Lohbrügge. Sofas statt Bänke, Rockmusik statt Orgel: Jonas Goebel will in Lohbrügge Kirchenbesuch attraktiver machen. So war die Premiere.
Sofas, Decken und Jogginghose in der Kirche? Bei Pastor Jonas Goebel und seiner Auferstehungskirche passt das ab sofort zusammen: In gedimmtem Licht und gemütlicher Sofa-Atmosphäre lädt der innovative Geistliche für kommenden Sonntag, 6. November, zu Tee und Fritz-Kola in die „Wohnzimmerkirche“ am Kurt-Adams-Platz.
Ab 11 Uhr stellt sich der 33-Jährige zusammen mit seinen Gästen die Frage, wo es im Glauben eigentlich Gemütlichkeit gibt. Die Predigt ist hierbei kürzer, dafür gibt es umso mehr Platz, um sich gemeinsam bei Klaviermusik auszutauschen.
Gottesdienst wie Theater: Jonas Goebel am Lagerfeuer
Was ungewohnt klingt, kommt in Lohbrügge offenbar sehr gut an, wie die Premiere am letzten Oktober-Sonntag gezeigt hat: Zum Start seiner ab sofort umgekrempelten Gottesdienste hatte Jonas Goebel am 30. Oktober zu „Lagerfeuer & Abendmahl“ in den Innenhof am Pastorat geladen – und es kamen fast 80 Besucher.
„Das hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Wir hatten mit maximal mit 50 gerechnet, was die normale Besucherzahl eines gewöhnlichen Gottesdienstes schon verdoppelt hätte“, sagt Goebel, der den Kreis ums Lagerfeuer schnell noch um zusätzliche Sitzgelegenheiten erweitern ließ. „Das war dann sehr kuschelig und hat bei der traumhaft warmen Oktober-Sonne richtig viel Spaß gemacht.“
Gottesdienste wie eine Theatersaison geplant
Mit dem Vierteljahresprogramm für November bis einschließlich Januar plant Pastor Goebel die Gottesdienste in der Auferstehungskirche ab sofort wie eine Theatersaison. Vier verschiedene „Stücke“ sind geplant, die sich etwa alle vier Wochen in leicht veränderter oder je nach Zuschauer-Zuspruch und -Ideen auch ergänzter Form wiederholen. Die Themen lauten neben „Wohnzimmerkirche“ und „Lagerfeuer & Abendmahl“ dann „Orgel-Oho und „Lobpreis by Haven“.
Dabei soll der klassische Sonntagsgottesdienst nicht in Vergessenheit geraten, verspricht Jonas Goebel, der das Programm vorbereitet und jeweils mit einem fünfköpfigen Helferteam realisiert: „Orgel-Oho“ bleibe traditionsgetreu und werde Lesungen aus dem Neuen und Alten Testament sowie Lieder aus dem evangelischen Gesangbuch umfassen, die von der Orgel begleitet werden. Premiere: 20. November.
„Lobpreis by Haven“ – das Format für alle Musikfreunde
Den klassischen Gottesdienst „ergänzen“ sollen dagegen die drei anderen Formate: Zur entspannten „Wohnzimmerkirche“ nimmt die Gemeinde auf weichen Sofas statt harten Bänken platz. So lässt sich der Gottesdienst etwa am kommenden Sonntag um 11 Uhr gemütlich erleben. Anschließend soll er in entspannten Gesprächen münden. Ähnlich wie übrigens auch am vergangenen Wochenende, als viele Gäste bei Gitarrenmusik noch am Lagerfeuer sitzen blieben.
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Wem besonders das Singen in der Kirche wichtig ist, sollte den „Lobpreis by Haven“-Gottesdienst mit der Hamburger Kirchenband Haven.Schanze besuchen. „Es wird vielleicht ein bisschen flippiger, denn statt Orgel oder Flügel gibt es eine ordentliche Ladung Instrumente“, lädt Jonas Goebel zur Premiere dieses Formats am Sonntag, 13. November, um 17 Uhr ein – und verspricht eine Predigt, die „gute Gründe nennt, an Gott zu glauben“.
Besucher entscheiden, „welches Stück ihnen gefällt“
Das Ziel des Gottesdienst-Experiments beschreibt der Pastor so: „Unsere Hoffnung ist, dass wir auf diese Weise insgesamt mehr Menschen einen guten Grund zum Gottesdienstbesuch schenken. Und zwar auch, weil jeder sich wie im Theater aussuchen kann, welches Stück ihm gefällt – und eben auch, welches eher nicht.“ Die Auferstehungskirche setze so „auf Qualität statt Quantität“ und könne mehr Liebe ins Detail stecken.
Für die Premiere der „Wohnzimmerkirche“ am kommenden Sonntag sorgt der Andrang vom vergangene Wochenende derweil schon für einiges Kopfzerbrechen: „Ich hoffe, wir haben genügend Sofas“, sagt Jonas Goebel, der neben einigen Neuanschaffungen durch seine Kirchengemeinde mittlerweile auch auf manche gemütlich gepolsterte Spende zurückgreifen kann.