Lohbrügge. Tennisclub am Moosberg „überlebte“ Starkregen-Horror vor fünf Jahren. Jetzt feiert er Jubiläum – und sucht neue Mitglieder.
TCBW – diese vier Buchstaben stehen im Bergedorfer Sportlerlexikon für den Tennis-Club Blau-Weiß Lohbrügge, eine echte Institution am Moosberg. Diese wird in diesem Jahr 50 Jahre alt und möchte sich, so wie es in der Vergangenheit mal war, unbedingt wieder stärker als familiengeprägter Sportverein und vielleicht sogar als sportliche Anlaufstelle des neuen Stadtteils Oberbillwerder zeigen. Eine also für jedermann offene Geburtstagsfeier am 3. September soll es werden – doch dieser Geburtstag stand vor fünf Jahren mächtig auf der Kippe.
Gerade mal einen Monat im Amt sei er damals gewesen – und dann kam diese Naturkatastrophe, dieses hochdramatische Starkregenereignis, das speziell in Lohbrügge ein zerstörerisches Chaos hinterließ: Willi Kluth, 1. Vorsitzender des TCBW, saß an jenem Himmelfahrtstag auf der großzügigen Terrasse des Clubs, hatte selbst zuvor ein paar Ballwechsel an diesem ungewöhnlich schwülen 10. Mai 2018 gespielt. Als plötzlich der Regen kam und an Intensität innerhalb kürzester Zeit unglaublich zulegte, sodass sich Kluth und andere Freizeitsportler lieber in die Gastronomie an den Tennisplätzen zurückzogen.
50. Geburtstag TCBW: Starkregen vom 10. Mai 2018 überflutet alles
Was dann aber plötzlich von rechts heran rauschte, schockierte alle: „Vom Hügel aus den Boberger Dünen kamen Unmengen an Wasser, die alles schnell überspülten. Ich dachte zuerst nur: ,Für Wildwasserkajak genau richtig’“, erinnert sich Kluth. Doch alle spaßigen Gedanken vergingen sehr schnell. Nicht nur alle acht Außenplätze wurden sturzartig überschwemmt. Das Wasser drang auch ins Clubheim ein, soll ungefähr bis zu 40 Zentimeter hoch in den Sozial-, Umkleide- und Gasträumen gestanden haben.
Fast noch schlimmer: Auch in die angrenzende Tennishalle schwappten die Fluten hinein, setzten den Teppichbelag bis zu 20 Zentimeter tief unter Wasser. Und es gab damals noch mehr Schaden: „Die Hagelkörner haben das Dach zum Teil geschreddert“, erinnert sich Kluth.
Erster Vorsitzender will beim Festakt nicht zu viel reden
Der materielle Schaden betrug etwa 300.000 Euro, die der TCBW nicht allein stemmen konnte. Es brauchte Fördergelder des Hamburger Sportbund (HSB) und des Bergedorfer Bezirksamts, zusätzliche Versicherungsleistungen. Doch wie schon bei der Vereinsgründung vor 50 Jahren verteilten die Blau-Weißen die Verantwortung auf mehrere Schultern. Einer, der in diesem Zusammenhang unbedingt genannt werden muss, ist Peter Köttschau. Mitglied, Architekt und Erbauer der am 30. Mai 1980 eröffneten Tennishalle am Moosberg 2, dazu Freund des Vereinsvorsitzenden. Sein Verhandlungsgeschick mit den Versicherungen sicherte die Zukunft, folglich auch das Jetzt der Lohbrügger Tennissportler. Willi Kluth ist heute noch der festen Überzeugung, „dass wir ohne Peter ganz alt ausgesehen hätten“. Köttschau ist am 4. September 2020 leider verstorben.
