Bergedorf. Einst landeten in den Restaurants der Region vorwiegend Fische aus der Elbe auf den Tellern. Das ist vorbei. Wo er jetzt gefischt wird.
Wenn der Stint zwischen Februar und April in der Elbe flussaufwärts wandert, freuen sich seine Fans und Feinschmecker schon darauf, wenn der kleine, schlanke Speisefisch goldbraun gebraten mit Kartoffelsalat oder Bratkartoffeln auf ihrem Teller liegt. Und auch in diesem Jahr bieten wieder zahlreiche Restaurants in den Vier- und Marschlanden in den kommenden Wochen Stint an.
Doch die Population des Stints in der Elbe sinkt immer weiter. Das führt nicht nur bei den Fischern zur Besorgnis, sondern auch zu steigenden Preisen in den meisten Gaststätten. Und – es gibt mittlerweile viele Restaurants in der Region, die den Stint nicht mehr aus der Elbe anbieten können.
Leere Netze: Die Elbfischer fangen immer weniger Stint
Warum aber wird immer weniger Stint aus der Elbe gefischt? Um umfangreichere Daten zu Population, Lebensräumen und Lebenszyklus des Stints in den Hamburger Gewässern zu erhalten, führt die Umweltbehörde seit 2020 eine Studie durch, deren Ergebnisse 2025 vorliegen sollen. Geklärt werden sollen folgende grundsätzliche Fragen: Gibt es in der Elbe einen Rückgang der Stintpopulation? Und wie groß ist dieser tatsächlich?
2022 wurde ein Zwischenbericht vorgelegt. In dem heißt es, dass sich der Fisch, der „von zentraler ökologischer Bedeutung“ ist, mittlerweile „auf der Vorwarnliste der Roten Liste Deutschlands“ befindet. „Aktuell ist der Bestand stark rückläufig“, teilen die Diplom-Biologen mit. Laut ihren bisherigen Untersuchungsergebnissen ist ein Grund für den Rückgang mangelnder Sauerstoff, der in den Laich- und Aufwuchsgebieten ganze Stintgenerationen auslöschen und somit den Bestand nachhaltig schädigen kann.
Durch Umlagern von Baggergut finden Fischlarven keine Nahrung
Die Stiftung Lebensraum Elbe kam schon 2020 laut einem Gutachten zu dem Schluss, dass die Abnahme der Stintpopulation unter anderem mit Unterhaltungsbaggerarbeiten, dem Verlust von Flachwasserbereichen im Mühlenberger Loch und Kühlwasser-Entnahmen im Bereich der Laich- und Aufwuchsareale des Stints im Zusammenhang steht.
Der Rückgang ist nicht neu: Elbfischer klagten bereits vor fünf Jahren, dass die Stintbestände drastisch zurückgegangen seien: Zwischen 2013 und 2019 hätten sich die Fangerträge jedes Jahr halbiert. Die Fischer machten vor allem Baggerarbeiten in der Elbe für den Rückgang des Stints verantwortlich, stützten sich dabei auf Aussagen von Wissenschaftlern. Die hatten herausgefunden, dass das ständige Umlagern von Baggergut im Fluss das Wasser so stark eingetrübt habe, dass die Stintlarven keine Nahrung mehr finden.
Lothar Buckow fängt Stint mittlerweile nur noch für sein eigenes Lokal
Die trübe Brühe ersticke zudem Eier und dringe in die Kiemen der Fischlarven ein. Doch wenn der Stintbestand zusammenbricht, leiden größere Fische und Seevögel, die sich von ihm ernähren. Der Rückgang des grünlich-silbrigen Fischs sei der Grund für den Zusammenbruch der Kolonie von Flussseeschwalben in Neufeld (Kreis Dithmarschen), einst größte Kolonie der seltenen Seeschwalben in Mitteleuropa, vor einigen Jahren gewesen. Auch Schweinswale ließen sich kaum mehr in der Elbe sehen, weil sie dort zu wenig Nahrung finden.
