Bergedorf. Bezirk und Hamburg Invest haben Kleingärtnern noch nicht gekündigt. Welche Auswirkungen das auf die Pläne des Körber-Konzerns hat.
Bei den Kleingärtnern am Curslacker Neuen Deich herrscht große Unruhe: Während das Bezirksamt gerade alle Hebel in Bewegung setzt, um gleich hinter ihrem „Bergedorfer Schrebergartenverein von 1920“ Baurecht für die Fabrik der Zukunft des Körber-Konzerns als neuem Standort der Hauni zu schaffen, bekommen sie keinerlei Informationen über ihre Zukunft. Dabei wissen sie längst, dass auch ihre Tage hier gezählt sind.
„Eigentlich habe ich längst die Kündigung für unsere 100 Parzellen erwartet, denn wie soll sonst die Erschließung laufen? Aber gekommen ist nichts“, sagt Kleingärtner-Chef Wolfgang Schütz. Auch kein Schreiben oder auch nur ein Anruf vom Bezirksamt sei bei ihm eingegangen – oder etwas Vergleichbares von der städtischen Hamburg Invest als neuem Gebietsentwickler. „Die hatten mir vor Corona mal einen Gesprächstermin angeboten. Aber daraus ist bis heute nichts geworden.“
Hauni-Neubau in Gefahr? CDU fürchtet um Körbers Fabrik der Zukunft in Bergedorf
Bergedorfs CDU bereitet diese Lage große Sorgen: „Wird hier gerade der Bau der Fabrik der Zukunft aufs Spiel gesetzt?“, fragt Vizefraktionschef Jörg Froh. „Eigentlich hatte der Körber-Konzern doch erheblich Druck gemacht und die Zusage für den Bau seines viele Hundert Millionen Euro teuren Projekts in Bergedorf nur unter der Voraussetzung gegeben, dass damit spätestens 2024 begonnen werden kann. Aber ohne vernünftige Baustraßen dürfte das schwierig werden.“ Schlimmstenfalls werde das Großprojekt so doch noch nach Harburg oder Stapelfeld abwandern.
Für das Bezirksamt ist weder die Gefühlslage der Kleingärtner noch die der CDU nachvollziehbar. Gegenüber unserer Redaktion heißt es aus dem Bergedorfer Rathaus, dass die Kündigung für die Parzellen erst ausgesprochen werden könne, wenn die Vorweggenehmigungsreife des gerade entstehenden neuen Bebauungs- und Flächennutzungsplans erreicht sei. „Nach jetzigem Zeitplan würde den Kleingärtnern erst im Februar 2024 mit Wirkung zum 30. November 2024 gekündigt.“ Ausgesprochen werde die Kündigung dann von Hamburg Invest als Eigentümer des Geländes.
Provisorische Baustraße soll über das Gelände der Flüchtlingsunterkunft führen
Von dort heißt es auf Nachfrage denn auch, es könne nicht von einem „fehlenden“ Kündigungsschreiben die Rede sein, sondern vielmehr von einem „geplanten“. Und die Zufahrt zur Hauni-Baustelle verschone das Kleingarten-Areal sogar ganz. Für sie werde direkt nebenan die bereits nahezu leer stehende Flüchtlingsunterkunft Curslacker Neuer Deich 57 abgebaut und das Gelände zur provisorischen Straße umfunktioniert. Der ehrgeizige Zeitplan des Körber-Konzerns bleibe also unberührt, während die heutige Fläche der Kleingärtner erst später mit Neubauten für Forschung, Handwerk und Büros bestückt werde.
So beschreibt es auch das Bezirksamt. Sobald der Bergedorfer Schrebergartenverein zum Jahreswechsel 2024/25 umgezogen sei, schlössen sich auf seiner Fläche „Maßnahmen für Leitungsverlegungen, Baugrundverbesserung und Erschließung an, um den Forschungs- und Innovationspark Bergedorf zu entwickeln“. Als Ziel des Umzugs der Kleingärtner werden die schon lange dafür vorgesehenen Flächen an der Rothenhauschaussee 500 Meter östlich der A-25-Anschlussstelle Curslack genannt. Deren planerische Vorbereitung laufe bereits.
Eigentliche Zufahrt zum neuen Innovationspark führt mitten durch die Kleingärten
Die CDU wirft dem Bezirksamt vor, das alles nicht „offen und ehrlich“ mit den betroffenen Kleingärtnern kommuniziert zu haben. „Ein solcher Umgang ist dafür prädestiniert, völlig ohne Not große Sorgen und viel Ärger zu entfachen“, sagt Jörg Froh, den auch der Verlauf der Baustraße zu Körbers Fabrik der Zukunft wundert: „Eigentlich soll der gesamte neue Forschungs-und Innovationspark östlich des Curslacker Neuen Deichs doch über eine Straße angebunden werden, die auf die heutig provisorisch beampelte Kreuzung am VW-Autohaus mündet. Natürlich führt die mitten durch die Kleingärten. Aber es wäre doch weit sinnvoller, sie schon jetzt als Baustraße anzulegen, statt ein Provisorium über das Gelände der Flüchtlingsunterkunft zu führen, das hinterher wieder zurückgebaut werden muss.“
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Die CDU will das Thema am Donnerstag, 30. März, in der Bezirksversammlung diskutieren. Sie hat 13 Fragen eingereicht, die Bergedorfs Parlament ab 18 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses öffentlich diskutieren soll. Auch der Schrebergartenverein will das Thema intensiv besprechen – auf seiner Vollversammlung am Sonntag, 16. April.
Für Wolfgang Schütz, den Chef der Kleingärtner, ist das alles zu viel Theorie: „Wir brauchen endlich Klarheit über unsere Zukunft. Unser Verein ist längst kein Club von Senioren mehr, die nie umziehen möchten. Vielmehr liegt das Durchschnittsalter unser Mitglieder heute zwischen 30 und 40 Jahre. Darunter sind viele junge Familien, die wissen wollen, ob sie bei uns auch in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts noch ihre grüne Oase haben können.“