Hamburg. Schülern aus ärmeren Familien fehlen oft die Räder zum Üben. Verwaltung tritt bei Lösungsvorschlag zunächst auf die Bremse.

Es war im Juli 2023, als Polizeiverkehrslehrer Frank Rieper im Bergedorfer Verkehrsausschuss zu Gast war und von seinen Erfahrungen an Grundschulen des Bezirks berichtete. Eine Erkenntnis des Polizisten: Kinder aus ärmeren Familien besitzen oft kein eigenes Fahrrad und tun sich deshalb oft schwer, das Radfahren zu lernen. Die Politik möchte jetzt Abhilfe schaffen. Die CDU beantragte in der Bezirksversammlung, dass Bergedorf einen Pool von Fahrrädern finanzieren soll, die dann im Verkehrsunterricht eingesetzt werden können.

Der konkrete Plan der Christdemokraten: Der Bezirk soll 12.000 Euro in die Hand nehmen und dafür etwa 15 kindgerechte Fahrräder kaufen. Mit im Budget eingeplant sind Schutzhelme, eine Unterbringungsmöglichkeit für die Räder und vor allem ein geeigneter Anhänger. Damit sollen die Verkehrserzieher der Polizei die Räder von Grundschule zu Grundschule fahren können, immer da wo sie gerade gebraucht werden. Das Geld für die Maßnahmen soll aus dem Förderfonds kommen.

CDU fordert Anschaffung von 15 Fahrrädern für die Verkehrserziehung

„Das Erlernen des Fahrradfahrens gehört neben Lesen, Schreiben, Rechnen und Schwimmen lernen zu den sogenannten Kulturtechniken, die möglichst spätestens mit Abschluss der Klassenstufe vier regelhaft sicher beherrscht werden sollten“, begründet die CDU den Antrag. „Langfristig wünschen wir uns außerdem, dass der Bau eines Verkehrsübungsplatzes realisiert wird“, sagte Christdemokrat Lars Dietrich in der Bezirksversammlung. In seiner eigenen Grundschulzeit in Rahlstedt habe er auf einer solchen Anlage das richtige Verhalten im Straßenverkehr gelernt.

Aus den anderen Fraktionen gab es grundsätzlich viel Zustimmung für den Vorschlag der CDU. „Es fehlen augenscheinlich Fahrräder“, stellte auch Jan Vlamynck (Gründe) fest und seine Parteikollegin Lenka Brodbeck ergänzte später: „Wir unterstützen das Vorhaben.“ Linken-Politiker Robert Gruber ging der Vorstoß nicht weit genug: „Eigentlich müssten diese Fahrräder fest an den Grundschulen stehen, die den niedrigsten Sozialindex haben – ein Satz Räder für alle Schulen ist ein bisschen wenig.“ Dennoch sei die Idee der CDU ein Schritt in die richtige Richtung.

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Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann (SPD) bremste die Politik mit Blick auf die rechtliche Situation jedoch aus. Weder die Polizei noch die Grundschulen seien berechtigt, solche Zuwendungen aus dem Bezirk zu empfangen. „Ich würde eher dazu raten, die Anschaffung der Fahrräder durch die Polizei oder die Schulen zu empfehlen.“ Lars Dietrich war diese Variante jedoch zu wenig. Seine Idee: Das Geld könnte an den Verein „Jugendwerk unfallgeschädigter Kinder“ gehen, der zur Sportvereinigung der Hamburger Polizei gehört. „Wenn ein Trägerverein fehlt, wird sich schon einer finden“, so Dietrich. Eine Mehrheit der Bezirksversammlung verwies den Antrag wegen dieser offenen Fragen zur weiteren Debatte in den Hauptausschuss.

Verkehrserzieher Rieper hatte im Jahr 2023 berichtet, dass zum Beispiel in einer Schule im Landgebiet mit einem hohen durchschnittlichen sozialökonomischen Status der Schüler 100 von 105 Schülern den freiwilligen „Fahrradführerschein“ bestanden. Nur vier Kinder hatten beim Prüfungstermin kein eigenes Fahrrad dabei. An einer Schule mit einem höheren Anteil an Kindern aus ärmeren Familien musste dagegen ein engagierter Lehrer einspringen, der mehrere Räder zum Üben organisierte. Insgesamt bestanden damals in ganz Bergedorf 89 Prozent von 299 Schülern die Prüfung.