Nettelnburg. Sarah Zimmermann macht den schönsten Tag des Lebens süßer und kennt alle Trends. Schnäppchen sind ihre Unikate nicht.
Schokomousse-Belag unten, Frischkäse dazwischen, getoppt und abgerundet von Cassisbuttercreme. Oder das Ganze mit Maracujacreme, Himbeerbuttercreme, die oberste Ebene ein Traum aus Marzipancreme. Hängt so als handgeschriebene Anleitung oder Gedankenstütze am Kühlschrank in ihrer Backstube mit dieser unfassbaren Anzahl von Formen und Töpfen. Nur zwei von fünf Aufträgen für das letzte August-Wochenende, die Sarah Zimmermann erfüllen muss. Die Einzelkämpferin hat sich mit ihren Hochzeitstorten unter dem Firmennamen Zarah-Lina Cakes in der Randersweide 74a einen Namen gemacht – nicht nur bei Brautpaaren.
Das ist in der Hochsaison der Heiratenden von April bis Oktober der wöchentliche Ablauf der Sarah Zimmermann: Der erste Teil der Woche gehört dem Einkauf, der Planung, vor allem den Besprechungen mit Braut und Bräutigam entweder per Zoom-Meeting oder im neben der Backstube gelegenen Beratungszimmer. Wo die Paare Platz nehmen und sich an Dummy-Torten zeigen lassen können, wie denn eines der traditionellsten Utensilien am schönsten Tag ihres Lebens aussehen könnte – aber bitte nicht reinbeißen in die Styroporteile!
Tortenzauberin aus der Randersweide: Was Sarah Zimmermann am besten gefällt
Im zweiten Teil der Woche, so von Mittwoch bis Sonnabend, geht es dann ums Backen, Geschmacksveredeln, Dekorieren, Ausliefern, Paare glücklich machen. Ein süßes mehrstöckiges Unikat dauere „schon mal zwei bis drei Tage“ in der Herstellung, berichtet Sarah Zimmermann – weil unter anderem der Tortenboden mit Cremeschicht eine Nacht im Kühlschrank zum Aushärten benötigt.
„Ausdekorieren“, wie es Zimmermann nennt, „macht mir am meisten Spaß.“ Weil die Kreativität fast keine Grenzen kennt. Frauen lieben offenbar fruchtigere Beläge mit Maracuja und Erdbeere, Männer sind eher Fans von Oreo- oder Erdnussgeschmack, weiß die gebürtige Flensburgerin und jetzige Wahl-Nettelnburgerin. Die gern auch mit echten Blumen und selbst produzierten Tortensteckern hantiert, neben Hochzeitstorten auch ausgefallene Geburtstagstorten, Cup Cakes, Muffins und Cake-Pops produziert. Bei der Auslieferung hilft der Tortenkreateurin übrigens Lebenspartner Tommy Mink.
Berufsrichtung wurde von Papas Ex vorgegeben
Durchschnittlich sind es jetzt in der Hochzeitsphase vier bis acht oft in die Höhe gebaute Torten pro Wochenende. Die Hand- und Fleißarbeit hat einen Preis: Pro mehrstöckigem Backwerk werden bis zu 500 Euro fällig.
Dass Sarah Zimmermann damit möglicherweise großen Anteil am Gelingen des schönsten Tages von sich liebenden Menschen hat, erzeugt bei ihr wenig Druck. Denn ihr „Karriereplan“ ging früh in die kulinarische Richtung. „Ich träumte schon in der fünften Klasse davon. Ehrlich gesagt hätte ich auch nicht gewusst, was ich sonst machen soll“, sagt die Konditoreimeisterin (offiziell seit 2017), die ihre Ausbildung im Café Wien auf Sylt absolviert hat. Der entscheidende Impuls für ihre heutige Geschäftsidee kam von der ehemaligen Lebensgefährtin ihres Vaters. Die fuhr zu Geburtstagen immer die leckersten selbst gemachten Tortenklassiker auf – da schwappte die Begeisterung fürs Backwerk offensichtlich auf Sarah Zimmermann über.
Nicht nur von Aumühle bis zum Zollenspieker: Zarah-Lina Cakes zieht weitere Kreise
Der Schritt in die Selbstständigkeit zu Zarah-Lina Cakes – erst seit 2018 in Reinbek an der Bergstraße mit einer seither geltenden Kooperation für das Waldhaus Reinbek, wobei Hamburg eigentlich immer das Ziel der blonden Frau war, am besten mit der Eröffnung eines eigenen Cafés. Seit fast genau einem Jahr lebt, backt und arbeitet Zimmermann nun an der Randersweide unmittelbar vor der Ausfahrt in Richtung Landgebiet.
Normalerweise erstreckt sich das Liefergebiet der Jungunternehmerin sprichwörtlich von A bis Z. Also von Aumühle bis Zollenspieker. Bekömmlichkeit und Qualität von Zarah-Lina Cakes haben sich aber mittlerweile über die Grenzen Bergedorfs und des Umlands herumgesprochen. Auch weil Zimmermann ihre Produkte beispielsweise auf Hochzeitsmessen darbietet – wie demnächst bei „Trau dich!“ in Hamburg-Schnelsen am 4. und 5. November.
Aktuelles Geschäftsjahr darf gern noch besser laufen
Muttertagstorte mit Jack-Russell-Terrier, das Zirkustörtchen für Zwillinge zum 8. Geburtstag, Giganten-Gebäck mit Trockenblumen und so viele Beispiele mehr in der Torten-Vitae der Sarah Zimmermann - doch so ausgefallene Wünsche habe es bisher ihrer Meinung nach gar nicht gegeben. Ein Beispiel blieb aber hängen: „Ich habe einmal eine Gothic-Torte für ein Paar gemacht, das auf Burg Henneberg gefeiert hat . Viel dunkle Schokolade, dazu rote Soße“, erinnert sich die Hochzeitskonditorin an den Auftrag aus Hamburg-Farmsen. Die Braut kam ihrerseits übrigens auch im dunklen Gothic-Outfit.
Wenn die Hochzeitssaison im November deutlich abflaut, muss anderweitig Geld verdient werden. Dafür hat Sarah Zimmermann mittlerweile den Kuchenverkauf aus dem Foodtruck heraus für sich entdeckt, bietet ihre Produkte auf Wochenmärkten in Hamburg und Glinde an. Tatsächlich entstand diese Idee inmitten der Corona-Pandemie – denn da wurden schließlich nicht nur sämtliche Hochzeiten abgesagt. „Damals hatten von heute auf morgen plötzlich alle Cafés dicht, die Leute keine Möglichkeit mehr, irgendwo Kuchen zu essen“, erklärt Zimmermann ihre Eingebung.
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2022 lief bei ihr insgesamt wieder deutlich besser, auch im Vergleich zum laufenden 2023, weil das Vorjahr offenbar vielfach Nachholtermin bei Hochzeiten war. Aktuell schlage wohl etwas die generelle Krisenstimmung durch, meint Tortenzauberin Zimmermann: „Früher wurde Monate vorher bestellt, jetzt sind es zumeist nur drei Wochen.“