Hamburg. Nur eine Wohnung ist bislang verkauft. Investor ruft Preise von bis zu 960.000 Euro auf. Anwohner kritisieren das Mehrfamilienhaus.
Es war, ist und bleibt ein Zankapfel, zumindest ein Fremdkörper für viele Bewohner im 100 Jahre alten Bergedorfer Viertel: Am Gojenbergsweg 45 ist ein Mehrfamilienhaus unmittelbar vor der Vollendung. Dort stehen dann vier Eigentumswohnungen zur Verfügung, die den künftigen Bewohnern 125 bis 159 Quadratmeter Platz bieten, aber nicht gerade zum Schnäppchenpreis zu haben sind. Bis zu 960.000 Euro kostet eine Wohnung. Der Neubau wurde in mehrfacher Hinsicht von einer Anliegerinitiative kritisch beäugt, zum Teil auch komplett abgelehnt, weil um Identität und Charakter des Gojenbergsviertels gefürchtet wurde.
Doch es steht unwiderruflich da. Stefan Stevens, Chef und Inhaber des verantwortlichen Bauinvestors Bagge Bau GmbH und Co. KG, hat die Kritik teilweise persönlich vor Ort miterlebt. Er ist sehr zuversichtlich, dass der Neubau zeitnah fertig wird. Es gehöre zur Firmenphilosophie, „dass wir bei unseren Bauprojekten immer zuerst mit der Nachbarschaft in Kontakt treten“. Doch im vorliegenden Fall scheint der Unternehmer auch ein wenig ermüdet von der Kritik der Anlieger, die das Bauprojekt verhindern wollten.
Hamburg Immobilien: Eigentumswohnungen am Gojenbergsweg – kein Interesse?
„Das ist kein Haus, sondern ein reines Renditeobjekt“, heißt es seitens der Nachbarschaftsinitiative, die sich neben dem Gojenbergsweg auch auf Bewohner des Reimboldwegs erstreckt. Die Anwohner hätten sich überwiegend gewünscht, dass das rote Backsteinhaus, Baujahr 1912, auf dem fast 1500 Quadratmeter großen Grundstück stehen geblieben wäre. Doch das war im Sommer 2022 dann Geschichte.
Angeblich würde sich kaum jemand für die Luxuswohnungen interessieren. Es wird gemunkelt, es sei lediglich eine von vier Wohnungen bisher verkauft worden. Diesen Stand bestätigt auch Stevens, schiebt aber gleich nach, dass es bewusst so geplant gewesen sei: „Wir werden die restlichen Wohnungen erst Ende Februar über Engel & Völkers vermarkten. Wenn man hochwertige Wohnungen anbietet, dann muss man auch hineingehen dürfen.“ Das könne Bagge Bau in zwei Wochen gewährleisten.
Investor plant weiterhin auf dem Baugrundstück kein zweites Haus
Ein weiterer schwerer Vorwurf: Bagge Bau habe mit seinem Haus zu viel Fläche versiegelt, auf minderwertiges, wenig nachhaltiges Baumaterial gesetzt, beispielsweise im Einfahrtsbereich mehr Fläche gepflastert als im B-Plan vorgesehen. Wieder heißt es: „Das ist nicht ökologisch und schon gar nicht zukunftsorientiert.“
Auch hier muss Stefan Stevens widersprechen: Im Entrée zum Grundstück sei „wasserdurchlässiges, sickerfähiges Pflaster“ verbaut worden, also gar kein Versiegelungsfaktor, sodass auch bei Extremwetterereignissen das Wasser ablaufe. Das Mauerwerk sei von einer Klinkermanufaktur extra für den Gojenbergsweg angefertigt worden, versichert Stevens die Wertigkeit des Baumaterials.
Hinter dem Haus befürchten die Nachbarn, dass sich der Investor weiterhin die Option offen lässt, ein weiteres Mehrfamilienhaus zu bauen oder Pkw-Stellflächen nachzurüsten. Das hatte die Initiative eigentlich behördlich verhindert, weil sie von den ursprünglich geplanten sechs Parkplätzen im Hinterhof zu viel Lärmbelästigung befürchtete und recht bekam. Doch jegliche Zweithaus-Befürchtungen zerstreut Stefan Stevens, und insgesamt gebe es nur vier Parkplätze für Autos auf dem Grundstück (zwei vor dem Haus, zwei unterirdisch).
Wieso der Bagge-Bau in diesem Viertel einmalig bleiben wird
Für den hinteren Teil des Grundstücks sei bisher Rasen und ein paar Hecken ebenso vorgesehen wie zwei Schuppen für Fahrräder und Müll und Wärmepumpen. Eine weitere Planung ergebe keinen Sinn – schließlich sollen die künftigen Bewohner entscheiden, wie sie ihren Hinterhof gestalten wollen. Stevens weiter: „Wir haben keinen Baum gefällt, wo es nicht nötig war“, verteidigt er das Abholzen von kranken, kaputten oder statisch instabilen Hölzern, was stets zuvor vom Grünamt genehmigt worden sei.
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Stefan Stevens findet eines ohnehin schwierig: Während Neubauten in gewachsenen Vierteln grundsätzlich kritisiert werden, steht dem gegenüber die Wohnungsnot vieler Menschen. „Es erfolgte alles in Absprache mit dem Bauamt unter Erfüllung vieler Auflagen.“ Das sei neben den expandierenden Quadratmeterpreisen auch der Grund für den hohen Kaufpreis, der nun pro Wohnung aufgerufen werde.
Die Begleiterscheinungen rund um die Eingriffe ins Gojenbergsviertel haben zumindest mittlerweile diesen Effekt gehabt: Dank des Ausstellungsbeschlusses einer städtebaulichen Erhaltungsverordnung, maßgeblich vorangetrieben von Bergedorfs Denkmalschutzexperten Dr. Geerd Dahms, darf im besagten Viertel kein Backsteinbau abgerissen oder in seiner Nutzung von Spekulanten oder Baulöwen verändert werden, wenn denn der Bezirk Bergedorf die Verordnung genehmigt.