Hamburg. Marina Wesemann vermittelt Vierbeiner, die nicht erwünscht sind. Eine traumatische Kindheit ließ die große Liebe zu Tieren entstehen.

Der Labrador-Rüde war gerade einmal sechs Monate alt, als seine Besitzer merkten, dass sie eigentlich gar keine Zeit für einen Hund haben. Also musste der Welpe wieder weg. Auch der zehnjährige Pudel war nicht mehr gewollt, nachdem sein Frauchen verstorben war. Und der kleine Mischlings-Rüde Pico wurde von seinen Besitzern so gequält, dass Marina Wesemann gar nicht anders konnte, als ihn zu retten.

Seitdem hat Pico bei der 61-Jährigen aus Kirchwerder ein neues Zuhause gefunden. Ebenso wie drei weitere kleine Vierbeiner, die Marina Wesemann mit ihrer Bergedorfer Tierhilfe gerettet hat. Den Verein hat die Bergedorferin vor sechs Jahren gegründet, um den Tieren eine Stimme zu geben, wie sie sagt. Seitdem hat der Verein insgesamt schon für 317 Tiere – vornehmlich Hunde, aber auch ein paar Katzen – eine neue Heimat gefunden.

Tierschutz: Bergedorfer Tierhilfe möchte Vierbeinern eine Stimme geben

Marina Wesemann war schon immer tierlieb: Schwache Igel aufpäppeln oder kleine Vögel retten – derartige Aufgaben hat sie schon als kleines Mädchen in Bergedorf übernommen. Vermutlich habe sich durch die Gewalterfahrungen in ihrer Kindheit eine solche Liebe zu Tieren entwickelt, vermutet Marina Wesemann.

Als Kind sei sie Vergewaltigungsopfer ihres tyrannischen Vaters geworden. Sich für die Schwächeren wie auch Kinder, Obdachlose und eben Tiere einzusetzen, das ist längst zur Lebensaufgabe der examinierten Pflegekraft geworden.

Marina Wesemann ist 24 Stunden am Tag zu erreichen

Mittlerweile ist sie in Rente, arbeitet noch sonntags im Spätdienst auf Minijob-Basis im Krankenhaus. Und ist sonst rund um die Uhr mit dem Verein beschäftigt. Ständig klingelt das Telefon, werden ihr Hunde gemeldet, die Hilfe oder ein neues Zuhause benötigen. 24 Stunden am Tag ist sie zu erreichen.

Wenn Zeit bleibt, recherchiert sie, um illegalen Welpenhandel aufzudecken oder schaltet das Veterinäramt ein, wenn ihr ein misshandeltes Tier gemeldet wird, berichtet die 61-Jährige, die am Kirchwerder Hausdeich in einer großen Wohnung mit Garten wohnt, „wegen meiner Tiere“, sagt Marina Wesemann.

Pflegestellen für Hunde werden dringend gesucht

Tierliebe, Zeit und Geduld sollten diejenigen mitbringen, die zur Pflegestelle des Vereins werden möchten. Denn die werden dringend gebraucht, betont Marina Wesemann. Derzeit gibt es sechs Haushalte, die Hunde vorübergehend aufnehmen, bis ein neues Zuhause für sie gefunden wurde. In der Regel beträgt der Zeitraum ein bis zwei Wochen, bis die Hunde gegen eine Schutzgebühr von 400 bis 600 Euro an neue Besitzer abgegeben werden, stellt die Vereinsgründerin fest.

Die Hunde sind bis dahin immer über den Verein versichert. Futter und Körbchen werden vom gestellt, können aber natürlich auch von der Pflegestelle gespendet werden. „Selbstverständlich übernehmen wir anfallende Tierarztkosten, ohne dass die Pflegestelle etwas auslegen muss“, betont Marina Wesemann.

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Tierarztkosten sind, gerade nach der Erhöhung der Gebührenordnung vor einem Jahr, ein extrem hoher Posten, der bewältigt werden muss. Selbst wenn Veterinäre dem Verein entgegenkommen und Tierschutzpreise verlangen, kommt im Jahr eine fünfstellige Summe zusammen, berichtet Marina Wesemann.

Allein in dem kleinen Pico würde der Preis eines Kleinwagens stecken, verrät sie. „Aber er hat das Recht darauf, zur Ruhe zu kommen“, sagt die 61-Jährige, die ausschließlich alte Hunde bei sich aufnimmt. Die würden zwar mehr Pflege in Anspruch nehmen, aber einem so viel zurückgeben, erklärt Marina Wesemann.

Radiosender „Hamburg Zwei“ sammelt Spenden für den Verein

Um die Kosten des Vereins zu decken, freut sich die Bergedorfer Tierhilfe stets über Unterstützung. Bei der Spendensammlung von „Hamburg Zwei“ steht der Verein von Montag, 18. Dezember, bis Freitag, 22. Dezember, im Mittelpunkt. Der Radiosender unterstützt in der Vorweihnachtszeit Hamburger Tierhilfeorganisationen. Alle Spenden, die in der nächsten Woche eingehen, kommen dem Verein von Marina Wesemann zugute.