Ochsenwerder. HSV-Star besucht Fans in Ochsenwerder und spricht vom „geilsten Sieg“. Die Frage nach seinen Haaren ist indes gar nicht so abwegig.

Es herrscht reges Treiben am Sonnabendmittag an der eigentlich so beschaulichen und ruhigen Ochsenwerder Twiete. In einem Gewächshaus des Garten- und Landschaftsbaubetriebs von Karl Heinz Rohde haben sich die Mitglieder des HSV-Fanclubs Chico-Arena versammelt. Einen Tag nach dem schmucklosen 2:1-Erfolg des Fußball-Zweitligisten gegen Eintracht Braunschweig warten sie hier auf Robert Glatzel, den Top-Torjäger des früheren Europapokalsiegers. Der Fanclub hatte sich erfolgreich bei einer Verlosung um den Besuch des Spielers bemüht. Der Besuch des 29-Jährigen ist für 13 bis 13.30 Uhr vom HSV angekündigt worden. Doch von „Bobby“, wie der gebürtige Münchner gerufen wird, fehlt auch um kurz vor 14 Uhr noch jede Spur.

Es bleibt den 69 Mitgliedern des im Juli 2022 gegründeten Fanclubs also genug Zeit, sich über die uninspirierte Vorstellung ihrer Lieblinge am Vorabend auszutauschen. Tenor bei den eingefleischten Anhängern des Tabellenzweiten: „Das war zu wenig.“ Während die erwachsenen Fans fachsimpeln, spielen ihre Kinder vor dem Gewächshaus. „Hat Glatzel eigentlich eine Glatze?“, fragt ein Steppke den anderen. Die Antwort lautet nein. Abwegig ist die Frage jedoch keinesfalls. Schließlich ändert der frühere England-Legionär gern mal Frisur und Haarfarbe. Bis vor Kurzem trug er oben weiß.

HSV-Stürmer Glatzel besucht Fans in Ochsenwerder

Dann endlich kommt der Fußball-Star angebraust – über eine Stunde zu spät und für einen Sport-Millionär standesgemäß mit einem sündhaft teuren Luxuswagen. „Moin“, sagt Glatzel typisch hanseatisch. Dann wird er erst einmal in den früheren Gasthof Neudorf geführt. Hier entstand vor knapp eineinhalb Jahren die Idee zur Gründung des Fanclubs Chico-Arena. „Bei einem Bierchen“, wie Peter Stut erklärt. Zuvor hatten sich er und andere HSV-Fans im Wohnzimmer von Enrico Gelati zum Fußballschauen getroffen. Irgendwann wurde der Andrang bei den Spielen ihres Herzensvereins jedoch zu groß. Und dann kam auch noch die Pandemie.

Robert „Bobby“ Glatzel beantwortet Fragen von Mitgliedern des Fanclubs.
Robert „Bobby“ Glatzel beantwortet Fragen von Mitgliedern des Fanclubs. © BGZ/Hanno Bode | Hanno Bode

„Da haben wir gesagt, dass wir weiter im Rahmen der Corona-Maßnahmen Fußball gucken wollen“, erklärt Stut. Improvisationstalent war gefragt – und gute Kontakte. Familie Rohde überließ den HSV-Fans einen Carport, so konnte mit Abstand und genügend Frischluftzufuhr weiter das Treiben von Glatzel und Co. an der Flimmerkiste begutachtet werden. Inzwischen hat der Fanclub sogar einen kleinen abgeschlossenen Raum in dem Carport – inklusive riesiger HSV-Raute an der Wand. „Bei Auswärtsspielen ist es hier rappelvoll“, sagt Stut. Kämpfen die Hamburger im heimischen Volksparkstadion um Punkte, sind viele Mitglieder dank ihrer Dauerkarten vor Ort live dabei.

Fußballprofi klatscht mit den Kindern ab

Nachdem Glatzel kurz der Clubraum gezeigt wurde und er sich neben der Raute mit einem Autogramm verewigt hat, geht es in das Gewächshaus. Es erklingt das Lied „HSV forever and ever“, während der lange Schlacks durch den Raum zu einem Podium geht. Begleitet wird er dabei von viel Applaus. Glatzel klatscht mit den Kindern ab, die ihn mit ganz großen Augen anschauen. „Vielen, vielen Dank für diesen sehr herzlichen Empfang. Ich freue mich, hier zu sein. Es ist einfach schön zu sehen, wie die Kinder hier lächeln“, sagt der Fußball-Star.

Anschließend stellt sich der 29-Jährige den Fragen einiger Mitglieder, die dafür jeweils nach vorn treten. Ebenso geduldig wie freundlich und professionell steht Glatzel den Fans Rede und Antwort. Ihnen brennt dabei nicht mehr das Braunschweig-Spiel inklusive des sehr unglücklichen Auftritts des Angreifers auf den Nägeln, sondern das Stadtderby am kommenden Freitag beim FC St. Pauli.

Gegen den FC St. Pauli „alles raushauen“

„Ein Sieg gegen Pauli, wie wir ihn in der letzten Saison beim 4:3 zu Hause hatten, das ist der geilste Sieg der Saison. Wir wissen, dass es ein ganz besonderes Spiel ist für alle Fans und uns natürlich auch. Wir wollen alles raushauen und unbedingt den Derbysieg raushauen, ganz klar“, sagt der Stürmer. Dafür gibt es viel Applaus von den Chico-Arena-Mitgliedern. „Er macht nächstes Mal einen rein gegen Pauli“, ist sich Gelati sicher, der von allen nur „Chico“ gerufen wird und Namensgeber des Fanclubs ist.

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Und sollte sein Wunsch nicht in Erfüllung gehen? Oder der HSV am Saisonende gar im sechsten Anlauf erneut am Wiederaufstieg scheitern? Seiner Liebe zum Rautenclub wird das keinen Abbruch tun. „Der HSV bleibt der HSV. Wir leiden immer mit und glauben daran, dass es wieder hoch geht“, sagt der 60-Jährige. Glatzel trägt sich als 70. Mitglied des Fanclubs ein und braust bald danach wieder vom Hof. Dass er sich ein bisschen verspätet hatte, kein Problem für die Fans. Der mehr als sympathische Auftritt des Angreifers hat sie dafür mehr als entschädigt.