Hamburg. Erstmals werden die Kulturtage im Lichtwarktheater eröffnet. Auf der Bühne: Schauspielerin Gilla Cremer mit „Die Dinge meiner Eltern“.
Ein Theaterstück mit besonderer Note setzt in diesem Jahr den Auftakt zum Programm der Bergedorfer Musiktage. Die Hamburger Schauspielerin Gilla Cremer, bekannt nicht nur von den Kammerspielen und aus dem Ernst-Deutsch-Theater, führt am Sonntag, 17. März, im Lichtwarktheater des Körberhauses ihr eigenhändig geschriebenes Stück „Die Dinge meiner Eltern“ auf.
Agnes steht im Haus ihrer verstorbenen Eltern. Hier ist sie aufgewachsen, hier haben Vater und Mutter 60 Jahre lang gewohnt – nun muss es geleert werden. Wo fängt man an? Im Keller oder auf dem voll gestopften Speicher? An jedem Gegenstand scheint noch so viel Leben zu hängen, ein vertrauter Geruch oder eine Geschichte. Behalten? Verschenken? Verkaufen? Wegwerfen? Erinnerungen an die Familie und die eigene Kindheit springen aus Schubladen und Schränken. Agnes stolpert über Briefe und Tagebücher, die nicht für sie bestimmt waren. „Was vom Leben übrig bleibt, kann alles weg“, hatte ihr ein Entrümpelungs-Profi geraten. Wenn das nur mal so einfach wäre…
Solostück von Gilla Cremer eröffnet die Bergedorfer Musiktage
Eine Wand aus Umzugskartons, eine Stehlampe mit Fin-de-Siècle-Schirm, ein staubdurchtränkter Teppich – viel mehr braucht Gilla Cremer auf ihrer Bühne nicht. Ihre brillante Sprechtechnik und ihr ausdrucksstarkes Spiel lassen vor den inneren Augen des Publikums die ganze Welt einer sechsköpfigen Familie entstehen. Jahre nach seiner Frau ist nun auch der Vater gestorben. Agnes, die Drittgeborene, hat von ihren Schwestern Bärbel, Milli und „Hühnchen“ den undankbaren Auftrag erhalten, die Hinterlassenschaft zu sortieren, das Haus zu leeren und den neuen Besitzern zu übergeben.
Wir lernen die Familie kennen, während Agnes durchs Haus geht und Inventarlisten ausfüllt. Wie sie da herunterrattert, was sich da angesammelt hat, sind die Zuschauer zwischen komplizenhaftem Glucksen und schallendem Gelächter hin und her geworfen. Kleine Kostprobe: 3000 Bücher, Siegfrieds Drachentöterschwert, 15 Ikea-Klappstühle in Rot, 163 Gläser Eingemachtes (ab September 1962), vier Rasierapparate (drei defekt), zwölf Sektquirle, eine Flotte Lotte, 16 Tupperdosen mit und ohne Deckel, 31 Tupperdeckel ohne Dosen, 121 gefaltete Plastiktüten unter der Spüle, 26 gleichgroß geschnittene Unterhosen in der Schuhputzkiste, 14 umhäkelte Kleiderbügel, aber auch Jagdtrophäen, ein Steinway-Flügel und ein Faustkeil aus Vaters Sammlung.
Tickets für die Aufführung kosten zwischen 30 und 35 Euro
Dass die Eine-Frau-Performance nicht ins Genre der Stand-up-Comedy abdriftet, ist dem zarten Gewebe der Erinnerungen zu danken, die Gilla Cremer mit den 17.895 Dingen ihrer Eltern verknüpft. Da nehmen die Charaktere von Vater und Mutter Gestalt an. Die Schwestern werden in ihren typischen Eigenarten kenntlich. Die Mutter hat es an der Seite eines „Jägers und Schürzenjägers“ nicht leicht, lenkt aber mit ihren Allerweltssprüchen die Familie – noch über den Tod hinaus: „Stütz beim Essen die Ellenbogen nicht auf!“ „Ruf an, wenn du gut angekommen bist!“ Kennen wir das nicht alle? Es ist die große Kunst von Gilla Cremer und ihrem Regisseur Dominik Günther, selbst Gerüche vorstellbar zu machen – wie es riecht, einen nassen Hund trocken zu rubbeln, wie das still gewordene Haus selbst seinen Geruch verändert hat.
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Seit 1987 geht Gilla Cremer mit ihren Solo-Produktionen erfolgreich im In- und Ausland auf Tournee. Sie gastierte in Dänemark, Niederlande, Frankreich, Polen, Ungarn, Neuseeland und Taiwan. Eine Reihe ihrer Stücke werden zudem von anderen Theatern adaptiert. Die Aufführung am 17. März im Lichtwark-Theater beginnt um 19 Uhr. Tickets zu Preisen von 30 und 35 Euro sind erhältlich beim bz-Ticketshop im CCB und im Internet unter www.bergedorfer-musiktage.de. Dort ist auch das komplette Programm der Musiktage zu finden, die bis zum 28. Juni laufen.