Oberbillwerders „Central Park“ so besonders macht
- Oberbillwerder: Wie Kritiker und CDU Zeit schinden wollen
Zu spät: Wenn neuer Stadtteil bezogen werden kann, ist Wohnungsnot nicht mehr akut
Der Bau von Oberbillwerder kann erst beginnen, wenn die Umsiedlung der Feldlerchenbrutplätze nicht nur umgesetzt, sondern auch gelungen ist. Die Dorfgemeinschaft glaubt daher, dass der Bau von des neuen Stadtteils verzögert werden könnte. Denn nicht nur für die drei Brutplätze aus Oberbillwerder müsste in unmittelbarer Nähe Ersatz gefunden werden, sondern vor allem auch für die neun Brutplätze, die auf Hahnöfersand vorgesehen waren. Des Weiteren liegen auch noch weitere neun bis elf prognostizierte neue Brutplätze in Unterbillwerder und damit außerhalb des zwei Kilometer weiten Radius, der für solche Ausgleichsmaßnahmen empfohlen wird.
Um Wohnraum zu schaffen, der derzeit akut benötigt werde, sei der Bau eines völlig neuen Stadtteils auf der grünen Wiese, beziehungsweise im Matsch, sowieso völlig ungeeignet, meint Katja Haack. Denn ab dem Jahr 2030 werde prognostiziert, dass der Bevölkerungszuwachs auch für Hamburg deutlich abflachen werde. „Wenn Oberbillwerder an den Start geht, wird er also nicht mehr gebraucht“, erklärt Haack. Nach jetzigem Planungsstand könnte der Hochbau ab 2027 erfolgen. Die ersten Bewohnerinnen und Bewohner könnten in Oberbillwerder dann ab 2029 einziehen.