Bergedorf. Neues skandinavisches Konzept des Weihnachtsmarktes kommt an, Besucher geben gern Geld aus. Doch ein Segment wird vermisst.

Es durfte sich im Zentrum des weihnachtlichen Treibens wieder nach Herzenslust gedrängelt werden – etwa, um die nächste Runde Glühwein nachzubestellen. Alles ohne Maske, Sicherheitskontrollen, Abstandsgebote oder sonstige Corona-Regeln. Auch was das verkaufende Personal angeht: „Die Stimmung ist deutlich besser als im Vorjahr. Und die Leute sind auch freundlicher geworden“, findet Geena Weers, Mitarbeiterin von Hamburg Events, die im Pavillon mitten auf der Schlosswiese beim Bergedorfer Weihnachtsmarkt seit sechs Wochen leckere Getränke ausschenkt.

An diesem Freitag ist damit erstmal wieder Schluss: Wer hierher zum abendlichen Entspannungsgetränk kam, der bevorzugte bei deutlichen Plusgraden gezapftes Bier und bei kälteren Bedingungen Glühwein. Dass der Glühwein um 50 Cent teurer (nun 3,50 Euro) wurde, „finden viele Bergedorfer angemessen“, sagt Geena Weers, „aber manchen Essenspreis finde ich persönlich auch zu teuer“. Beispiele: Wer sich heute am letzten Tag des diesjährigen Weihnachtsmarkts noch eine Bratwurst (4,50 Euro) oder ein Handbrot (7 Euro) gönnt, muss schon tief ins Portemonnaie greifen – im Vergleich zu Hamburger Weihnachtsmärkten aber immer noch günstig.

Händler finden: Nirgendwo ist es so schön wie in Bergedorf

Doch in die eigene Geldbörse haben sie meist gut gegriffen, die freundlichen und spendablen Bergedorfer – die hat auch Taschendesigner Ferdag Kurt bei seinem ersten Gastspiel auf der Alten Holstenstraße kennengelernt. „Die Leute haben mich und meine Lederprodukte sofort angenommen. Das hier ist eine ganz andere Welt“, schwärmt der Marktneuzugang vom Geschäft mit Geldbörsen, Umhängetaschen oder Rucksäcken. Nebenan ist auch Fellprofi Sascha Otto mit den Umsätzen zufrieden. Besonders gut verkauft haben sich Wärmflaschen aus Lammfell, Haus- und Handschuhe. „Meine Produkte sind gut und gefragt, weil sie auf natürliche Art Kälte vertreiben.“ Und auch wenn Otto als Einzelkämpfer an seinem Stand vom neuen Weihnachtsmarktdesign skandinavischer Prägung nicht so viel mitbekam, kann es dies behaupten: „Die Buden in der klassischen Hüttenbauweise sind schöner als in den Vorjahren. Und ich bin immer gern hier, weil es kein Publikum wie das Bergedorfer gibt.“

Glühwein? Schmeckt auch etwas früher am Tag. Das meinen Katinka Riehl (l.) und Geena Weers (beide Hamburg Events) wie auch Thomas Frankenstein, der sich etwas Sahne obendrauf gönnt.
Glühwein? Schmeckt auch etwas früher am Tag. Das meinen Katinka Riehl (l.) und Geena Weers (beide Hamburg Events) wie auch Thomas Frankenstein, der sich etwas Sahne obendrauf gönnt. © BGDZ | Jan Schubert

Alles was wärmt – das war auch bei diesem Textilfachmann die Erfolgsformel: „Mir hat auch das Wetter geholfen“, sagt Textilhändler Mohammed Mansoor. Der Renner bei ihm: Hüttensocken, das Paar zu zehn Euro, mittlerweile vergriffen. „Die Leute haben wieder Lust zu kaufen. Und unter uns Händlern sind wir fast wie eine kleine Familie.“ Dazu gehört, dass sich die Beschicker untereinander Essen bringen, die benachbarten Stände beobachten, wenn der Verantwortliche mal kurz verschwinden muss. Mansoor gefällt, dass auch die marktverantwortliche Jule Duda ein paar Mal bei ihm persönlich nach dem Rechten fragte.

Aufgabe für die Händler: Skandinavische Produkte integrieren

Dass Organisatorin Duda (Hamburg Events) mit dem runderneuerten Bergedorfer Weihnachtsmarkt den Händlern auch manche Aufgabe stellte, berichtet sie selbst: „Wir wollten bei denen, wo es passt, mindestens ein skandinavisches Produkt im Sortiment haben.“ Mit Erfolg, wie das Beispiel Schwenkgrill zeigt: „Die Elchbratwurst war an zwei Tagen ausverkauft.“ Insgesamt sei die neue, nordländisch orientierte Optik zwischen Villa Kunterbunt, Feuerplätzen und Kaminzimmer gut angenommen worden.

Ein Mann unter vielen Mützen: Textilhändler Mohammed Mansoor freut sich über viel verkaufte Ware.
Ein Mann unter vielen Mützen: Textilhändler Mohammed Mansoor freut sich über viel verkaufte Ware. © BGDZ | Jan Schubert

Besonders gut am Vegetarier-Stand von Ulrike Hoffmann ging hingegen Knobibrot, Bruschetta oder Mozzarella-Sandwiches – obwohl auch hier wie überall die Preise anzogen. „Mein Chef ist zufrieden. Insgesamt war unser Geschäft trotz der Krisen überraschend gut, vor allem an Wochenenden“, sagt Ulrike Hoffmann, „das hat sich richtig gut angefühlt, vor allem an den wettermäßig richtig kalten Adventswochenenden im Dezember.“ Hoffmann beobachtete zudem sehr gern die Live-Musik oder das Kindersingen gegenüber auf der kleinen Bühne der Schlosswiese.

Mit Zuckerstangen und gebrannten Mandeln: Student kann nebenbei Geld verdienen

Glücklich ist auch Mohammad Aziz, der am Süßwarenstand jede Menge Zuckerstangen, frisch gebackene Mandeln und Fruchtgummi-Kabel veräußerte. Der HAW-Student freut sich auch deshalb, weil er endlich nach der Corona-Pandemie Geld mit kleinen Jobs nebenher verdienen kann: „Ich bin sehr zufrieden, und die anderen Händler sind es wohl auch, wie ich gehört habe. Ich arbeite vielleicht 2023 wieder hier“, so der 25-jährige Afghane.

Einige Verbesserungen sind von der Kundschaft vorgeschlagen worden. So fehlten offenbar einige Angebote. „Wir haben von unseren Kunden vereinzelt gehört, es gebe ja fast nur Essens- und kaum Handwerksstände“, hat Monika Schmidt von der Schmalzkuchenbäckerei Rasch gehört. Doch selbst bei den kulinarischen Freuden habe es manchen Mangel gegeben. Geena Weers aus dem Glühwein-Pavillon hat einen ganz speziellen Favoriten, der gern 2023 zurückkommen kann: „Ich persönlich vermisse den Fischmann.“

Weihnachtsmarkt wieder ab dem 27. November 2023

Zurückkehren wird der Bergedorfer Weihnachtsmarkt – dann möglicherweise mit einer Videoüberwachung bestimmter Plätze zur Abschreckung von Einbrechern – am 27. November, dem Montag vor dem ersten Advent, bis zum 30. Dezember 2023 (erster und zweiter Weihnachtstag geschlossen). Hamburg Events hat organisatorisch bis mindestens 2025 vom Bezirksamt den Hut aufgesetzt bekommen, es besteht beiderseits die Option, bis 2027 zu verlängern.