Hamburg. Bewohner fühlen sich von neuem Vermieter im Stich gelassen und befürchten Abriss ihres Hauses. Auch die Heizung ist ausgefallen.

Der Frust in den Wohnhäusern am Henriette-Herz-Ring 2 bis 6 ist groß: Seit dem 14. Dezember 2023 stehen dort alle drei Keller unter Wasser und sind nicht nutzbar. Dazu fielen zuletzt öfters Heizung und Warmwasser aus. Die Mieterschaft von 20 Parteien aus den drei Häusern ist extrem entrüstet und sorgt sich, ob dies der Anfang vom Ende ihres zum Teil langjährigen Zuhauses sein könnte. Es mehren sich Zweifel und Wut über den neuen Eigentümer, die Meravis Wohnungsbau- und Immobilien GmbH. Das Unternehmen aus Hannover ihrerseits kündigt zeitnah Verbesserungen für die Immobilien in Neuallermöhe an.

Zwei, die die Nase voll haben und für die Mieterschaft sprechen, sind Julianna Bolwin und Jennifer Saß. Bolwin lebt mit ihrem Sohn (24) in Hausnummer 4 in einer Dreizimmerwohnung (80 Quadratmeter), ist Bewohnerin der ersten Stunde, als sie Ende 1985 ins Mehrfamilienhaus mit sechs Parteien einzog. Saß und ihr Lebensgefährte sind Nachbarn in einer Vierzimmerwohnung in Hausnummer 2. Sie lebt dort auch bereits seit 23 Jahren.

Wohnen Hamburg: Keller in Mietshaus stehen wochenlang unter Wasser

Den beiden Frauen schwante bereits nichts Gutes, als Meravis besagte Häuser im September des vergangenen Jahres von der Wohnungsbaugenossenschaft Altonaer Spar- und Bauverein übernahm. Kurz danach soll bei einer Mitgliederversammlung mit den neuen Verantwortlichen angeklungen sein, „dass Meravis keinerlei Instandsetzung im Haus plant“, berichtet Julianna Bolwin. „Immobilienkrake“ ist das Wort, das ihr als Erstes für die Meravis einfällt – ein Unternehmen, das sich viele Bestandsobjekte greift, ohne sich nachhaltig darum zu kümmern.

Mieterin Julianna Bolwin leuchtet einen nassen Kellerraum aus: „Wenn ich beim Service anrufe, werde ich ständig abgewimmelt.“  
Mieterin Julianna Bolwin leuchtet einen nassen Kellerraum aus: „Wenn ich beim Service anrufe, werde ich ständig abgewimmelt.“   © BGDZ | Jan Schubert

Nach eigener Recherche entdeckte sie, dass das Unternehmen ein Mehrfamilienhaus in Hamburg-Langenhorn mit fast demselben Schaden abreißen ließ, „weil die Sanierung zu teuer gewesen sein soll laut eines Zeitungsartikels“, so Jennifer Saß. Nun stehen dort Eigentumswohnungen.

Anwohner beobachten seit Mitte Dezember kollektive Untätigkeit

Was aber geschah seit Mitte November? Es seien zwar in all den Jahren schon mal Heizung und Warmwasser ausgefallen, wissen die beiden Frauen, jedoch nicht in dieser Häufigkeit und nicht mit einem so offensichtlichen Desinteresse des Vermieters wie aktuell. Der erste Ausfall ging über fünf Tage vom 19. bis 23. November, dann nochmal vom 27. Dezember bis 2. Januar. Grund dafür soll ein Defekt in der Fernwärmeanlage in einem weiteren Meravis-Haus an der Anita-Ree-Straße sein, das weitere Häuser mit Energie versorgt.

Doch etwas anderes schockiert Saß und Bolwin noch mehr: Am 14. Dezember stand plötzlich mehrere Zentimeter hoch Wasser in allen Kellern der drei Häuser. Ursprung? Unklar. Zwar sei schnell ein Hausmeister erschienen, ein paar Tage später an Heiligabend tauchte dann der Notdienst in Haus Nummer 2 auf. Der Mitarbeiter soll sich nach den Beobachtungen der Hausgemeinschaft indes nur den Vorraum angesehen haben und ebenso tatenlos wie der Hausmeister abgezogen sein.

