Hamburg. CDU und Linke wollen die geplante Bekämpfung der Nager ausweiten. Bei der Bergedorfer Koalition beißen sie jedoch auf Granit
Die Bergedorfer Politik ringt weiterhin um den richtigen Umgang mit der Nutriapopulation im Bezirk. In der Bezirksversammlung kochten die Emotionen zwischen Vertretern von CDU und der Bergedorfer Koalition hoch. Am Ende setzten sich SPD, Grüne und FDP mit ihrem Antrag durch. Die Umweltbehörde (Bukea) soll gemeinsam mit dem Bezirksamt „zügig passende Managementmaßnahmen identifizieren und zeitnah umsetzen“.
Die Ausbreitung der südamerikanischen Nutria soll also verhindert werden – über das Wie herrschte aber immer noch keine Einigkeit. Ein Knackpunkt: Dürfen die Nagetiere auch in Schutzgebieten gejagt werden? CDU und Linke hatten dies in ihrem Antrag zur Sache gefordert, bissen aber damit gerade bei den Grünen auf Granit.
Bergedorfer Grüne stellen sich gegen Nutria-Jagd in Naturschutzgebieten
„Die Bejagung in Schutzgebieten wäre ein absoluter Tabubruch“, sagte Anke Bendt-Soetetjo (Grüne) in ihrem Redebeitrag. Die Folgen für andere Tierarten, die sich in Schutzgebiete zurückziehen seien „verheerend“. Christdemokratin Erika Garbers platze daraufhin der Kragen: „Glaubt ihr, dass die Nutria lesen können und deswegen nicht in die Naturschutzgebiete gehen.“ Die Argumentation der Grünen sei „Blödsinn“. In den Vier- und Marschlanden gibt es vier Naturschutzgebiete, darunter das 860 Hektar große Areal Kirchwerder Wiesen.
„Wir müssen dahin, wo die Tiere sind und das ist nun einmal in den Schutzgebieten“, betonte auch Garbers Parteifreund Julian Emrich. Er forderte vehement, das Problem an der Wurzel zu packen. „Im besten Falle schaffen wir es, die Nutria auszurotten“, sagte der CDU-Politiker. Es gehe dabei schließlich auch um den Schutz einheimischer Tierarten, denen die invasiven Nagetiere Konkurrenz machen.
CDU und Linke hatten in ihrem Antrag auch gefordert, dass auch die Jagd auf Elterntiere möglich sein soll und verwiesen dabei auf das Gutachten, das von der Umweltbehörde im November vorgelegt worden war. Dort hatten die Experten gesagt, dass Jungtiere unter idealen Bedingungen bereits nach fünf bis sieben Tagen allein lebensfähig seien und dass deswegen über eine „befristete Aufhebung“ des Jagdverbots bei Elterntieren nachgedacht werden könne. Aus Sicht der Grünen sei eine komplette Aufhebung des Elterntierschutzes jedoch nicht zu rechtfertigen, wie Bendt-Soetetjo betonte.
Kurz vor der Abstimmung machten CDU und Linke einen letzten Kompromissvorschlag und änderten ihren Antrag ab: Die Jagd in Schutzgebieten und auf Elterntiere solle nur als Option geprüft werden. Doch die Koalition beharrte auf ihren Änderungsantrag und setzte sich damit durch. Als Aufträge an Bezirk und Umweltbehörde bleiben demnach neben Wunsch nach einem passenden Konzept zur Populationskontrolle: Einen langfristigen Managementplan zur Eindämmung der Nutrias, ein mehrjähriges Monitoring der Einflüsse auf Flora und Fauna und quartalsweise Berichte.
CDU warnt vor unkontrollierter Vermehrung der Nagetiere
Zu wenig für die Christdemokraten, die vor der unkontrollierten Vermehrung der Nager warnten. „Nehmen wir einmal an, dass es vor drei Jahren 1000 Nutrias im Bezirk gab. Dann hat sich die Anzahl rechnerisch mittlerweile auf zirka 25.000 erhöht“, betonte André Wegner. Grünen-Rednerin Bendt-Soetetjo hielt dagegen, dass ihrer Meinung nach das Gutachten überhaupt noch keine eindeutige Überpopulation der Nutrias zeige, da es sich nur um Schätzungen auf Basis von Wahrscheinlichkeitsrechnungen handle. Sie empfahl in ihrer Rede neben einer möglichen Bejagung auch, Entwässerungsrohre zu vergittern, um den Nagetieren eine Möglichkeit zum geschützten Nestbau zu nehmen.
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Die eigentlich aus Südamerika stammenden Nutrias leben seit den 1930er Jahren wild in Deutschland. Seit 2016 stehen die Tiere auf der Liste der invasiven Arten. Seit fünf Jahren werden die Nager zunehmend auch in Hamburg gesichtet, wie es in dem von der Umweltbehörde beauftragten Gutachten heißt. Nutrias beschädigen beim Graben Deiche und Böschungen. Außerdem berichtet das Gutachten von möglichen Fraßschäden an Uferpflanzen, Zier- und Ackerpflanzen sowie von angefressenen Krebsen und Muscheln.
Die hitzige Diskussion um den richtigen Umgang mit den Nagetieren hatte zuletzt sogar zu Verwerfungen in der politischen Landschaft des Bezirks Bergedorf geführt. CDU-Mitglied Vanessa Haloui, gleichzeitig Vorsitzende des Tierschutzvereins Looki, war aus der Partei ausgetreten, weil sie den harten Kurs gegen die Nutrias nicht mittragen wollte. Haloui hatte unter anderem die Angabe im Gutachten, dass Jungtiere bereits nach wenigen Tagen allein lebensfähig seinen, als wissenschaftlich überholt bezeichnet.