Bergedorf. Immer mehr Auflagen und Standgebühren wie auf dem Hamburger Rathausmarkt sorgen für Verluste. Ziehen Veranstalter die Reißleine?
Gut 150.000 Menschen feierten im August 2022 gut gelaunt das Bergedorfer Stadtfest: Nach der mehrjährigen Corona-Zwangspause war die Freude über Musik, Karussells und Buden gleich doppelt so groß. Eine Freude, die die Organisatoren allerdings nicht unbedingt teilen. Denn das Stadtfest war ein Minusgeschäft: Etwa 25.000 Euro mussten die Organisatoren des Schaustellerverbandes WAGS Hamburg Events am Ende zuschießen, informiert WAGS-Geschäftsführer Wilfried Thal jetzt auf Anfrage.
Weil auch das Stadtfest davor schon ein Zuschussgeschäft war, ist nun ungewiss, wie es langfristig weitergeht: „Wir haben noch eine Option für 2024, die wir wahrscheinlich auch ziehen werden“, so Thal. Doch ob sich die WAGS danach an einer neuerlichen Ausschreibung fürs Stadtfest beteiligen wird, „muss der Vorstand entscheiden“.
Bergedorfer Stadtfest: Veranstalter ärgert sich über Gebührenordnung
Ein klares Ja klingt anders. Denn die Bedingungen für Veranstalter werden nicht leichter, wie auch eine Liste des Bezirksamts Bergedorf zeigt: Allein 24 Punkte, die – allerdings abhängig vom Fest und vom Veranstalter – seitens der Verwaltung berücksichtigt werden müssen sind genannt, etwa Brandschutz, Wegereinigung, Verkehr, Lautstärke, DIN-Normen. Hinzu kommen Gebühren und Nebenkosten und Auflagen zu Sicherheit oder Umweltschutz.
Es sei mehr als mühsam, in Bergedorf feiern zu wollen, meint auch Thomas Kock. „Die Auflagen für unsere Feste gehen auf keine Kuhhaut mehr. Und trotz steigender Kosten nimmt das Bezirksamt tatsächlich für jeden Minimurkskram irgendwelche Gebühren“, ärgert sich Kock, der seit Jahrzehnten das Bergedorfer „Fest der Nationen“ beim Stadtfest organisiert. Ebenso das Oktoberfest auf dem Frascatiplatz, das zum einen künftig Holzwände im Zelt haben soll („weil es eine kleine Küche gibt“), zum anderen Lärmvorschriften einhalten muss, so Kock: „Da soll jetzt ein Sachverständiger sogar nachts um 23 und 24 Uhr messen kommen. Das kostet mindestens 1000 Euro zusätzlich – obwohl es nie eine Beschwerde gegeben hat.“
Etwa 80.000 Euro werden auch für das beantragte Altstadtfest veranschlagt, aber „wir müssen sehen, ob das überhaupt finanzierbar ist“, überlegt Kock, der mit Einnahmen von 60.000 Euro kalkuliert. Vom 7. bis 9. Juli ist die Veranstaltung geplant, so dem Antrag auf Vergabe kultureller Projektmittel stattgegeben wird, vielleicht auch weitere Fördermittel mit einfließen.
Ein Antrag, um ins Sachsentor hineinfahren zu dürfen
Ähnlich mühsam gestaltet sich das traditionelle Maibaumaufstellen der Bergedorfer Handwerker. „Es ist immer kompliziert“, meint der Altengammer Zimmermeister Peter Barnstorf: „Die Handwerkskammer muss einen Antrag stellen, damit wir überhaupt ins Sachsentor hineinfahren können. Und einen, damit wir das Fahrzeug auf dem Bergedorfer Markt parken dürfen. Das Ganze braucht es dann noch mal für den Abbau.“ Zum Glück jedoch habe das Bezirksamt ihnen dafür die Gebühren erlassen. „Aber im Vorfeld müssen wir auch immer alles genau mit der Bergedorfer Polizei absprechen“, so Barnstorf.
Tatsächlich fördert das Bezirksamt auch Veranstaltungen, hat 2022 etwa das Erntedankfest in den Vier- und Marschlanden, das Open-Air-Kino im Rathauspark oder den Kindertag mit Geld unterstützt. Der Kindertag wird allerdings vom Bezirksamt selbst organisiert. Auch 2023 soll es laut Bezirksamtssprecher Lennart Hellmessen Fördergelder geben, etwa für die Musiktage oder das Altstadtfest. Das Bezirksamt sei „bemüht, das Leben in der Stadt durch abwechslungsreiche Veranstaltungen zu bereichern“, so Hellmessen, der zudem darauf verweist, dass Gebühren nur „mit Bedacht“ ausgeschöpft und auch für eigene Veranstaltungen berechnet würden. Er muss allerdings einräumen, dass bei der Gebührenordnung für öffentliche Flächen durchaus aus dem Vollen geschöpft wird: Denn die Flächen hier haben – trotz Randlage – die „Wertstufe I“. Die Gebühren dürfen damit so hoch sein wie etwa auf dem Rathausmarkt oder in der Spitaler Straße.
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Dann kommt noch hinzu, dass nicht jeder Veranstalter gleich behandelt wird. Kulturelle Feste, etwa durch Vereine, haben einen Vorzug vor kommerziellen. Dabei versteht sich beispielsweise der Schaustellerverband WAGS nicht unbedingt als kommerzieller Anbieter, sondern nimmt die Stadtfest-Verluste in Kauf, um ihren eigenen Mitgliedern – und damit auch der Region – zu Einnahmen und Wirtschaftskraft zu verhelfen. Und so sieht auch WAGS-Geschäftsführer Wilfried Thal durchaus den Bedarf, dass die Stadt und der Bezirk nicht weiter an Auflagen und Gebührenschrauben drehen, „wenn sie ein Stadtfest haben wollen“.