Elbfischer Wilhelm Grube aus Hoopte teilte bereits 2020 mit, dass er nur noch etwa 20 Prozent der Menge an Stint in den Netzen habe, die er zehn, 15 Jahre zuvor heimbrachte. Sein Restaurant Grubes Fischerhütte in Hoopte hatte damals aufgrund des massiven Rückgangs nicht mehr ganzjährig, sondern nur noch von März bis Mai geöffnet. Seit 2021 ist es ganzjährig geschlossen.
In diesem Jahr noch weniger Stint als im Vorjahr
Rita Buckow, die mit ihrem Mann, dem Elbfischer Lothar Buckow, das Restaurant Der Elbfischer in Jork betreibt, bestätigt den anhaltenden Negativ-Trend: „In diesem Jahr gibt es noch weniger Stint als im Vorjahr. Seine Bestände nehmen von Jahr zu Jahr ab.“ Lothar Buckow (67) fischt mit seinem kleinen Kutter bereits von Mitte Oktober an fast sechs Monate lang Stint im Bereich Hahnöfersand.
„Früher hat er auch viel Stint an andere Restaurants verkauft. Doch mittlerweile reichen die Fänge nur noch für unser eigenes Lokal“, sagt Rita Buckow und fügt hinzu: „Früher, bis 2018, haben wir hier in Jork-Wisch jährliche Stint-Feste gefeiert. Aber das macht nun, wo es den Fisch kaum noch in der Elbe gibt, keinen Sinn mehr.“
In der Elbe etwa finden sich Laichplätze bei Altengamme
Der Stint (lat. Osmerus eperlanus) gehört wie der Atlantische Lachs zu der Familie der Lachsartigen. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Stint mit Netzen am Ufer der Elbe in Massen gefangen. Mit zunehmender Gewässerverunreinigung verschwand er zeitweilig völlig und geriet als Speisefisch in Vergessenheit. Das änderte sich Ende des vorigen Jahrhunderts. Seitdem gilt er wieder als regionale Delikatesse.
Stinte leben in europäischen Küstengewässern, auch im Mündungsbereich von Elbe und Weser in der Nordsee, und wandern – wie ihre großen Verwandten – je nach Region und Witterung von Ende Januar an in großen Schwärmen zum Laichen in die Unterläufe der Flüsse. Hier werden sie von den Liebhabern dieser kleinen Fische schon sehnsüchtig erwartet. In der Elbe etwa finden sich Laichplätze etwa bei Altengamme, wo in den kommenden Wochen viele Angler am Elbufer stehen werden, um den begehrten Speisefisch zu fangen.
Stint schmeckt nicht nur lecker, sondern ist auch gesund
Die wenigen Elbfischer, die es noch gibt, belieferten in den vergangenen Jahren nur wenige Restaurants. Die Gastronomen konnten nicht so viele Fische von ihnen kaufen, wie sie benötigt hätten. Einige Gastronomen setzen deshalb auf schockgefrorenen Fisch, dem längere Transportwege nichts ausmachen. Der Stint kommt aus der deutschen Nord- und Ostsee, aber zum Beispiel auch aus Litauen. Andere Restaurantbetreiber legen Wert darauf, dass der Fisch in der Elbe gefangen worden ist und ihre Küche schnell erreicht.
Die traditionelle Art, Stint zu genießen, ist ein rustikales Vergnügen: Die Fische werden ausgenommen, der Kopf wird meistens abgeschnitten und sie werden leicht gesalzen und gepfeffert. Dann das Wichtigste: Vor dem Braten werden sie in Roggenmehl gewendet und erst dann in heißem Fett knusprig gebraten und gleich serviert. Heiß aus der Pfanne schmeckt Stint am besten. So kommt der Kontrast zwischen dem zarten Filet und der krossen Haut am besten zur Geltung.
Im Fährhaus Tatenberg hat die Stintsaison bereits begonnen
Die Gräten können mit verzehrt werden, denn sie sind so zart und winzig, dass man sie praktisch nicht bemerkt. Dazu noch Bratkartoffeln oder ein lauwarmer Kartoffelsalat, und wer mag, trinkt ein Bier dazu. Zum Genuss kommt noch das gesundheitliche Plus mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren wie bei allen lachsartigen Fischen.
