Tatenberg/Altengamme. Zum Start der Sturmflutsaison wird die Hochwasserschutzanlage begutachtet. Laut Experten gibt es nur ein paar kleine Mängel.
Starke Windböen wehten am Tag der Deutschen Einheit aus nordwestlicher Richtung über Hamburg und das angrenzende Norddeutschland und drückten das Wasser die Elbe hoch: Zum ersten Mal in dieser Sturmflutsaison, die am 15. September begonnen hatte, wurde daher eine Vorwarnstufe ausgelöst. Das wird in den kommenden Monaten sicherlich häufiger passieren und das Wasser der Elbe bei einer Sturmflut dann auch noch höher steigen.
Die Vier- und Marschländer können dann aber trotzdem beruhigt schlafen, denn „der Deich ist in einem wehrhaften Zustand, sodass wir voller Zuversicht durch die Wintersaison kommen“, stellt Oliver Sulz vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) zufrieden fest. Der LSBG als zuständige Behörde hatte am Donnerstag zur Herbstdeichschau geladen, an der gut 30 Vertreter von Behörde, Lokalpolitik und des Deichverbandes, die sich ehrenamtlich für den Hochwasserschutz engagieren, teilnahmen.
Gutes Zeugnis für die Hauptdeichlinie im Hamburger Landgebiet
Zu ihrem Kreis gehörte bis vor wenigen Tagen auch noch Günter Schwormstedt: Fast 60 Jahre lang hatte sich der 78-Jährige Spadenländer für den Deichschutz engagiert, war zuletzt viele Jahre stellvertretender Deichvogt an der Seite von Peter Stoof. Der hatte sein Amt vor einem Jahr abgegeben, und nun soll auch für Günter Schwormstedt Schluss sein.
Doch das Engagement bleibt in der Familie: Mit Marc Schwormstedt übernimmt die nächste Generation. Der 46-Jährige wurde nun zum Stellvertreter von Deichvogt Andreas Buhk gewählt, wird dem Deichvogt künftig zur Seite stehen und ihn vor allem bei vielen Verwaltungsaufgaben und Koordination der Einsätze unterstützen, wie sein Vater aus eigener Erfahrung weiß.
Wegen früher Trockenperiode mussten Schafe vom Deich weichen
Auch er stellte der 35 Kilometer langen Hauptdeichlinie von Altengamme bis Kaltehofe ein sehr gutes Zeugnis aus. „Die Grasnarbe ist gut in Schuss. Das hat die Deichunterhaltung gut im Griff dieses Jahr.“ Dabei ließ der Start in den Sommer noch anderes vermuten: Die diesjährige Wetterlage begann bereits im Mai mit einer frühen Trockenperiode mit hohen Temperaturen, sodass schon Ende des Wonnemonats erste Trockenschäden an der Grasnarbe aufgetreten waren.
Zu dem Zeitpunkt musste ein Teil der Schafherde zum Schutz der Vegetation vom Deich genommen werden. Nachdem sich die Wetterlage im Juli geändert hatte, hat sich die Grasnarbe schnell erholt und die Beweidung konnte Mitte Juli wieder in vollem Umfang aufgenommen werden. Die Beweidung wird ab der zweiten Oktoberwoche abschnittsweise auslaufen und Ende Oktober beendet. Bei Bedarf wird noch einmal nachgemäht.
Grunderwerb für Schöpfwerk Dove-Elbe ist noch immer nicht abgeschlossen
Einzig die altbekannten Probleme wie Mäusebefall, Totholz im Deichvorland oder auch Bäume und Büsche am Deich, bei denen ein Rückschnitt dringend notwendig wäre, wurden von den Deichwarten an vereinzelten Stellen angemahnt. Auch Disteln oder sogar ein sich ausbreitender Befall mit dem Jakobs-Kreuzkraut trotz intensiver Mahd nach der Beweidung wurden bei der Deichvorschau festgestellt. „Hier wird die Deichunterhaltung die Bekämpfung weiter intensivieren müssen“, heißt es im Deichschauprotokoll.
Ein besonderes Augenmerk richtete die Deichschau-Kommission auch auf Deichkilometer 5, auf dessen Höhe seit Jahren der Bau eines Schöpfwerks geplant ist. Etwa an der Stelle, wo der Altengammer Hauptdeich in den Neuengammer Hauptdeich übergeht, soll das Bauwerk entstehen, mit dem bei einem Binnenhochwasser sechs Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus der Dove-Elbe in die Stromelbe gepumpt werden könnten, erklärte Clais von Mirbach, im LSBG zuständig für den Sturmflutschutz.
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Allerdings sind noch immer nicht alle dafür benötigten Grundstücke im Besitz der Stadt, weshalb das Planfeststellungsverfahren derzeit ruhe, so Clais von Mirbach. Der Grunderwerb für das als „Schlüsselprojekt“ geltende Schöpfwerk Dove-Elbe laufe weiter, erklärte der Sturmflutschutz-Experte. Derweil würden auch für Zollenspieker und in Neudorf, wo ebenso kleinere Schöpfwerke gebaut werden sollen, die Planungen laufen beziehungsweise bald aufgenommen werden, so von Mirbach.