Bergedorf. Bezirkspolitiker drängen auf bessere Anbindung des Bahnhofs. Mit welchen Argumenten die Deutsche Bahn überzeugt werden soll.
Ein lautes Rattern, viel Fahrtwind und ein Blick auf die Rücklichter: Seit Langem können die Bergedorfer den meisten IC-, EC- und ICE-Zügen gen Berlin nur beim Vorbeibrausen zusehen. Ein einziger IC gen Osten hält hier im Bahnhof Bergedorf, und zwar frühmorgens um sieben. Nun unternehmen Bergedorfs Bezirkspolitiker einen erneuten Anlauf, das endlich zu ändern.
Einstimmig beschlossen sie in ihrer jüngsten Sitzung, Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann zu neuen Gesprächen mit der Deutschen Bahn aufzufordern. Ziel: Mit dem nächsten Fahrplanwechsel 2023 solle jeder vierte ICE – das wäre etwa alle zwei Stunden – am Bahnhof Bergedorf halten. Nach der geplanten Sanierung der Strecke zum Dezember 2025 dann jeder zweite.
Bergedorfer Politik fordert von Deutscher Bahn: ICE sollen endlich in Bergedorf halten
Der Ärger über die schlechte Anbindung Bergedorfs samt seiner östlichen Umlandgemeinden ist nicht neu: Denn wer einen Zug in Richtung Berlin nehmen möchte, muss zunächst 20 Minuten zum Hamburger Hauptbahnhof fahren – also ein gutes Stück zurück. Einmal im IC oder ICE, braust man dann wieder an Bergedorf vorbei. Die Bahnkunden, die hier direkt hätten einsteigen können, hätten wohl eine halbe bis eine Stunde gespart.
Nun sieht die Koalition aus FDP, SPD und Grünen den Moment gekommen, den Anschluss des Bergedorfer Bahnhofs zu verbessern. Denn: „In der Zwischenzeit sind wesentliche Änderungen eingetreten“, sagte Karsten Schütt (FDP) in der Bezirksversammlung. Da ist zum einen der sogenannte Deutschlandtakt, der flächendeckend eingeführt werden soll und mit dem die wichtigsten Verbindungen möglichst im Halbstundentakt fahren sollen. Die Deutsche Bahn habe auf der Strecke Hamburg-Berlin und Gegenrichtung bereits reagiert und die Zugfrequenz zum Fahrplanwechsel 2022/23 deutlich erhöht: „Seit dem Fahrplanwechsel fahren die Züge nahezu im Halbstundentakt.“
Einzugsgebiet von mehr als 200.000 Einwohnern im Osten
Auch insgesamt liegt der Fokus in Deutschland nun mehr darauf, das klimafreundliche Bahnfahren attraktiver zu machen. Dazu kommt: „Bergedorf und seine östlichen Nachbargemeinden sind stark gewachsen“, so Schütt. „Wir sprechen hier über ein Einzugsgebiet mit über 200.000 Einwohnern.“ Menschen, die auf die Bahn umsteigen könnten, wenn das Angebot stimmt. Ohne Halt in Bergedorf sei das Auto aber zeitlich attraktiver, „insbesondere für Fahrgäste aus Reinbek, Wentorf oder Glinde“.
Und noch ein Fakt sollte Bergedorf eigentlich in die Hände spielen: Denn der Hamburger Hauptbahnhof gilt als stark überlastet, ist längst an seinen Kapazitätsgrenzen angelangt. Der Bergedorfer Halt könnte stark entlastend wirken.
„Mehr als gerechtfertigt“ meint auch die Opposition
Für die Koalition ist nicht einzusehen, dass Bergedorf „in der heutigen Fahrplanrealität“ nicht vorkommt, während andere Bahnhöfe an der Strecke – Büchen, Ludwigslust oder Wittenberge – vier bis acht Stopps hätten. Immerhin gebe es 30 Zugverbindungen Hamburg-Berlin pro Tag, so Karsten Schütt. Und in Berlin-Spandau – in der Größe vergleichbar mit Bergedorf – halte fast jeder Fernzug.
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Der Bestandsaufnahme mochte die Opposition nicht widersprechen. Bergedorfs Vernachlässigung bei den ICE-Halten sei „in der Tat nicht nachvollziehbar“, stellte Lars Dietrich (CDU) fest. Und auch Michael Mirbach (Die Linke) hält die Forderungen in dieser „unendlichen Geschichte“ ebenfalls für „mehr als gerechtfertigt“. Allerdings habe die Deutsche Bahn bisher immer abgeblockt.
Tatsächlich hatte die Bahn den letzten, ähnlichen Vorstoß im Herbst 2020 mit den Worten abgeschmettert, es gebe ja gute S-Bahnanbindungen von Bergedorf gen Hauptbahnhof. Und die „Mehrheit der Fahrgäste“ bevorzuge „schnelle Verbindungen“ Richtung Berlin. Eine Anfrage unserer Redaktion gestern blieb bis zum Abend unbeantwortet.