Hamburg. Bezirksamt hat die Situation in der Bergedorfer City untersucht. Politik diskutiert über Ergebnis, das viele überrascht.

Sie haben sich reichlich Mühe gegeben und sind wachsam durch Bergedorfs Innenstadt gelaufen: Gibt es hier wirklich zu wenig Parkplätze? Das wollte Baudezernent Lars Rosinski mit seinem Team herausfinden, denn immer wieder hatten CDU und AfD moniert, die Verwaltung würde Parkplätze vernichten und somit die Erreichbarkeit der City behindern, den Einzelhandel gefährden: „Das wird inzwischen in allen Fraktionen und in der Öffentlichkeit sehr emotional diskutiert.“ Schließlich aber habe die jüngste „absolut wertfreie“ Parkraumerhebung ergeben, dass es durchaus freie Parkfläche gebe.

Die Zahlen bilden zumindest Tendenzen ab: So wurden die Betreiber von sieben Parkhäusern nach deren Auslastung gefragt, haben sich Mitarbeiter des Baudezernats zu verschiedenen Zeiten die Situation angeschaut, zugleich die Flächen im öffentlichen Raum beobachtet – „auch zu Zeiten, an denen andere schlafen“, betonte Rosinski nun im Verkehrsausschuss: „Wir haben sogar abgefragt, wann und wie viele Tickets an den Parkscheinautomaten gezogen wurden. So fällt natürlich auf, dass die Chrysanderstraße an Markttagen erst nachmittags genutzt wird.“

Tagsüber durchschnittlich 1475 freie Parkplätze in Bergedorfs Innenstadt

Zur Gesamtübersicht: Es gibt 1869 öffentliche Parkplätze in der Bergedorfer Innenstadt, davon sind 364 kostenpflichtig. Zudem stehen 2583 Plätze in Parkhäusern zur Verfügung, zusammen sind es also 4452. Davon seien durchschnittlich tagsüber 1475 frei gewesen, nämlich 338 auf öffentlichen Flächen und 1137 in Parkhäusern.

„Im CCB-Parkhaus sind immer Plätze frei, es hat eine Auslastung von 50 bis 60 Prozent“, zählte Rosinski auf. Das Parkhaus im Fachmarktzentrum liege bei nur 31 Prozent, das unter dem H4-Hotel bei 75 bis 90 Prozent. Die Parkflächen im Lohbrügger Marktkauf-Center seien meist zu 70 Prozent belegt. Dazu kommen die beiden P+R-Parkflächen am Bahnhof: Die Palette auf der Lohbrügger Bahnhofsseite sei durchschnittlich zu 90 Prozent ausgelastet, das Rondell (Einfahrt von der B5) zu 70 Prozent. „Wobei das Parken hier bloß zwei Euro kostet, da stehen durchaus auch Leute, die nicht mit der S-Bahn nach Hamburg fahren, sondern in Bergedorf bleiben“, erfuhr der Baudezernent.

Durch den Umbau sind an der Chrysanderstraße zuletzt zehn Parkplätze weggefallen. Vornan dürfen werktags nur Lieferfahrzeuge tagsüber halten – dennoch ist er oft von Privatautos belegt, klagen Einzelhändler.
Durch den Umbau sind an der Chrysanderstraße zuletzt zehn Parkplätze weggefallen. Vornan dürfen werktags nur Lieferfahrzeuge tagsüber halten – dennoch ist er oft von Privatautos belegt, klagen Einzelhändler. © bgz | Anne Strickstrock

Ein anderes Bild ergibt sich beim Parkhaus an der Bergedorfer Schlossstraße (aktuell ist das oberste Deck wegen Vandalismus geschlossen), das perspektivisch für einen Wohnungsbau weichen soll, womit 475 Stellplätze wegfallen würden: „Hier sind wir tagsüber bei 37 Prozent. Aber da fährt auch nicht jeder gerne herein.“

Das sei aber ja „auch wirklich gruselig“, meinte Petra Petersen-Griem, die sich im Namen der SPD für die Arbeit der Verwaltung bedankte: „Das bestätigt, dass es nur ein Gefühl ist, es gebe zu wenig Parkplätze, aber offensichtlich gibt es viele. Mit gut 1000 freien Plätzen sollte man auskommen.“

Parken auf dem Frascatiplatz: An Sonnabenden meist viele freie Plätze

Damit aber war die Diskussion noch lange nicht vom Tisch – vor allem mit Blick auf den Frascatiplatz, der maximal 370 Plätze bietet. Werktags sei er fast immer komplett belegt, aber sonnabends ergebe sich ein überraschend anderes Bild, so Lars Rosinski: „Da ist er gar nicht so sehr ausgelastet, dabei sollten doch eigentlich alle Vier- und Marschländer und Geesthachter nach Bergedorf zum Einkaufen kommen.“

Der Frascatiplatz sei eben doch „nicht die Cash Cow des Sachsentors“, sagte Joachim Schöfer (Grüne): „Wir müssen überlegen, wie viele Parkplätze es für ein funktionierendes Sachsentor braucht.“ Aber grundsätzlich werde sich die Anzahl der Geschäfte nicht halten lassen – „da können wir uns auf den Kopf stellen“.

Der Frascatiplatz müsse „unbedingt weiterhin gebührenfrei sein, das ist Voraussetzung für Mobilität“, meinte Robert Gruber (Linke). „Auf alle Fälle muss man da weiterhin parken können, aber man könnte über ein bis zwei Euro pro Stunde diskutieren“, warf Jörg Froh (CDU) eine mögliche Gebühr in die Runde. Fraktionskollegin Stephanie Pelch schaute eher gestresst auf die Uhr: „Wenn ich drei bis vier Stunden Zeit zum Einkaufen habe, ist das alles kein Problem. Aber wenn ich kurz vor Ladenschluss noch schnell Blumen für meine Mutter kaufen will oder in die Apotheke muss, dann habe ich ein echtes Problem.“ Denn ins Parkhaus zu fahren, koste sie nun mal zehn Minuten mehr Zeit als kurz am Straßenrand zu stehen.

Muss das Parken am Straßenrand teuer werden?

Einen anderen Aspekt brachte Reinhard Krohn (AfD) in die Diskussion ein: „Die Leute wollen nahe an den Geschäften parken und ihr Auto mit zehn oder 20 Kilo befüllen. Dabei wird unsere Gesellschaft immer älter, und 80-Jährige können nicht alle noch 500 Meter zu Fuß laufen.“ Dann müsse es eben deutlich teurer werden, am Straßenrand zu parken, entgegnete Reinhold Reumann (Grüne): „Dann zahlt man halt mal fünf Euro für 30 Minuten, dafür habe ich es auch bequem.“

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Auf ein verändertes Nachfrageverhalten kam auch Paul Ole Gasthuber (SPD) zu sprechen: „Also ich jedenfalls kaufe weniger im Einzelhandel als es meine Eltern oder Großeltern noch getan haben.“

Das Schlimmste aber wäre doch, wenn die Bergedorfer Innenstadt zugrunde ginge, so Bergedorfs Baudezernent: „Wir brauchen eine gute Mischung aus Mobilitätswende und Pkw-Bedarfen. Einen Mittelweg, um kein Geschäft sterben zu lassen und dennoch eine klimagerechte Stadt zu haben.“ Nun seien die Fraktionen aufgefordert, die Erhebung zu diskutieren und einen nächsten Schritt zu überlegen.