Hamburg. CDU befürchtet durch Abriss dreier Parkhäuser nervigen „Parkplatzsuchverkehr“. Aber die Folgen könnten noch viel dramatischer werden.
Die Alarmglocken schrillen bei der CDU nach den Antworten auf ihre Große Anfrage „Parkplatzvernichtung in Bergedorf“. Demnach bestätigte das Bezirksamt, dass durch den Abriss dreier zentraler Parkhäuser insgesamt 1005 Stellplätze wegfallen und nur durch 390 in Neubauten ersetzt werden. Nicht nur die CDU befürchtet, dass durch verschwindende Parkangebote das Bergedorfer Zentrum als Shopping-Standort maßgeblich an Attraktivität einbüßen wird.
Die wesentlichen Antworten zur CDU-Anfrage: Bergedorfs Verwaltung korrigiert darin die Gesamtzahl an bestehenden Plätzen für die drei Parkhäuser Hein-Möller-Weg, Bergedorfer Schloßstraße sowie ehemaliges Penndorf Parkhaus von 1075 auf 1005 Plätze nach unten, „da ein Teilbereich des Parkhauses an der Bergedorfer Schloßstraße wegen Vandalismus gesperrt werden musste“. Wenn alle Häuser abgerissen sind, entstehen durch die Neubauprojekte lediglich 390 Parkplätze. Macht also ein Minus von 615 Stellflächen.
615 Parkplätze fallen durch Abriss der Parkhäuser weg
Des weiteren gibt es nach aktuellem Stand 509 fest vermietete Plätze am Hein-Möller-Weg sowie an der Schloßstraße. Da insgesamt ja nur 390 Parkplätze nach den Abrissen bleiben, stellt sich die Frage, wie sich diejenigen, die derzeit über einen gemieteten Platz verfügen, mit 119 weniger Plätzen arrangieren sollen. Antwort der Verwaltung: „Es ist davon auszugehen, dass einige Mieter keinen Anspruch auf einen neuen Mietstellplatz erheben werden.“ Auf Nachfrage bei den Eigentümern der Häuser sei herausgekommen, dass manche Parkplätze schon einige Zeit nicht mehr genutzt würden.
Bernd Capeletti, CDU, rechnete zuletzt in etwa diese Größenordnung mit deutlich über 600 wegfallenden Parkplätzen vor: „Die jetzt bestätigten Zahlen sind erschreckend“, sagt Capeletti nun. Dass Dauermieter Parkplätze zukünftig nicht mehr benötigen würden, sei eine Annahme nach dem „Prinzip Hoffnung“, analysiert der 73-Jährige.
Wird die Parkplatzsuche im Bergedorfer Zentrum bald zum Geduldsspiel?
Auch die Bedürfnisse von Neubewohnern Bergedorfs wurden bislang ausgeklammert: Hier rechnet die CDU bei 240 Neuwohnungen sehr niedrig mit einem Bedarf von 120 Parkplätzen, die ebenfalls Ansprüche für ihren Pkw anmelden könnten. Die Annahme der Verwaltung, die Zugezogenen würden aufgrund der zentralen Wohnlage und ergänzenden Mobilitätsangeboten auf das eigene Auto verzichten, ist aus Capelettis Sicht ebenfalls Wunschdenken.
Für seine Parteifreundin Stephanie Pelch ist die Entwicklung sehr bedenklich: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass die Bergedorfer Stadt- und Wirtschaftsplanung hier sehenden Auges in ein Parkchaos steuert.“ Denn der von ihr prognostizierte „dauerhafte Parkplatzsuchverkehr“ führe nur zu mehr Umweltbelastungen und zu weniger Lebensqualität der Bergedorfer.
Zwei Parkhäuser fallen sehr wahrscheinlich schon in diesem Jahr
„Insbesondere Gewerbekunden werden Bergedorf meiden und auf andere Gebiete ausweichen“, fürchtet Pelch. Die 44-Jährige fordert zudem die Koalitionsparteien der Grünen, FDP und SPD auf, auf Basis dieser Zahlen tätig zu werden. Denn auch die Stimmen aus dem Einzelhandel und von gastronomischen und touristischen Anbietern werden lauter, die vor dem Parkplatzsterben warnen. Es ginge nur zu Lasten einer belebten Bergedorfer Innenstadt, wenn nicht ausreichend Parkplätze zur Verfügung stehen.
Konkrete Zeitpunkte der jeweiligen Abrisse stehen noch nicht fest. Das Penndorf-Parkhaus an der Rektor-Ritter-Straße ist seit dem Jahr 2018 – im Gegensatz zu den anderen beiden Objekten – nicht mehr im Betrieb, verfällt von Tag zu Tag mehr und könnte noch in diesem Jahr verschwinden. Bauinvestor Revitalis Real State AG will zeitnah 68 Mietwohnungen bauen. Und auch am Hein-Möller-Weg könnte sehr bald die Abrissbirne zum Einsatz kommen. 90 Wohnungen sollen dort entstehen, aber auch eine Erdgeschosszeile für Gewerbe.
Alternativvorschlag für Parkplatzbeauftragten ist wenig konkret
Zur Parkplatzproblematik präsentierte die AfD einen ganz eigenen Ansatz: Bergedorfs Rechtspopulisten wünschen sich zur Sicherung der Pkw-Stellplätze einen Parkplatzbeauftragten für den Bezirk. „Die rot-grüne Politik hat nicht alle Verkehrsteilnehmer im Blick“, eröffnete Fraktionschef Reinhard Krohn sein Plädoyer in der Bezirksversammlung und berichtete vom frustrierenden Alltag eines Bergedorfer Autofahrers, der sich von der überteuerten Zapfsäule durch Staus vorbei an bestens ausgebauten Radwegen und Velorouten bis zur Stellplatzsuche nervig gestalten würde.
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Warum der Bezirk aber nun eine Spezialkraft für Parkplätze brauche, begründet der AfD-Chef im Grunde nur damit, dass ja demnächst ein Fußgängerbeauftragter die Verwaltung verstärken soll. Entsprechend könne der Parkplatzbeauftragte die Interessen der „bedrängten Autofahrer“ vertreten – ansonsten bleibt das Tätigkeitsfeld eher im wenig Konkreten.
Alle warten auf die Bestands- und Bedarfsanalyse für den gesamten Bezirk
Dementsprechend lehnten alle anderen Parteien den AfD-Antrag ab. Julian Emrich, CDU-Fraktionschef aus Bergedorf: „Sie erzeugen nur umso mehr Bürokratie in der Bergedorfer Verwaltung. Was glauben Sie denn, wie viele Parkplätze durch so einen Beauftragten entstehen? Nicht ein einziger.“ Emrich wartet nach den ernüchternden Antworten des Bezirksamts nun umso gespannter auf die angekündigte Bestands- und Bedarfsanalyse für den gesamten Bezirk.