Bergedorf. Eine breite, grüne Achse soll durchs neue Viertel führen. Doch von einem Platz am Bahnhof wurde Abstand genommen. Die Gründe.

Es wird das wohl dichteste und urbanste Viertel im neuen Stadtteil Oberbillwerder: Das künftige „Bahnquartier soll auf der aktuell noch unbebauten Seite der S-Bahnstation Allermöhe liegen und somit das neue Oberbillwerder mit Neuallermöhe-West verbinden. Doch genau diese Verbindung von Alt und Neu ist Chance und Risiko zugleich: Denn das Bahnquartier und seine breite, zentrale Achse sollen natürlich möglichst attraktiv und einladend sein. Aber eben auch nicht zu attraktiv. Denn eine Konkurrenz zwischen Oberbillwerder und Neuallermöhe und seinem ohnehin oft verwaisten Fleetplatz soll es bitteschön nicht geben. „Alles soll eine gewisse Gleichwertigkeit haben“, stellte IBA-Planer Christian Faber jetzt im Bergedorfer Stadtentwicklungsausschuss fest. Doch das ist wohl leichter gesagt als getan.

In dem Ausschuss war jetzt der Funktionsplan für das künftige Bahnquartier Thema. Dieser Plan ist sozusagen der Praxistest der Ideen aus dem Masterplan Oberbillwerder: Sie werden auf ihre ganz praktische Machbarkeit überprüft. Wo ist die Bebauung zu eng, wo kommt der Müllwagen gar nicht durch, wo ist ein Gebäuderiegel doch zu hoch geplant – das und mehr wurde genauer untersucht. Im Fokus stand dabei der Städtebau; Entwässerung und Verkehr werden noch von spezialisierten Büros erarbeitet.

Die Frage war: Wie kann man den Platz beleben?

Tatsächlich weicht der Funktionsplan nun an einem wesentlichen Punkt vom Masterplan ab. Denn ursprünglich sollte Oberbillwerder direkt auf seiner Bahnhofsseite, am Beginn der zentralen Achse, einen breiten Platz bekommen. Die Achse führte laut ursprünglicher Planung dann weiter zu einem kleineren Platz, ehe sie sich in den Stadtteil hinein verjüngte.

Doch der große Platz in Bahnhofsnähe bereitete den Planern Kopfzerbrechen. Nicht nur, weil er dem Fleetplatz räumlich sehr nahe käme. Sondern auch, weil Erfahrungen aus Neuallermöhe zeigen, dass Plätze und Achsen sich nicht von alleine beleben, sondern Ideen und Konzepte brauchen. Die Frage war deshalb: „Wie bespielen wir den großen Platz, wie kann er funktionieren?“, so Planerin Britta Arends von der IBA.

Die zentrale Achse erhält nun erst ein Stück weiter einen Platz

Eine überzeugende Antwort fiel auch angesichts der massiven Bebauung am Platz nicht leicht – weshalb der Aufenthaltsort kurzerhand aus dem Plan gestrichen wurde. Vielmehr wird die immerhin etwa 30 Meter breite Achse nun ganz gerade als breiter, grüner Boulevard in den Stadtteil geführt, am Rand mit einer Blockbebauung versehen. Die zentrale Achse mündet erst ein Stück weiter – nachdem sie den „Grünen Loop“ überquert hat – in einen Platz und verjüngt sich dort auf 18 Meter Breite.

Ganz überzeugt zeigten sich viele Ausschussmitglieder gleichwohl nicht von der Achse und ihrer Randbebauung. Heinz Jarchow (SPD) fürchtete eine zu massive Bebauung am Rand, Julian Emrich (CDU) sorgte sich über einen Mangel an Freiflächen durch den Wegfall des Platzes. Die Planer machten jedoch deutlich, dass die künftige Achse durchs Bahnquartier mit 30 Metern Breite schon ambitioniert sei: „Das müssen Sie auch erstmal mit Menschen gefüllt bekommen“, stellte Christian Faber fest. Gleichwohl soll die Funktionsplanung bei der Randbebauung der Achse noch mal angeschaut werden; an einzelnen Stellen sind Auflockerungen möglich.

Platz am Grünen Loop ist noch in alle Richtungen flexibel

Geändert wurden aber auch andere Teile der Funktionsplanung. So wurden die „Hochpunkte“ – einzelne, höher geplante Gebäude – teils leicht in der Form und Höhe geändert. Die Bezirkspolitiker interessierten sich zudem für die prominenten Gebäude des Bahnquartiers – wie HAW und Schwimmbad. Fragen zu dem geplanten Schwimmbad konnte IBA-Chefin Karen Pein allerdings nur allgemein beantworten. Eine Beschlussfassung – ob beispielsweise zusätzlich zum Hallenbad auch ein Freibad möglich sei – gebe es noch nicht, sagte sie. Der aktuell für das Bad freigehaltene Platz am Grünen Loop sei aber noch in alle Richtungen flexibel: „Das Baufeld ist groß genug.“

Die vorgestellte Freiraumplanung soll nun noch mal einen Feinschliff bekommen und den Fraktionen vorgelegt werden. Für erste Quartal 2023 hofft die IBA auf einen Beschluss des Bezirks. Das Bahnquartier soll eines der ersten sein, mit dessen Bau begonnen wird.