Ihn und andere verdiente Figuren des TCBW sollen beim Festakt des Vereins am 3. September ab 11 Uhr gewürdigt werden. Die Moderation lässt sich Vereinschef Kluth vor unter anderem Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann nicht nehmen, möchte aber auch nicht zu viel sprechen – eine ganze Wand für die Vereinschronik ist beim Rundgang durch das modernisierte Clubhaus bereits reserviert. Dazu ist beim Jubiläum neben Familienmagneten wie Tombola, Hüpfburgen, Kinderschminken oder dem Eiswagen auch tennisspezifische Kurzweil im Angebot – wie zum Beispiel die eigene Aufschlaggeschwindigkeit messen zu lassen, den Ballparcours zu bewältigen oder einem Showmatch beizuwohnen.
Fünf aus dem Bürgerverein Lohbrügge brachten Blau-Weiß auf den Weg
Das Quintett aus dem Bürgerverein Lohbrügge gehört aber in jede Laudatio und muss erwähnt werden, weil es schließlich eine Dame und vier Herren waren, die am 25. Oktober 1973 im Alt Lohbrügger Hof die Gründungsversammlung mit vorläufiger Kostenkalkulation für die Bildung eines Tennisclubs mit zunächst 34 Mitgliedern auf den Weg brachten. Neben Reinhold „Dodo“ Schicketanz als 1. Vorsitzenden erhielten des weiteren Werner Borowski, Horst Linaschke, Wilfried Ulsass sowie Waltraud Venus den Auftrag der Anwesenden, die blau-weiße Tennisidee zu realisieren. Am 23. Januar 1974 erfolgte die Grundstücksvergabe am damals noch wild wuchernden Moosberg durch das Bezirksamt, am 20. Juli 1974 wurden die ersten Ballwechsel beim TCBW gespielt.
Zunächst war das Gelände direkt am Eingang zum Naturschutzgebiet Boberger Niederung bis zum Jahr von den Blau-Weißen gemietet, dann wurde ab 1991 ein Sportrahmenvertrag mit der Bergedorfer Verwaltung abgeschlossen. Dieses Pachtverhältnis läuft noch mindestens bis zum Jahr 2036, umfasst ein Gesamtgelände von 3,5 Hektar mit acht Außenplätzen, einem Kinderplatz (alle Sand), Clubhaus sowie angeschlossener Tennishalle mit drei weiteren Plätzen.
Höchststand 1997: Damals fast 500 Tennissportler am Moosberg
In der Clubgastronomie hängen die Porträts deutscher Tennis-Granden der Neuzeit. Von Wimbledon-Champion Boris Becker, von der Tennis-Königin Steffi Graf – und ein ganz junger Alexander Zverev. Nicht ganz diesen Standard hat das vielleicht prominenteste Mitglied des jubilierenden Clubs erreicht – doch wer kann von sich behaupten, mal in der Tennis-Weltrangliste die Nummer 450 gewesen zu sein? Andrea Bombek (52) kann es. Sie ist immer noch regelmäßig auf der Anlage anzutreffen und trainiert Nachwuchscracks der Lohbrügger.
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Und da sieht das Geburtstagskind gar nicht mal so schlecht aus: Von 220 Mitgliedern insgesamt sind 60 im Alter zwischen 4 und 17 Jahren. Anfang 1997 zählten die Lohbrügger Racket-Spezialisten stolze 499 Mitglieder, später waren es als Tiefststand aber auch schon mal nur 180 . „Die Leute“, hat Berndt Plagmann erkannt, „sind heute einfach nicht mehr so gesellig, duschen zum Teil nicht mal mehr hier, sondern fahren gleich weg“. Plagmann ist wie Kluth seit Mitte der 1990er-Jahre bei TCBW dabei, offiziell bekleidet er die Position des Technikwarts, sorgt aber auch dafür, dass die Plätze jeden Morgen spielfertig sind.
„Wir hätten gern wieder mehr Familien im Club, damit wir hier wieder mehr Atmosphäre schaffen“, wünscht sich auch der 76-jährige Kluth. Am 3. September sollen die Gäste auf jeden Fall länger bleiben, sich sogar einen Vereinseintritt im besten Fall vorstellen können.