Diese Vier- und Marschländer Restaurants bieten Stint an: Im Fährhaus Tatenberg (Tatenberger Deich 162) wird bereits Stint aufgetischt. Betreiberin Anja Schwormstedt bietet die Delikatesse in zwei Varianten an: als Tellergericht für 16,50 Euro und zum Sattessen für 20 Euro, 1,50 Euro mehr als vor einem Jahr. Als Beilagen gibt es Kartoffeln in verschiedenen Varianten zur Auswahl und einen gemischten Salat.
„Wir bekommen Stint, der schon auf dem Kutter schockgefrostet wird, vom Großhändler in Hamburg“, sagt Anja Schwormstedt. Ihr Stint komme aus der Ostsee: „Der ist in jedem Fall nicht zu groß und nicht durch den Hamburger Hafen geschwommen.“ Geöffnet ist mittwochs bis sonnabends von 12 bis 21 Uhr, sonntags von 12 bis 19 Uhr.
Im Krauler Kroog gibt es Stint nach „Hitscherberger Art“
Im Restaurant De Krauler Kroog (Kraueler Hauptdeich 65) wird es voraussichtlich von Mitte Februar an Stint geben. Der Preis (25,50 Euro) sei der gleiche wie vor einem Jahr, betont Inhaber Jürgen Klemmer. Er serviert den Fisch in verschiedenen Varianten – mit Bratkartoffeln oder Kartoffelsalat und weiteren Beilagen oder nach „Hitscherberger Art“: mit Salzkartoffeln, Sahnemeerrettich und grünem Salat mit Sahne-Joghurt-Sauce. Geöffnet ist mittwochs bis sonnabends von 17 bis 21 Uhr, sonntags von 11.30 bis 20 Uhr.
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Auch in der Marschländer Elblounge (Spadenländer Elbdeich 40) wird es Stint voraussichtlich von Mitte Februar an geben. „Das hängt von der Witterung ab“, sagt Gastronom Arne Meyer. „Je kälter es ist, desto schwieriger sind die Fische zu fangen.“ Meyer bezieht Stint von verschiedenen Händlern in Hamburg, die ihn in der Elbmündung sowie an der Nord- und Ostseeküste fangen. Hier wird Stint traditionell zubereitet: In Roggenmehl gewendet, in Butter und Speck gebraten.
Gastronom Arne Meyer erhöht den Preis für Stint um 1 Euro
Die Portion – wahlweise mit knusprigen Bratkartoffeln oder Kartoffelsalat – kostet 25,50 Euro. Der Preis ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 1 Euro gestiegen, „wegen der Mehrwertsteuer-Erhöhung“, sagt Meyer. Geöffnet ist donnerstags und freitags ab 17 Uhr, sonnabends ab 12 Uhr und sonntags ab 14.30 Uhr (Brunch ab 10.30 Uhr).
Der Partyservice Wulff am Neuengammer Hausdeich 266 verkauft, ebenfalls wohl von Mitte Februar an, Elbstint to go – pfannenfrisch abholbar an der „Drive-in-Station“. Den Preis für eine „gute Portion“ mit Bratkartoffeln oder Speckkartoffelsalat und Gurkensalat (alles hausgemacht) kann Hartmut Wulff noch nicht nennen: „Der hängt davon ab, was ich für den Fisch im Einkauf zahlen muss.“ Tendenziell steigt der Preis von Jahr zu Jahr, auch weil Stint immer knapper wird. Wulff bezieht ihn „frisch vom Fischmarkt“. Bei seinem Partyservice kostete er vor einem Jahr 18,50 Euro. Erhältlich ist der Stint to go täglich von 11 bis 13 Uhr und von 17 bis 18.30 Uhr. Vorbestellen unter Telefon: 40/723 31 53.
Die Portion im Landhaus Voigt kostet nun 1 Euro mehr
Frisch aus der Pfanne wird Stint im Landhaus Voigt (Ochsenwerder Norderdeich 113) serviert – mit Bratkartoffeln oder Speckkartoffelsalat zur Auswahl und einem Wachsbohnensalat. Der Preis wird voraussichtlich 22,90 Euro betragen – 1 Euro mehr als vor einem Jahr. Geöffnet ist montags, donnerstags und freitags ab 16 Uhr, sonnabends ab 12 Uhr und sonntags ab 11 Uhr. Um Reservierung wird gebeten: Telefon 040/737 24 40.