Hamburg. Auch die Prognose für die restlichen Rosskastanien im Bezirk ist finster. Was stattdessen jetzt in Lohbrügge gepflanzt werden soll
Wo bis Montagmorgen noch 30Kastanien am Park südlich des Bornmühlenbachs standen, finden Spaziergänger in Lohbrügge jetzt nur noch Stümpfe vor, daneben liegen am Dienstag, 23. Januar, noch die zurechtgesägten Äste. Dabei standen die meisten der Bäume gar nicht auf der Baumfällliste, die Grünchef Wolfgang Charles im November der Politik vorgelegt hatte. Doch vergangene Woche musste Charles im Umweltausschuss nachlegen – auch in der Baumreihe nördlich von Schulenburgring und Bornbrook wütete die Kastanien-Komplexkrankheit.
„Die Pilze wurden erst richtig aktiv, nachdem wir die Baumfällliste schon erstellt hatten“, so der Grünchef. Der Zustand der Kastanien sei zum Jahresende deutlich schlechter gewesen, als erwartet. Charles: „Wir haben uns dafür entschieden, die Bäume jetzt in Gänze wegzunehmen und dann im Herbst neu zu pflanzen.“ Die Fachleute würden sich immer bemühen, kranke Bäume zu retten. In diesem Fall sei es jedoch zu spät – und auch die Prognose für die restlichen Rosskastanien im Bezirk ist finster.
30 Bäume in Lohbrügge fallen der Kastanien-Komplexkrankheit zum Opfer
Die Komplexkrankheit ist eigentlich eine Kombination verschiedener Übel, die die Pflanzen befallen können. Ein eingeschlepptes Bakterium, das 2007 erstmals in Hamburg registriert wurde, greift das Holz an und bringt Rindengewebe zum Absterben. Diese Schäden sind dann ein Türöffner für Pilze, die in den Baum eindringen und zur sogenannten Weißfäule führen können. Das Holz zerfasert und wird instabil. Äste der Bäume brechen leichter ab und gefährden Spaziergänger. Oft sind die Kastanien zusätzlich noch durch ebenfalls eingeschleppte Miniermotten geschwächt. Die Raupen der Käfer zernagen die Blätter.
Das Bergedorfer Grünamt bemüht sich, die Übertragung der Bakterien einzudämmen. „Das Holz der Kastanien wird verbrannt, die Kettensägen anschließend desinfiziert“, erklärte Charles im Ausschuss. Heruntergefallenes Kastanienlaub einzuäschern, sei ebenfalls eine geeignete Vorsichtsmaßnahme, die auch Privatpersonen befolgen können. Sieht der Grünchef noch eine Chance, dass die Kastanien in Bergedorf überleben? „Nein, das gilt aber nicht nur für Bergedorf“, betont Charles auf Nachfrage. Nach dem derzeitigen Stand muss sich ganz Mitteleuropa vom Anblick der Bäume verabschieden.
Neue Bäume sollen für eine besonders schöne Herbstfärbung sorgen
Auf der ursprünglichen Baumfällliste standen bereits neun Kastanien, die in dieser Fällsaison wegen der Komplexkrankheit weichen mussten. Seit 2013 fielen in ganz Hamburg allein bei den Straßenbäumen circa 1000 Exemplare der Säge zum Opfer, nachdem sie zuvor durch Bakterien und Pilzbefall geschwächt worden waren. Die Umweltbehörde berichtete 2022, dass 15 Prozent der Rosskastanien in der Hansestadt erkrankt seien. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis uns die Kastanien ausgehen“, sagte Grünchef Charles im Ausschuss.
Der Bezirk Bergedorf pflanzt daher die beliebte Baumart nicht mehr nach, sondern setzt auf andere Spezies. Die jetzt abgeholzte Baumreihe nördlich des Schulenburgrings soll durch Zelkoven ersetzt werden. Diese Ulmengewächse stammen ursprünglich aus Japan, Korea und Ostchina. Sie werden laut Wolfgang Charles ähnlich groß wie Kastanien. Die Blüten sind zwar sehr unscheinbar. „Dafür haben die Blätter eine sehr schöne Herbstfärbung“, betonte der Grünchef.
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Der Boden am Standort sei feucht und lehmig, was die Auswahl für Neupflanzungen einschränke. Dass die großen Kastanien nun zunächst durch sehr junge Bäume ersetzt werden, hat einen guten Grund. „Jüngere Bäume etablieren sich schneller an einem Standort und wachsen dann auch schneller“, so Charles. Größere Exemplare in den Boden zu setzen bringe daher kaum Vorteile, sei aber deutlich aufwendiger.