Welche rechtlichen Mittel eine Mieterin prüft

Immerhin: Am 17. Januar, also mehr als einen Monat nach dem Eindringen des Wassers, wurden Trocknungsgeräte in allen Kellern aufgestellt. Allerdings wieder mit einem Haken: „Wir Mieter sollen die Geräte zwischendurch entleeren, wenn sie vollgelaufen sind, weil die beauftragte Firma nicht die ganze Zeit zur Verfügung stehen soll“, echauffiert sich Julianna Bolwin.

In den durchfeuchteten Kellern riecht es extrem muffig, Wasser steht immer noch auf dem Boden. Die Mieter fühlen sich unwohl mit dem Gedanken, dass der Wasserschaden vielleicht auch mal zu einem Kurzschluss, somit einem möglichen Hausbrand oder auch einer Schimmelbildung im Mauerwerk führen kann.

Mieterin reagiert mittlerweile etwas rigoroser

Rentnerin Bolwin trägt seit Monaten einen zähen Kampf mit der Hamburger Serviceabteilung der Meravis aus. „Ich werde immer wieder abgewimmelt und vertröstet“, erzählt sie von vielen Anrufen und E-Mails. Es gab zwar die Rückmeldung, dass das Problem bekannt sei. Geschehen ist aber nichts. Da reagiert Julianna Bolwin mittlerweile etwas rigoroser. Sie hat Meravis angekündigt, dass sie die Miete nur noch unter Vorbehalt zahle, sich auch rechtlich beraten lassen will.

Diese Häuserreihe am Henriette-Herz-Ring 2-6 wurde im Jahr 1985 erbaut und gehörte zunächst dem Altonaer Bau- und Sparverein.   
Diese Häuserreihe am Henriette-Herz-Ring 2-6 wurde im Jahr 1985 erbaut und gehörte zunächst dem Altonaer Bau- und Sparverein.    © BGDZ | Jan Schubert

„Neu bauen? Wir kaufen doch nichts, um es herunterzuwirtschaften.“ Die Meravis lässt über ihren Pressesprecher Jörg Schreiber mitteilen, dass es überhaupt keine Pläne für den Henriette-Herz-Ring gebe, alte Häuser abzureißen und durch neue Eigentumswohnungen zu ersetzen.

Schreiber verdeutlicht, dass Meravis als Wohnungsbaugesellschaft des Sozialverbands Deutschland (SoVD) ins Leben gerufen wurde: „Wir sind ein sozialer Vermieter, haben einen entsprechenden Auftrag und wollen auch in Zukunft sozial geförderten Wohnungsbau anbieten.“ Wichtig sei aber auch die Kennzeichnung des Unternehmens als „Bestandsverwalter“.

Meravis: „Wir sind doch ein Bestandsverwalter“

Und der kümmere sich sehr wohl um seinen Wohnungsbestand, müsse aber zunächst Stärken und Schwäche der Neuallermöher Häuser kennenlernen. Schreiber bestätigt sämtliche Zwischenfälle mit ausgefallenen Heizungen und Warmwasser sowie vollgelaufenen Kellern in der Weihnachtszeit. Ab März 2024 soll nun eine neue Heizungsanlage in besagten Objekten installiert werden.

Das sei schon länger auf der Agenda, mangelte bei der Umsetzung aber laut Jörg Schreiber zuletzt einfach an nicht verfügbaren Handwerkern. Meravis baut nun auf eigenes Personal. Schnell soll auch die Ursache des Wassers in sämtlichen Kellerräumen aufgeklärt sein. „Wir wissen bisher nicht, ob es am Wasserdruck, der Kanalisation oder den Fleeten liegt, wollen das aber herausfinden und das Problem beheben.“

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All das geschehe im ständigen Austausch mit den Bewohnern, widerspricht Jörg Schreiber dem Vorwurf mangelnder Kommunikation. Es habe schon in der Vergangenheit feuchte Keller gegeben, wie er aus Mietergesprächen hörte. Bis zur Ursachenklärung werde eine Fachfirma das eindringende Wasser ständig absaugen. Und: „Wir haben die Mieter gebeten, die Geräte von Zeit zu Zeit zu leeren.“