Bergedorf. Preis für Strom hat sich verdreifacht. Für Verkäufer auf dem Bergedorfer und Lohbrügger Wochenmarkt eine enorme Belastung.

Den ersten Markttag hat sie noch mitgenommen, aber dann war Schluss: Zu hoch waren plötzlich die Strompreise auf dem Bergedorfer Wochenmarkt sowie auf dem Wochenmarkt in Lohbrügge. Die Pauschale stieg von 6 auf 12 Euro: „Das halte ich nicht durch, jetzt sollte ich sogar pro Stromkreis bezahlen, also 24 Euro für Licht und Kühlung“, erzählt Gitta Blanck – und teilte dem Bezirksamt schriftlich ihre „Beurlaubung“ mit. Zumindest für die schlechter laufenden Dienstage, denn: „Ich kann doch in Bergedorf nicht auf einmal zwei Euro mehr für meine Pferdewurst verlangen“, so die Marktbeschickerin, die künftig hier nur noch sonnabends anzutreffen ist.

Auch bei den anderen Markthändlern herrscht große Verunsicherung. Noch im Dezember hatten sie Zettel bekommen mit der Ankündigung, im neuen Jahr müsse das Dreifache bezahlt werden. Weil mit dem Energieversorger eine Erhöhung von 25 auf 89 Cent pro Kilowattstunde ausgehandelt wurde. „Warum so viel? Hamburg-Energie bietet doch sogar einen Festpreis zu 54 Euro an“, wundert sich auch Wolfgang Martens.

Bergedorfer Wochenmarkt: Verkäufer wollen nicht alles einfach hinnehmen

Der Gärtner aus Reitbrook, der schon seit 40 Jahren auf den Märkten in Bergedorf und Lohbrügge vertreten ist, hat immerhin einen festen Stromzähler: „Die Abrechnung pro Halbjahr hat sich nun verdoppelt, für beide Marktstände musste ich 295 Euro zahlen.“ Viel Stromgeld also, um Schneeglöckchen, Hyazinthen, Tulpen und Primeln (fünf Stück für vier Euro) zu verkaufen: „Ich rege mich nicht über 20 Euro auf, aber die Preise kommen mir willkürlich vor. Man kann doch nicht alles einfach so hinnehmen.“

Der 57-Jährige wandte sich an die Bergedorfer CDU. Bernd Capeletti reagierte: „Wir wollen erfahren, ob es eine Strompreisbremse gibt, die demnächst auch für die Markthändler umgesetzt wird. Also ob die etwas zurückbekommen.“ Schließlich hatte das Bezirksamt noch vor gut drei Wochen, also Anfang Januar, erneut die Marktbeschicker informiert: Durch den Energiepreisdeckel werde die Pauschale von 12 Euro wohl doch noch reduziert. Aber man muss um Geduld bitten: „Die Abschlagszahlungen werden nun frühestens im März mitgeteilt“, heißt es.

„Kühlung und Fritteuse fressen viel Strom“

Aber warum wurde die Strompreisbremse noch nicht für die Berechnung für 2023 berücksichtigt? Diese Frage ist nur eine von insgesamt elf, die der Bürgerschaftsabgeordnete Dennis Gladiator nun formuliert hat: „Vielleicht kann der Senat ein Entlastungssystem für die Marktbeschicker etablieren“, meint der Bergedorfer CDU-Politiker.

Um das ganze Hickhack aufzuklären, hat Capeletti für die nächste Sitzung des Wirtschaftsausschusses Wilfried Thal eingeladen. Der Präsident vom Landesverband des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller leitet sechs Wochenmärkte in Hamburg und betont: „Wir müssen die Preise erhöhen, um kein Defizit zu fahren. Denn Kühlung und Fritteuse zum Beispiel fressen wirklich viel Strom.“ Zudem, gibt er zu bedenken, dass es den Marktbeschickern besser erging als den Schaustellern: „Die durften während Corona ja weiterarbeiten und konnten ein gutes Geschäft machen.“

Kaffee-Verkäufer Andrés Sussmann kämpft nicht nur mit den Strom- und Kaffeepreisen. Er darf auch am Vinhagenweg seine Tische und Stühle nicht mehr aufstellen.
Kaffee-Verkäufer Andrés Sussmann kämpft nicht nur mit den Strom- und Kaffeepreisen. Er darf auch am Vinhagenweg seine Tische und Stühle nicht mehr aufstellen. © BGZ | strickstrock

Sachlich und nüchtern müsse die Situation betrachtet werden, so Thal: „Im Moment ist alles in Bewegung, und keiner will einen Fehler machen. Wir sollten in sechs Monaten noch mal alles auf den Tisch bringen und prüfen“, schlägt er vor, um die Preise nicht festzusetzen, „bis sich alles eingependelt hat“.

„Viele Beschwerden aus Bergedorf“

Unterdessen hat Gitta Blanck Glück gehabt: „Das Amt ist mir entgegengekommen und hat mir jetzt die Hälfte zurückerstattet. Wahrscheinlich sind die zurückgerudert, weil es so viele Beschwerden aus Bergedorf gab.“ Indes ist bekannt, dass das Bezirksamt die Preise nur weiterleitet, federführend werden sie vom Bezirksamt Altona festgelegt.

Aber trotzdem regiere auch der Bergedorfer Amtsschimmel, glaubt zumindest Kaffee-Verkäufer Andrés Sussmann: „Angeblich haben sich die Gärtner über meine Tische und Stühle beschwert. Jetzt darf ich nur noch die Stehtische direkt neben dem Wagen aufstellen.“ Seither verkaufe er 40 Prozent weniger auf dem Vinhagenweg, zugleich aber seien die Preise für Milch und Kaffee um 30 Prozent gestiegen, sagt der Kolumbianer, der den Foodtruck Popular deluxe betreibt. Sein Hilferuf blieb noch ungehört: „Ich habe einen Brief ans Bezirksamt geschrieben, aber der blieb leider ohne Antwort.“