Hamburg. Joern Moeller und Team stecken viel Herzblut in die Konzertlocation White Cube, doch die Besucherzahlen sind inzwischen unbefriedigend.
Wer Joern Moeller über den Jazzclub White Cube reden hört, merkt schnell: Dieser Mann brennt. Für die kleine Location im ersten Stock eines Fabrikgebäudes an der Kurt-A.-Körber-Chaussee, die er und seine Mitstreiter mit viel Einsatz hergerichtet haben. Für sein Team, das für Licht, Sound und einen reibungslosen Ablauf an der Bar sorgt, ohne dafür einen Cent zu nehmen. Und natürlich für die Musik. Für die oft jungen Bands, die er sonnabends im White Cube auf die Bühne bringt. Joern Moeller möchte etwas auf die Beine stellen, hier im Südosten Hamburgs. Doch mittlerweile weiß der 67-Jährige nicht, ob sich die Mühe noch lohnt.
„Corona war ein Riesenbruch“, sagt Moeller. Seit der Pandemie sind die Besucherzahlen in dem kleinen Jazzclub nicht mehr die gleichen, ein Problem, dass sich der White Cube mit vielen Kulturbetrieben teilt. „Oft kommen nur noch 15 bis 20 Leute“, sagt der 67-Jährige. Mehr als 30 Gäste sind zurzeit aus Brandschutzgründen nicht möglich. Moeller plant derzeit bereits einen weiteren Notausgang, um die Kapazität auf bis zu 60 Besucher zu erweitern. Ein Aufwand, der sich nur lohnt, wenn in Zukunft mehr Menschen in den White Cube strömen.
Jazzclub White Cube denkt über mehr Mainstream-Musik nach
Um dieses Ziel zu erreichen, denkt Moeller auch kritisch über die musikalische Ausrichtung des Clubs nach: „Wir buchen viele Bands, die modernen Jazz spielen. Der Trend geht zu elektronischen Sounds.“ Zu avantgardistisch für Bergedorf? Sein Publikum kommt jedenfalls überwiegend aus dem Bezirk, in dem der 67-Jährige selbst aufgewachsen ist. Um mehr Menschen abzuholen, plant Moeller, in Zukunft mehr auf Gefälliges zu setzen, auf Mainstream und Jazzstandards. Das Konzert von Cole Chandler & Rainer Schnelle Trio am vergangenen Sonnabend, bei dem der croonende Frontmann auch mal Sinatra-Klassiker interpretierte, war ein Versuchsballon mit erfolgreichem Ergebnis. Der Laden war an diesem Abend voll.
Immerhin dürften die Sorgenfalten bei Schatzmeister Peter Voss derzeit nicht allzu tief sein. Finanziell steht der White Cube solide da, der Betrieb im Jahr 2024 ist gesichert. Die laufenden Kosten sind für Hamburger Verhältnisse überschaubar, mit viel ehrenamtlichem Engagement kommt der Club gut über die Runden. Die Konzerte kosten grundsätzlich keinen Eintritt, stattdessen lässt Moeller einen Hut herumgehen. „Die meisten Menschen geben dann trotzdem zehn Euro, und wir brauchen niemanden, der vorn an der Kasse sitzt“, sagt er. Außerdem könnten sich so auch Menschen den Konzertbesuch leisten, die wenig Geld haben.
Der White Cube ist seit 2016 als Verein organisiert und kann so auf Mitgliedsbeiträge von Menschen setzen, die den Jazzclub unterstützen wollen. So konnten Moeller und sein Team zuletzt sogar einige Rücklagen bilden. Um den Musikern etwas höhere Gagen zahlen zu können, hat der Verein Fördermittel von der Initiative „Live 500“ beantragt. Wenn es um Geld geht, denkt Moeller zuerst an die Künstler: „Wir stocken die Gagen auch auf, wenn die geil geliefert haben“.
- Ende einer langen Karriere: Feels verabschieden sich
- Bergedorf: Massive Kritik am Künstler- und Handwerkerhaus
- Clubs in Hamburg sterben aus: Wird Hansestadt jetzt Party-Provinz?
Moeller und seine Verbündeten wie die Techniker Claus Hofrichter, Volker Deterra und Malte Rosenthal stecken derweil jede Menge Arbeit in das Projekt. „Ich bin hier jeden Tag, vier bis sechs Stunden“, betont der gebürtige Bergedorfer. In liebevoller Kleinarbeit hat er den Innenraum gestaltet, auf einer Empore einen Backstagebereich eingerichtet. In einer mit Vorhängen abgetrennten Ruhezone können sich die Musiker nach dem Auftritt entspannen, ein Arbeitsbereich und ein kleines Bad stehen ebenfalls bereit. Wenn ein Gig ansteht, kauft Moeller ein, kocht für die Bands und schwingt am Ende selbst den Wischmopp.
Das Projekt White Cube ist „für den Stadtteil gemacht“, wie Joern Moeller betont. Er fügt hinzu: „Früher gab es hier ja nix.“ In Bergedorf trommelte er einst in einer Band auf einem Sperrholzstuhl, weil er sich noch kein Schlagzeug leisten konnte. Er managte Ende der 70er-Jahre das Easy und baute in den 90ern das Kulturzentrum Lola mit auf. Nachdem er lange in St. Georg Musik und Kunst machte, möchte er jetzt Musiker, für die er so sehr brennt, in seine alte Heimat holen. Damit die Menschen dort sein Angebot auch annehmen, ist Moeller bereit, Kompromisse zu machen. „Man kann natürlich nach Jahren sagen, es lohnt sich nicht. Aber das wäre schade.“ Nur eines ist klar: „Es wird auf jeden Fall Jazz bleiben.“