Bergedorf. Fußgängerzone statt Straße: Teil des Bahnhofsvorplatzes und Weidenbaumswegs soll für Verkehr gesperrt werden. CDU ist dagegen.

Bekommt die Bergedorf City eine weitere Fußgängerzone? Auf Anregung der Grünen lässt das Bezirksamt seit mittlerweile einem halben Jahr durch ein Verkehrsplanungsbüro prüfen, ob der Bahnhofsvorplatz samt Weidenbaumsweg bis hinunter zum Kreisel für die Durchfahrt privater Pkw gesperrt werden kann. „Das bietet erhebliche Vorteile für den Fuß- und Radverkehr“, heißt es dazu auf der Internetseite der Bergedorfer Grünen.

Fraktionschefin Frauke Rüssau erinnert an die Vorteile, die der unbeabsichtigte Verkehrsversuch im vergangenen Jahr zu Tage gefördert hatte: „Von Juni bis Dezember 2022 durfte der Bahnhofsvorplatz wegen der Sanierung des ZOBs ausschließlich von Linienbussen, Taxis und dem Anlieferverkehr für die Geschäfte in CCB und Bahnhof befahren werden.“ Das habe die Lage sehr entspannt und die teils gefährlichen Begegnungen zwischen Autos und Fußgängern vor dem Bahnhofsausgang unterbunden.

Fußgängerzone am Bahnhof in Bergedorf: Gutachten wird Mitte 17. April vorgestellt

Während die Grünen mit der Überschrift „Bergedorfer Bahnhofsvorplatz für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen!“ in ihrem Online-Auftritt schon fast Vollzug vermelden, legt Frauke Rüssau die Antwort auf die Sinnfrage der Maßnahme in die Hände der professionellen Verkehrsplaner. Die haben Ergebnisse ihrer Untersuchung nun für die nächste Sitzung des Verkehrsausschusses der Bezirksversammlung am Montag, 17. April, angekündigt. Beginn der öffentlichen Sitzung ist um 18 Uhr im Großen Saal des Rathauses, Wentorfer Straße 38.

Aus Sicht der Grünen-Fraktionschefin wäre es „perfekt, wenn zumindest der Bahnhofsvorplatz für den Durchgangsverkehr gesperrt wird“. Alles weitere sollte dann Gegenstand eines detaillierten Abstimmungsverfahrens sein. „Vor allem müssen die Taxiunternehmen in die Planungen einbezogen werden“, schließlich würde ihre Standfläche neben dem Bahnhof zumindest mittelbar betroffen sein.

CDU warnt vor Sperrung der „wichtigsten Zufahrt vom Villengebiet Richtung Hamburg

Ganz anders wird der Vorstoß vom CDU-Verkehrsexperten Bernd Capeletti gesehen: „Wir sprechen hier über das Sperren der wichtigsten Zufahrt vom Villengebiet zur B5 in Richtung Hamburg und zurück“, warnt der Christdemokrat. „Die Alternativen bedeuten zeitraubende Umwege über den Lohbrügger Markt oder die Wentorfer Straße. Das ist ein Effekt, den wir nicht mittragen können.“

Dennoch hatte die CDU im vergangenen September zusammen mit den Linken dem Antrag „Verkehrsführung Weidenbaumsweg / Bergedorfer Bahnhofsvorplatz“ zugestimmt, den die Grünen zusammen mit ihren Koalitionspartnern SPD und FDP in die Bezirksversammlung brachten. Hintergrund: Es handelt sich um einen Prüfauftrag, der die Auswirkungen einer Sperrung für das direkte und auch das weitere Umfeld des Bergedorfer Zentrums untersucht. Lediglich die AfD hatte dagegen gestimmt.

Thema wird schon seit dem Bau des Bahnhofsvorplatzes 2010 diskutiert

Die Idee einer Sperrung ist so alt wie der Bahnhofsvorplatz selbst. Seit dessen Bau 2010 wird diskutiert, ob es Sinn macht, mehrere Tausend Autos täglich über eine Fläche zu leiten, die eigentlich für zehntausende Fußgänger vorgesehen ist. Dabei wurde ein Pflaster gewählt, das alles wie eine große Fußgängerzone erscheinen lässt. Weil damals aber der Versuch scheiterte, den Platz samt angrenzendem Weidenbaumsweg zum sogenannten „Shared Space“ zu machen – also allen Verkehrsteilnehmern gleiche Rechte zuzugestehen – haben die Autofahrer auf ihrer Querung des Bahnhofsvorplatzes bis heute rein rechtlich Vorfahrt vor den Fußgängern.

Die Polizei weist bei diesem Thema aber stets auf den Paragrafen 1 der Straßenverkehrsordnung hin, der als Grundsatz die gegenseitige Rücksichtnahme einfordert: „Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt oder gefährdet und mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird.“

Sollten die Verkehrsplaner Mitte April die Sperrung des Bahnhofsvorplatz für den Autoverkehr befürworten, dürfte das zumindest hier gute Chancen haben: Bergedorfs Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat mit zusammen 25 Stimmen die Mehrheit in der 45 Sitze großen Bezirksversammlung.