Hamburg. Vom HSV über Migrantenkinder bis zu Stars wie Hugh Grant und Andy Warhol: Den Profi-Fotografen ist in Hamburg nichts entgangen.
Sein Porträt von Paul Kuhn ist ein absoluter Hingucker, „auch das Foto von Udo Lindenberg mit seiner Zigarre verkauft sich gut“, sagt Andreas Laible, dessen Pressefotos seit 1980 meist während Interviews für das Hamburger Abendblatt entstanden. So gelangen ihm – meist in Schwarz-Weiß – die schönsten Aufnahmen etwa von Hugh Grant, der 1994 im Hotel Atlantic logierte, von Anthony Perkins, der einen neuen Film in der Hansestadt präsentierte oder auch von Pop-Art-Künstler Andy Warhol, der in einer Hamburger Galerie ausstellte.
Diese Bilder, aber auch weniger bekannte Motive will der 65-Jährige jetzt im offenen Atelier im CCB in Bergedorf zeigen – gemeinsam mit den Arbeiten von zwei weiteren Fotografen. Nach einer Ausstellung im Januar ist es die zweite Zeitreise durch vier Jahrzehnte Pressefotografie. Schon ab Dienstag sollen die Werke zu sehen sein. Am Sonnabend, 25. November, beginnt um 14 Uhr die Vernissage in der Galerie.
Offenes Atelier: Bilder aus 40 Jahren Pressefotografie in Hamburg
„Dann kommt auch die Museumsdirektorin aus Boizenburg, denn sie will ihre Gedenkstätte neu ausstatten“, weiß Ronald Sawatzki, der zur Grenzöffnung 1989 einiges bieten kann. Er fotografierte an der alten Transitstrecke, als die DDR-Bürger Spalier standen, um kurz vor Mitternacht die ersten Westler zu empfangen. „Sie reichten sogar Rotkäppchen-Sekt in die Autos“, erinnert der 66-Jährige, der auch ein besonderes Foto aus dem Boizenburger Rathaus hat: „Da sieht man zwischen einem Korn und einer Weinbrandflasche den schlafenden Bürgermeister“, erzählt Sawatzki grinsend.
Seine Themen während der dreiwöchigen Ausstellung sind vielfältig: Da gibt es Schnappschüsse von der Jugendszene der 80er, als Punks und Grufties ihre Eltern schocken wollten. Da gibt es Konzertaufnahmen von Bruce Springsteen, Carlos Santana (im Stadtpark) und Neil Young (im CCH). Dazu atemberaubende Fotos vom Hamburger Hafenleben, etwa „als ich mal nachts mit den Schleppern unterwegs war“, so der Mann, der jahrzehntelang für die Norddeutschen Nachrichten unterwegs war, deren Sitz am Curslacker Neuen Deich war – als Mantelredaktion für die Bergedorfer Zeitung.
Von 1973 bis 1979 war auch der Bergedorfer Jürgen Joost für die Bergedorfer Zeitung auf Tour – seinerzeit als Sportfotograf. Und so nimmt es wenig Wunder, dass er bis heute gern im Stadion ist – wie auch im Juni 1979, als der HSV Deutscher Meister wurde und die Fans in der Westkurve den Zaun aufschnitten: „Mein Foto von dem Tumult landete tatsächlich auf dem Titel des Stern-Magazins. Dass sie es koloriert haben, war mir angesichts des guten Honorars egal.“
Neben Fußball schwärmte er aber auch vom Baseballteam der New York Mets: „Ich war 1986 in New York, als die gerade die Weltmeisterschaft gewonnen hatten und es aus allen Fenstern des Broadway Papierschnipsel regnete. Als ich diese Wahnsinns-Parade fotografieren wollte, stoppte mich das FBI und wollte meinen Presseausweis von der Bergedorfer Zeitung nicht akzeptieren. Da musste ich sogar mit auf die Wache gehen“, erinnert sich der 66-jährige Joost, der damals auch schon für die „Morgenpost“ und die „Welt“ fotografierte.
Förderprojekt „Freifläche“ läuft aus
Bereits zum Jahresbeginn waren die drei Pressefotografen in Bergedorf, diesmal aber haben sie andere Werke ausgewählt und hoffen, dass es erneut einen großen Besucherandrang geben wird. Sie wollen durch vier Jahrzehnte Zeitgeschichte führen, also durch Hamburgs Stadtgeschichte samt Politik, Kunst und Kultur.
Bloß werde die Kultur leider immer etwas vernachlässigt, meint Ronny Sawatzki – jetzt auch mit Blick auf das Projekt „Freifläche“, das zum Jahresende aufläuft und nicht weiter von der Kulturbehörde finanziell gefördert wird. Es war ins Leben gerufen worden, um der arg gebeutelten Kulturszene nach Ende der Corona-Einschränkungen wieder einen Anschub zu geben. Künstlerinnen und Künstler bekamen die Möglichkeit, für günstige Mietzahlungen Räume in den von Leerstand betroffenen Einkaufsmeilen zu bespielen.
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„Jetzt wären die Betreiber der Einkaufszentren gefordert, ihren Beitrag gegen den zunehmenden Leerstand zu leisten und die Räume weiterhin kulturell zu beleben“, meint Sawatzki, der sich hier lieber „ein Kunst-Kaffee statt Billigklamotten“ vorstellen mag.
Doch Anke Große-Wilde, die vor zwei Jahren die offene Galerie gründete und erfolgreich zahlreiche Ausstellungen organisierte, winkt ab: „Wenn die Fördergelder auslaufen, ist zum Jahresende Schluss. Denn das war ja nicht gerade ein Wirtschaftsprojekt, mit dem man eine Miete zahlen könnte“, weiß sie. „Auf die Fotografen folgen nach dem 9. Dezember noch drei Malerinnen, dann ist es vorbei.“ Bis dahin gibt es Kunst satt von montags bis sonnabends von 13 bis 18 Uhr.