Bergedorf. Der Bezirk liegt auf Platz zwei mit zuletzt 217 Verfahren wegen akuter Kindeswohlgefährdung. Wie ein Kinderschutzhaus helfen kann.

Es scheint leider mehr als absolut notwendig, dass in Bergedorf gerade das Richtfest für ein Kinderschutzhaus am Ladenbeker Furtweg gefeiert wurde – indes mit bloß 22 Plätzen für Kinder bis zu zwölf Jahren, die im Elternhaus Gewalt oder Vernachlässigung erleben mussten. Die Zahlen der angezeigten Kindeswohlgefährdungen steigen rasant – und zwar speziell im Bezirk Bergedorf.

Laut einer Anfrage der Linken an den Senat gab es 2022 in ganz Hamburg 4425 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls, allein 1253 betrafen eine akute Gefährdung. Und hier liegt Bergedorf (nach dem Bezirk Mitte mit 337 Verfahren) schon auf dem zweiten Platz: 217 akute Kindeswohlgefährdungen wurden in Bergedorf geprüft, gefolgt von 205 in Wandsbek und 170 in Hamburg-Nord.

Im Vorjahr waren es 98 Akutfälle weniger

Im Vergleich zu den Vorjahren ist dies eine erschreckende Entwicklung: 2021 waren es im Bezirk Bergedorf 98 Akutfälle weniger, 2020 sogar 114 Fälle weniger. Die Rede ist von Vernachlässigung, körperlicher wie psychischer Misshandlung und sexueller Gewalt.

Und die Rede ist von Gewalt auch an sehr kleinen Kindern: Bergedorfs Akut-Verfahren im vergangenen Jahr betrafen insgesamt 46 Kinder unter drei Jahren, 23 zwischen drei und sechs Jahren sowie 50 Sechs- bis Zehnjährige.

Gestiegener Hilfebedarf

Wobei auch erwähnt werden darf, dass in 136 Fällen „keine Kindeswohlgefährdung, aber Hilfebedarf“ vorlag, so die Statistik. Auch dieser Wert ist gestiegen: 2021 waren es 108 Hilfefälle, 2020 sogar nur 45.

Ab Februar 2024 soll es nun das hamburgweit siebte Kinderschutzhaus geben, betrieben durch den Landesbetrieb Erziehung und Bildung (LEB). Maximal ein Jahr lang werden hier 22 Kinder in Einzelzimmern betreut, bevor sie wieder bei ihren Eltern leben (deren Besuche sind übrigens ausdrücklich erwünscht) oder bei Pflegeeltern unterkommen.

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Das zweigeschossige Haus auf 11.400 Quadratmeter großem Grundstück soll künftig Platz für drei Kindergruppen bieten. Laut Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer möge ihnen der 6,7 Millionen Euro teure Bau „auch in schwierigen Lebensumständen die Chance auf ein gutes Aufwachsen ermöglichen“.

Auch Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann ist von den „deutlich steigenden Zahlen“ alarmiert und hofft mit dem ersten Bergedorfer Kinderschutzhaus auf einen „sicheren Hafen für Kinder, die unseren besonderen Schutz benötigen“.