Bergedorf/Reinbek. Große Fragezeichen hinter Wiederbelebung der Rowohlt-Verlagsgebäude. Auch Zukunft der Ex-Klier-Moden-Immobilie im Sachsentor offen.
Gleich zwei Prestigeprojekte sind im Leerlauf, weil das Maklerbüro Pipping Ende September die vorläufige Insolvenz anmelden musste: die ehemalige Klier-Moden-Immobilie in Bergedorfs Fußgängerzone Sachsentor und der Umbau des einstigen Rowohlt-Verlages zum „Unternehmercampus“ im Zentrum Reinbeks. „Vorerst wird an den beiden unter Denkmalschutz stehenden Objekten kein Bauarbeiter tätig sein“, bestätigt Pipping-Inhaber Heiner Marcus Roskothen.
Gut zwei Monate nach dem Gang zum Amtsgericht liege sein Fokus auf der Rettung des Unternehmens: „Natürlich gibt es Gespräche mit Banken und möglichen Investoren über die Weiterführung der beiden Projekte“, sagt Roskothen. „Aber das Hauptziel ist jetzt die Rettung von Pipping Immobilien und natürlich eine Zukunft für möglichst alle Arbeitsplätze.“
Kann das eigentliche Insolvenzverfahren noch abgewendet werden?
Im Gespräch mit unserer Zeitung ist der 45-jährige Diplom-Volkswirt dabei optimistisch: „Es gibt bei allen Beteiligten den Wunsch, dass es mit der Firma Pipping Immobilien weitergeht – und viel Verständnis, dass uns die schwierige Marktlage vorübergehend in Schieflage gebracht hat“, sagt der gebürtige Flensburger mit Wohnsitz in Reinbek. Er hofft sogar, den zum Jahreswechsel anstehenden Übergang von der vorläufigen Insolvenz in das eigentliche Insolvenzverfahren noch abzuwenden.
Ein Optimismus, den der vom Amtsgericht bestellte Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt so nicht ganz teilen mag: „Die Chancen einer Sanierungslösung stehen tatsächlich sehr gut. Allerdings dürfte das über den Einstieg eines neuen Investors laufen.“ Der Übergang könne zum 1. Januar, „angesichts der vielen Feiertage im Dezember realistischerweise aber wohl erst zum 1. Februar 2024“ gelingen.
Insolvenzverwalter sieht Einstieg eines Investors als realistische Perspektive
Aus Sicht des renommierten Sanierungsexperten der Kanzlei Reimer vom Gänsemarkt in Hamburg können die Mitarbeiter von Pipping Immobilien also mit einiger Zuversicht ins neue Jahr schauen. Das junge Team ist seit der Übernahme durch Heiner Marcus Roskothen und seinen 2021 ausgeschiedenen Geschäftspartner Karl Gero Wendeborn vor sechs Jahren auf gut 20 Personen angewachsen.
„Wir haben viel in gute Mitarbeiter investiert und dabei auch großen Wert auf qualifizierte Ausbildung gelegt“, ist Roskothen stolz auf mehr als zehn frisch gebackene Immobilien-Kaufleute, darunter viele, die ein duales Studium im Bereich Immobilienwirtschaft absolviert haben. „Sie sind die Basis, um Pipping Immobilien als großes Makler-Unternehmen im Hamburger Osten in die Zukunft zu führen.“
Trennung vom Projekt „Unternehmercampus“ ist wahrscheinlich
Ob das aber mit Heiner Marcus Roskothen als Geschäftsführer sein wird, müsste laut Insolvenzverwalter Borchardt „noch mit dem neuen Investor geklärt werden“. Mit Ausnahme dieser Personalie hatte das Sanierungsteam vom Gänsemarkt nach der Durchsicht der Unterlagen bereits im November Hoffnung gemacht: Es könne wohl das Schlimmste verhindert werden, hieß es aus der Rechtsanwaltskanzlei Reimer.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin dürfte allerdings die Trennung von den beiden Prestige-Projekten in Bergedorf und Reinbek sein. Sowohl bei der rund 300 Jahre alten Immobilie mit dem ehemaligen Klier-Moden-Geschäft im Sachsentor als auch beim 1959 vom berühmten Architekten Fritz Trautwein gebauten Rowohlt-Verlag sprechen die Denkmalschützer ein gewichtiges und damit kostenintensives Wort mit.
Wiederbelebung der historischen Klier-Moden-Immobilie fraglich
„Allein schon die Baugenehmigungen haben ewig auf sich warten lassen“, schaut Heiner Marcus Roskothen auf die Pläne des nach dem Kauf 2020 vor dem Abriss geretteten Ex-Klier-Moden, das mit dem angrenzenden Fachwerk-Bau von Kaffee Timm ein Ensemble bildet, wie es in ganz Hamburg kein zweites mehr gibt. „Damals wollten wir es umgehend für den Einzug unseres Bergedorf-Büros vorbereiten. Doch bis die Baugenehmigung kam, sollte es zweieinhalb Jahre dauern.“
Das war zu lange, um die kostenintensiven Planungen noch zu verwirklichen: Explodierende Baukosten, rasant gestiegene Zinsen und gleichzeitig fallende Mieten ließen das Projekt zum Stillstand kommen, bevor es überhaupt begonnen werden konnte. Ähnlich verhält es sich mit dem Umbau des Rowohlt-Verlags zum „Unternehmercampus“ in Reinbek: „Dort passiert erst mal gar nichts, wobei das definitiv nichts mit der Schieflage von Pipping Immobilien zu tun hat“, sagt Heiner Marcus Roskothen.
Denkmalschutzamt stellt sich bei Photovoltaik auf den Rowohlt-Dächern quer
Konkret seien die Auflagen des Denkmalschutzamts finanziell heute nicht mehr darstellbar, weil sie jegliche Ansätze zu einer energetischen Sanierung zunichtemachen. Roskothen: „Es wurde vom Architekten Fritz Trautwein 1959 gebaut und als eines der ersten Gebäude der Nachkriegszeit unter Denkmalschutz gestellt. Um diese bis heute attraktive Immobilie aber in die Neuzeit zu überführen, wäre die Installierung einer Photovoltaik-Anlage in Kombination mit einer Hybridheizung aus Gas und Geothermie wichtig.“ Nur werde das von den Denkmalschützern kategorisch abgelehnt.
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Roskothen sieht dieses Veto als wirtschaftliches Totschlag-Argument, egal welcher Investor das historische Ensemble entwickeln würde: „Mit unserem Konzept ,Unternehmer-Campus‘ wären hier hochmoderne Arbeitsplätze in einem energetisch weitgehend autark betriebenen Ensemble entstanden. Zwar mit Photovoltaik-Elementen auf den Dächern, aber aus meiner Sicht trotzdem unter Wahrung des Denkmalschutzes.“
Heiner Marcus Roskothen sieht sich dabei sogar auf einer Linie mit dem 1993 verstorbenen Fritz Trautwein: „Als Architekt hatte er zu Lebzeiten den Ruf, seine Entwürfe und seine Planungen regelmäßig zu hinterfragen. Er wäre somit im Zweifel der Erste gewesen, der in Zeiten der Energiewende eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des ehemaligen Rowohlt-Verlagsgebäudes positioniert hätte.“