Lohbrügge. Entsprechende Anfragen für das kleine Gewerbeareal mitten in Lohbrügge gibt es bereits. Auch ein Wettbüro will dort erweitern.

Die Angst geht um vor der Eröffnung eines Bordells und anderer Vergnügungsstätten mitten in Lohbrügge. Laut Bezirksamt „wurden entsprechende Bau- beziehungsweise Nutzungsanfragen eingereicht“ für das Umfeld des ehemaligen Suzuki-Autohauses Alt zwischen Lohbrügger Weg und Maikstraße an der Lohbrügger Landstraße. Tatsächlich seien diese Branchen auf dem kleinen, 1965 als Gewerbegebiet ausgewiesenen Areals nämlich „grundsätzlich erlaubt“, heißt es aus dem Rathaus.

Also ist nun höchste Eile geboten, um den drohenden Erotikbetrieb zu verhindern – ebenso wie die Erweiterungswünsche des Wettbüros, das an der Ecke Maikstraße aus der ehemaligen Spielhalle entstanden und heute ein Sportwetten-Etablissement des Anbieters Tipico ist. Bereits am 2. Oktober will das Bezirksamt die geplante Änderung des Bebauungsplans für einen Monat im Rathaus an der Wentorfer Straße 38 öffentlich auslegen, um der Novelle dann 2024 Rechtskraft zu verleihen.

Für Bordelle gibt es „ein gewisses Grundbedürfnis in der Bevölkerung“

Keine einfache Zielsetzung, wie die zehn Seiten starke Begründung der Stadtplanungsabteilung ausführt: Besonders bei „Rotlichtangeboten“ zeige die Nachfrage, dass „ein gewisses Grundbedürfnis dafür in der Bevölkerung vorhanden“ sei. Gleichzeitig würden „Bordelle und bordellartige Betriebe (ohne Unterhaltungsangebote) als ,Gewerbebetriebe aller Art‘ gelten“ und damit in Kern-, Misch- und Gewerbegebiete grundsätzlich genehmigungsfähig sein.

Blick vom Lohbrügger Weg/Ecke Lohbrügger Landstaße auf das kleine Gewebegebiet. Im winzigen Flachbau links liegt die Sportsbar „La Ola“ (Zuritt erst ab 18 Jahre), im weißen Altbau daneben das Büro des Bestatters Bennet Leverenz.
Blick vom Lohbrügger Weg/Ecke Lohbrügger Landstaße auf das kleine Gewebegebiet. Im winzigen Flachbau links liegt die Sportsbar „La Ola“ (Zuritt erst ab 18 Jahre), im weißen Altbau daneben das Büro des Bestatters Bennet Leverenz. © Ulf-Peter Busse | Ulf-Peter Busse

Um das zu umgehen und für Politik wie Verwaltung „städtebauliche Steuerungsmöglichkeiten“ zu schaffen, hat die Bezirksversammlung bereits vor zehn Jahren das „Vergnügungsstättenkonzept Bergedorf“ beschlossen. Es gesteht den vorhandenen Betrieben zwar Bestandsschutz zu, weist Neuansiedlungen aber ausschließlich das weit abseits gelegene Gewerbegebiet am Havighorster Weg nahe der Landesgrenze zu.

Bergedorfer Vergnügungsstättenkonzept will Erotik nur am Havighorster Weg

Ganz so leicht scheint der gesetzliche Rahmen aber nicht auszuhebeln zu sein, wie in der Begründung für die kaum mehr als 4000 Quadratmeter kleine Fläche am Lohbrügger Weg nachzulesen ist. Hier sind neben zahlreichen Wohnungen heute ein Bestattungsunternehmen, eine Musikschule, ein Zahnarzt, ein Künstler-Atelier, verschiedene Büros und Ateliers, eine Sportsbar und das Wettbüro ansässig. Um den Mix nicht durch Erotik-Angebote erweitern zu müssen, werden diverse Begründungen angeführt, die vom Jugendschutz bis zum Verfall der Wohnqualität reichen, sollte das Areal zum Rotlichtviertel verkommen.

Ein zusätzliches Problem ist die Tatsache, dass sich am Havighorster Weg in den vergangenen zehn Jahren noch keine einzige Vergnügungsstätte angesiedelt hat. Darunter wären neben Bordellen und Spielhallen auch Tanzbars, Festsäle, Spielhallen, Dart-, Billard- und Kicker-Bars zu verstehen. Dass sie dort bisher nicht Fuß fassen konnten, liegt auch an der Stadt Hamburg selbst: Sie ist Eigentümer des ehemaligen Dima-Sportcenters und damit der einzigen Immobilie, die derzeit frei wäre. Dass die Stadt offenbar nicht an Vergnügungsbetriebe vermieten will, ihnen aber nur dieses Gebiet für Ansiedlung anbietet, könnte Bergedorfs Vergnügungsstättenkonzept juristisch anfechtbar machen.

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Für den Lohbrügger Weg soll dieses Problem keine Folgen haben, wie das Bezirksamt gleich an mehreren Stellen des Entwurfs für die Novelle des dortigen Bebauungsplans betont. Tenor: „Die Gefahr einer Ausbreitung von Rotlichtangeboten ist mit dem gesamtstädtischen Charakter als grünem, nachbarschaftlich geprägtem Wohnbezirk nicht vereinbar.“

Tatsächlich gruppieren sich die Gebäude entlang der drei Straßen um einen ruhigen, teils grünen Innenhof, in dem diverse, teils zu Büros umgebaute Garagen liegen. Offenbar gibt es hier Pläne für mindestens einen weiteren Neubau, in den auch das vorhandene Wettbüro einziehen will. Dafür sieht die Bebauungsplan-Novelle neben dessen Bestandsschutz auch nach dem Umzug ausdrücklich eine Betriebsgenehmigung vor – sofern seine Größe unter 100 Quadratmetern bleibt. Die Ansiedlung weiterer Wettbüros oder anderer Vergnügungsstätten wird aber ausdrücklich untersagt.