Hamburg. Einzelhandel zieht erstes positives Fazit der umsatzstärksten Jahreszeit. Doch manche Geschenke könnten bis Heiligabend knapp werden.
Das klassische Gesellschaftsspiel. Elektrogeräte, die Energie sparen sollen. Oder doch ein guter Roman: Nach den ersten Tagen im diesjährigen Weihnachtsgeschäft ist Bergedorfs Einzelhandel durch die Bank zufrieden, hat aber in Krisenzeiten wie aktuell ein besonneneres, gezielteres und qualitätsbewussteres Einkaufen bei der Kundschaft festgestellt. Das Verhalten der Bergedorfer widerspricht insofern den Umfragen von Meinungsforschern, die zuletzt eher von einem „Spar-Weihnachten“ mit weniger Geschenken aufgrund von stark gestiegenen Lebenshaltungskosten für Energie und Lebensmittel und der Inflation ausgegangen waren.
Demnach könnte nach zwei schwierigen Weihnachtsfesten wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen und zeitweisen Lockdowns auch der kommende Heilige Abend schmaler ausfallen. 70 Prozent der Händler rechnen nach einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland mit einem schlechteren Weihnachtsgeschäft als 2021. Bundesweit wiederum wollen rund die Hälfte der Verbraucher weniger Geld für Geschenke ausgeben, jeder Fünfte sogar „deutlich weniger“, ergab eine Meinungsumfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Einzelhandel: Sparen bei Geschenken? Bei Bergedorfern nicht erkennbar
Doch diese Kaufzurückhaltung ist bisher in Bergedorf nicht feststellbar. So beispielsweise bei der Bergedorferin Annemarie Eggers, Mutter zweier Töchter (14, 19), die durch das Sachsentor bummelt: „Wir werden es sicher mit Geschenken nicht übertreiben, aber wir leben letztlich auch in einer Zeit, wo man die Feste so feiern sollte, wie sie fallen“, sagt die 50-Jährige. Durch die Corona-Zeit und ausgefallene Urlaubsreisen habe ihre Familie Geld angespart, und die Vorfreude auf ein endlich wieder geselliges Weihnachtsfest überstrahle viele andere Sorgen.
Bei Hartfelder, dem Spielzeugspezialisten am Kupferhof 1, ist „Spar-Weihnachten“ noch nicht angekommen. Holzspielzeuge, Spieleklassiker wie Backgammon oder Schach, Puppen, aber auch Sets zum Basteln, Experimentieren oder für Outdoor Abenteuer sind stark nachgefragt. Gerade Bastelsachen fehlten im Vorjahres-Weihnachtsgeschäft fast komplett. Der Einstieg in die umsatzstärkste Jahreszeit kann sich laut Gabriele Müller, stellvertretende Filialleiterin von Hartfelder Bergedorf, sehen lassen. „Unsere Beobachtung ist, dass die Leute bisher bewusster, aber nicht zwingend weniger kaufen. Außerdem lassen sie sich mehr beraten.“
Verstärkte Nachfrage nach energieeffizienten Großgeräten
Konsumflaute? Auch bei Saturn im CCB-Fachmarktzentrum scheint diese nicht angekommen zu sein. „Wir nehmen eine verstärkte Nachfrage vor allem bei hochwertigen und energieeffizienten Großgeräten wahr und auch bei Produkten, die dem Energiesparen und der Verbrauchskontrolle dienen, wie etwa smarte Heizthermostate oder Energiemessgeräte“, sagt Marcel Schellschmidt, Geschäftsführer des Saturn-Elektronikmarkts Bergedorf. Auch wenn das Geld nicht so locker zu sitzen scheint, kennt Schellschmidt einige gut laufende Elektronik-Weihnachtsklassiker wie großformatige TV-Geräte ab 55 Zoll und UHD, Kopfhörer jeder Art, Kaffeevollautomaten ebenso wie Haushaltshilfen wie zum Beispiel den Saugroboter.
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Auch die Heymann-Buchhandlung im CCB beurteilt den Einstieg ins Weihnachtsgeschäft noch positiv. Dabei hat Oranna Erlacher ebenfalls ein „bewussteres Schenken“ beobachtet. „Es ist wuselig in unserem Geschäft, und wir hoffen, dass es so bleibt“, freut sich die stellvertretende Filialleiterin. In erster Linie kaufen die Leute Füllmaterial für den selbstgebastelten Adventskalender wie auch schon erste Bücher als Weihnachtsgeschenk. Hits sind zum Beispiel der Bestseller-Roman „Der Gesang der Flusskrebse“ oder die Werke vom Miriam Georg, die historische Hamburg-Romane schreibt.
Dass die Shoppinglaune vorhanden ist, weiß auch Marc Wilken, Geschäftsführer des Bergedorfer Wirtschaftsverbands WSB: „Ich höre von den rund 30 Einzelhändlern im WSB, dass das Konsumklima überwiegend gut ist. Unsere Mitglieder sind zufrieden. Und die Bergedorfer zeigen offensichtlich, dass sie in Krisen widerstandsfähig sein können.“ An einen Einbruch des Konsums noch vor Weihnachten glaubt Wilken nicht, schließlich hätten sich viele Lieferketten mittlerweile wieder entspannt: „Ich bin zuversichtlich, dass wir in Bergedorf ein relativ normales Weihnachtsfest erleben werden.“
Bei welchen Produkten es vor dem Fest noch eng werden könnte
Was könnte dem Handel im Dezember noch drohen? Engpässe seien in der Vorweihnachtszeit laut Oranna Erlacher nicht auszuschließen, weil der Papierpreis innerhalb der vergangenen Monate um 200 Prozent anstieg – dies wirke sich ihrer Ansicht aber eher auf Papeterie-Erzeugnisse wie Schreibblöcke und dergleichen und nicht so sehr auf Bücher aus. Ein viel größeres Problem für Buchhandlungen sei, dass nach Corona kaum Liefer- und Lkw-Fahrer für die Branche unterwegs sind.
Neben Bastelartikeln fehlten den Spielzeugverkäufern im Vorjahr vor allem Kleinwaren wie Flummis, Kinderschleim oder Leuchtsterne von asiatischen Produzenten, die nun wieder verfügbar sind. „Wir sind gewappnet“, verkündet Gabriele Müller, um dann doch eine kleine Einschränkung vorzunehmen: Kurz vor Weihnachten werde die Auswahl bei Lego traditionell dünn.
Auch Saturn verschweigt nicht, dass es „in einzelnen Kategorien wie etwa im Bereich Smartphones oder Tablets“ aufgrund der enormen Nachfrage derzeit zu Lücken kommen kann. Die bei Jugendlichen sehr beliebten Videospielkonsolen sind ebenfalls nur eingeschränkt vorhanden: Während im Bergedorfer Saturn noch eine ausreichende Zahl an Nintendo Switch-Geräten vorhanden ist, ist die Aussicht auf den Erwerb der wohl populärsten Konsole Playstation 5 wie in anderen Geschäften zurzeit nicht gegeben.