Hoopte/Zollenspieker. Hoopte/Zollenspieker. Ausgedehnte Sauerstofflöcher in der Ebe nehmen Fischen den Lebensraum: Elbfischer Grube macht Schluss.

Er ist einer der letzten drei Stintfischer an der Elbe und der einzige östlich von Hamburg. Doch Wilhelm Grube will nach 40 Jahren mit dem Fischen aufhören: „Es gibt kaum noch Stint“, sagt der 62-Jährige und fügt hinzu: „Es lohnt sich nicht mehr.“

Auch das Restaurant will Grube verkaufen

Grube verkauft den kleinen Fisch der Lachsfamilie in seinem Restaurant „Grube’s Fischerhütte“ am Hoopter Elbdeich 32, gleich am Fähranleger Hoopte gegenüber Zollenspieker. Doch das im Jahr 2000 nach zweijähriger Bauzeit eröffnete Restaurant (400 Sitzplätze) will Grube nun verkaufen – so schnell wie möglich, „je nachdem, wie schnell ich einen Käufer finde“. Sobald er ein gutes Angebot bekomme, sei Schluss.

Der grünlich-silberne Fisch ist von Ende Februar bis Anfang April etwa fünf, sechs Wochen lang in der Elbe unterwegs. Dorthin, ins Süßwasser, zieht es den Stint zum Laichen. Dann haben Grube, sein Partner im Fischereibetrieb, Jens Stoef, und zwei angestellte Fischer am meisten zu tun. Grubes Bruder Werner (70), ebenfalls ausgebildeter Berufsfischer, hat sich gerade zur Ruhe gesetzt. Die Männer waren in der Stint-Zeit täglich auf einer Strecke von rund zwölf Kilometern zwischen Bunthausspitze und Geesthacht mit ihren Booten unterwegs. Von dort aus zogen sie 20 Reusen aus dem Wasser, mit denen sie die 15 bis 20 Zentimeter langen, wandernden Tiere gefangen haben.

Früher 30 Tonnen Stint – heute keine sieben mehr

In guten Jahren haben der Berufsfischer und seine Mitstreiter 30 Tonnen Stint im Jahr aus der Elbe geholt. Nun seien es „keine sieben mehr“, sagt Grube. Es sei „das wohl schlechteste Jahr“. Vor dem Norddeutschen Haus hätten in der Stint-Zeit keine Angler mehr gestanden. Noch vor wenigen Jahren standen dort Dutzende Männer dicht gedrängt, um den beliebten Speisefisch aus der Elbe zu holen.

Der Stint sei nicht mehr den Strom hinaufgekommen, sondern habe weiter elbabwärts gelaicht. „Früher, vor Jahrzehnten, schwammen riesige Schwärme hoch bis nach Bleckede. Damals gab es Tausende Stintfischer auf der Elbe.“ Damals galt Stint als Arme-Leute-Essen. Heute ist der Fisch eine Delikatesse.

„Viele Fische sind weg, auch Stör und Lachs“

Dabei sei der Stint der letzte Fisch gewesen, den es überhaupt noch zu fangen lohnte: „Viele Fische sind weg, auch der Stör und die Lachse.“ Der Stint war Grubes Hauptgeschäft. Nur von den Aalen sowie Brassen und weiteren Weißfischen, die er auch fängt, könne er nicht leben.

Früher belieferte Grube bis zu 100 Restaurants mit Stint, heute ist es noch ein halbes Dutzend in den niedersächsischen Elbdörfern, „sonst reicht es für uns nicht“. Die Besucher seines Restaurants mussten für Stint nicht mehr bezahlen als im Vorjahr, sagt Grube. „Aber da werden wir wohl künftig nicht drumrumkommen.“ Die von ihm belieferten Restaurants mussten schon in dieser Saison rund 40 Prozent mehr für den Fisch zahlen.

Auch der Sohn hört auf, geht ins Ausland

Grube kann es sich leisten, mit dem Fischen aufzuhören und das Restaurant zu verkaufen: „Das passt schon. Manchmal tun mir die Knochen weh“, sagt er. Sein Sohn Per-Willem (25), als Berufsfischer elbabwärts zwischen Wedel und Glückstadt mit einem Kutter unterwegs, will ebenfalls aufhören. „Er will ins Ausland gehen“, sagt der 62-Jährige.

Die Fischbestände seien in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich geschrumpft, meint der Berufsfischer, der als Achtjähriger seinen ersten Stint fing und ihn seit 40 Jahren professionell fischt – „zwar in Wellen, aber die Abschwünge sind deutlicher als die Aufschwünge“.

Neun Elbvertiefungen haben Sauerstoffgehalt reduziert

Die Ursache für den Starken Rückgang der Fische sieht Grube in Hamburg: „So etwas schafft nur der Mensch.“ Durch die neun Elbvertiefungen, die der Fluss hinter sich hat, wurde der Sauerstoffgehalt reduziert. Die Schadstofffracht ist seit der deutschen Wiedervereinigung zwar deutlich gefallen, doch in das immer tiefere Wasser gelangt weniger Sonnenlicht. Folge: Es wachsen weniger Pflanzen, der Sauerstoffgehalt sinkt. „Inzwischen werden jährlich 12,5 Millionen Tonnen Baggergut umgeschlagen“, sagt Grube. Die Sauerstofflöcher unterhalb Hamburgs seien im Sommer 15 Kilometer lang: „Das überlebt kaum ein Fisch.“