Hamburg. Seit Anfang Dezember steht der Lift eines vierstöckigen Wohnhauses still. Dessen Bewohner drückt noch ein weiteres Problem.

Die Vorfreude auf Weihnachten ist im Mehrfamilienhaus an der Ecke Holtenklinker Straße/Brookdamm ins Gegenteil gekippt: Exakt seit dem 1. Dezember steht der einzige Aufzug still in diesem vier Etagen hohen Haus, das vor allem von Menschen im Rollstuhl und vielen Senioren bewohnt wird, die auf ihren Rollator angewiesen sind.

„Ich bin verzweifelt. Wir fühlen uns wie eingesperrt“, sagt Heidemarie Weber (79), die ihren schwerstbehinderten Mann Klaus-Dieter in der gemeinsamen Wohnung ganz oben im dritten Stockwerk pflegt. Der 82-Jährige leidet an der Lungenkrankheit COPD, ist auf seinen mit viel Technik ausgestatteten Rollator angewiesen und muss bei Problemen mit seiner Beatmungsmaschine manchmal sehr spontan und vor allem schnell ins Krankenhaus.

Rollstuhlfahrer muss die Treppe heruntergetragen werden

„Vergangene Woche blieb den Sanitätern aus dem Rettungswagen nichts anderes übrig, als ihn die Treppen hinunter und nach der Behandlung im Bethesda auch wieder hinauf zu tragen. Zum Glück haben die das hingekriegt“, berichtet die Seniorin, die auch selbst täglich mit den vielen Stufen zu kämpfen hat: „Ich schaffe es kaum mehr hinauf – und mit Einkäufen schon gar nicht. Die musste ich letztes Mal auf der Hälfte der Treppe stehenlassen. Später haben mir dann Nachbarn geholfen.“

Auch Frank Ott aus dem zweiten Stockwerk ist auf den Rollstuhl angewiesen. Und der 60-Jährige erzählt sogar von einem besonders unheimlichen Erlebnis im Zusammenhang mit dem defekten Aufzug: „Ich habe kurz nach dem Ausfall zwei Stunden im Keller festgesessen. Dann hat mich der Monteur der Wartungsfirma befreit.“

Rollstuhlfahrer hat jetzt seinen Anwalt eingeschaltet

Seither verschiebe er alle eigentlich wichtigen Arzttermine, verlasse die Wohnung gar nicht mehr. „Meine Frau muss alles für mich erledigen. Das ist völlig unbefriedigend“, sagt Ott, der jetzt einen Anwalt eingeschaltet hat. „Seit Wochen werden wir von unserer Hausverwaltung vertröstet. Angeblich ist irgendein Teil nicht lieferbar.“ Aber Frank Ott hat die Befürchtung, dass die ganze Aufzuganlage im erst elf Jahre jungen Mehrfamilienhaus mangels regelmäßiger Wartung schon so marode sei, dass sie komplett ausgetauscht werden muss.

Dem widerspricht Annika Keye von der Hausverwaltung Keye mit Sitz in Volksdorf: „Tatsächlich hat die Dekra am 2. Dezember, also zu Beginn des Ausfalls, die turnusmäßig fällige Hauptprüfung durchgeführt. Das Ergebnis sind nur sehr geringe Mängel. Es betrifft nämlich genau das Relais, das jetzt zum Ausfall und vorher schon zu auffällig lauten Fahrgeräuschen des Aufzugs geführt hat. Die Betriebsgenehmigung für die nächsten zwei Jahre wurde erteilt.“

Verwalter verspricht: Spätestens Montag wird Ersatzteil eingebaut

Doch der nun schon über zwei Wochen anhaltende Ausfall lässt laut Annika Keye mittlerweile auch ihr Team rotieren: „Wir hatten die Reparatur gleich Anfang Dezember bei der zuständigen Wartungsfirma Osma in Auftrag gegeben. Doch die haben kein Ersatzteil auftreiben können.“ Erst jetzt sei Bewegung in die Sache gekommen. „Spätestens am Montag wird das neue Relais eingebaut und der Aufzug wieder laufen“, versprach sie am Donnerstag gegenüber unserer Zeitung.

Für die Zeit bis dahin werde jetzt fieberhaft an einer Übergangslösung gearbeitet. Denkbar sein etwa ein „betreuter Notbetrieb“, also bestimmte Zeiten, in denen der Aufzug unter Aufsicht eines Monteurs für die Bewohner nutzbar ist. „Wir werden mit jedem Mieter der 28 Wohnungen in Kontakt treten“, verspricht Keye.

Lüftung pustet offenbar Rauch und Ruß in die Wohnungen

Eine Ankündigung, die Frank Ott und Heidemarie Weber aufhorchen lässt: „In den vergangenen 14 Tagen wurden wir von unserer Hausverwaltung eigentlich immer nur vertröstet“, sagt Ott.

„Und manchmal wurde auch einfach wieder aufgelegt“, ergänzt Heidemarie Weber, die die neue Offenheit nun allerdings nutzt, um auf ein weiteres, schon seit dem Erstbezug der Anlage im Juni 2011 bestehendes Problem hinweist: Die damals hochmoderne zentrale Belüftungsanlage aller Wohnungen saugt über ihren Einlass auf dem Dach offenbar Rauch und Rußpartikel vom zu nah gebauten Schornstein der Holzpellet-Heizung ein.

„Bei uns riecht es ständig nach Rauch und es gibt sehr viel schwarzen Staub. Wie alle Nachbarn haben wir Auslässe der Lüftung in der Wohnung mit Teppich oder anderem abgedeckt“, so Weber. Annika Keye will von dieser Thematik bisher nichts gewusst haben: „Aber natürlich schauen wir uns das jetzt auch noch mal ganz genau an.“