Bergedorf. Andreas Buhk (46) tritt in die Fußstapfen von Peter Stoof (81). Was der Unterscheid zwischen einem Deichwart und einem -vogt ist.
Wechsel an der Spitze des Deichverbands Vier- und Marschlande: Nach 20 Jahren hat sich Peter Stoof als Deichvogt nicht erneut zur Wahl gestellt, um einem Jüngeren Platz zu machen. Die zehn Deichgeschworenen wählten einstimmig Andreas Buhk als Nachfolger. Der 46-Jährige will dem Verband mehr Gewicht verleihen.
Buhk ist erst der sechste Deichvogt seit 1942. Damals wurden die Deichverbände der einzelnen Gemeinden im Landgebiet zu einem die gesamten Vier- und Marschlande umfassenden Verband zusammengelegt.
„Peter Stoof war der Organisator des Verbands, motivierte die aktiven Mitglieder und gewann neue hinzu“, sagt Oberdeichwart Werner Jacobsen. Stoof kannte die Fähigkeiten der einzelnen Deichschützer und wusste, diese zielgenau einzusetzen. Er sei ein guter „Lenker“ gewesen, der gemeinsam mit seinen Vertretern Dieter Schütt und Günter Schwormstedt, die nun Buhk zur Seite stehen, gute Ideen der Basis in die Praxis umgesetzt habe.
Andreas Buhk ist nun Chef des Deichverbands Vier- und Marschlande
Der Deichvogt agiert im Ernstfall, bei einer schweren Sturmflut oder extremem Hochwasser, im Hintergrund, weiß Buhk. Während die Deichwarte die ihnen zugeteilten Abschnitte im Blick behalten und Auffälligkeiten an die Wasserwirtschaft im Bergedorfer Bezirksamt melden, halte sich der Deichvogt zurück und beobachte, ob alle Abläufe korrekt funktionieren.
Ansonsten beschäftigt sich der Deichvogt viel mit Verwaltungsarbeit und organisatorischen Dingen. Er stellt etwa Verbandssitzungen und Übungen auf die Beine, besucht Deichschauen, kümmert sich um Pachtverträge. „Der Verband besitzt viele Flächen. Wenn die Pächter ein Problem haben, etwa, weil ein Baum umgestürzt ist, wenden sie sich an den Deichvogt“, sagt Buhk.
Wissen über Hochwasserschutz wird über Generationen weitergegeben
Eine besondere technische Qualifikation wird vom Deichvogt nicht verlangt: „Ich habe auch nur die mehrtägige Deichverteidigungs-Ausbildung im Schulungszentrum in Rothenburgsort gemacht, die jeder Aktive im Verband gleich zu Beginn absolviert“, sagt Buhk. Wie Probleme am Deich zu erkennen sind, würden die Jüngeren von den Alten lernen: „So wird das Wissen über Generationen weitergegeben.“
Der Deich an der Stromelbe ist im Verband in zehn Abschnitte unterteilt. Für jeden Abschnitt sind zwei Deichwarte und zwei Funker zuständig. Im Falle einer schweren Sturmflut oder eines dramatischen Hochwassers, das die Deichsicherheit gefährden könnte, sind sie wichtiger Bestandteil des Katastrophenstabs. Dann, ab Wasserstandsstufe 2, sind in den Schulen am Elversweg in Ochsenwerder und am Kirchwerder Hausdeich Technische Einsatz-Leitungen eingerichtet, in denen weitere Mitarbeiter des Verbands, etwa Oberdeichwarte und Funker, mitarbeiten. Insgesamt bringt es der Verband so auf knapp 60 aktive Ehrenamtler.
Binnenentwässerung und die nächste Deicherhöhung sind Themen
Der Deichvogt hält auch Kontakt zu den zuständigen Behörden – dem Bezirksamt, der Umweltbehörde und dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer – und zur Bezirkspolitik. Dort ist ein Dauerthema etwa die Binnenentwässerung. „Bei einer schweren Sturmflut in der Tideelbe kann es schnell zu Durchnässungen am Deich kommen“, sagt Oberdeichwart Werner Jacobsen. „Deshalb sind die drei schon lange geplanten Schöpfwerke auch für uns ein wichtiges Thema.“
Die Erhöhung der Deiche in ganz Hamburg, die bereits begonnen hat, die Vier- und Marschlande aber erst in einigen Jahren erreichen dürfte, ist ein weiteres Thema, mit dem sich der der Deichvogt beschäftigt, etwa die zuständigen politischen Ausschüsse besucht.
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Mitglied des Verbands ist jeder Grundeigentümer in den Vier- und Marschlanden, berichtet Buhk, „allerdings ohne jede Verpflichtung“. In anderen Verbänden in anderen Bundesländern sei dies anders. „Dort werden Mitgliedsbeiträge verlangt“, sagt Jacobsen. „In Hamburg gab es eine Reform nach der schweren Sturmflut 1962“, ergänzt Stoof. Seitdem trage die Stadt die Kosten für die Deichunterhaltung.
Neuer Deichvogt engagiert sich auch in der Feuerwehr
Andreas Buhk verdient seinen Lebensunterhalt als selbstständiger Elektromeister. Der 46-Jährige ist verheiratet und Vater zweier Söhne (17, 15). Im Deichverband engagiert er sich seit 15 Jahren, bisher als Mitarbeiter der Technischen Einsatz-Leitung. „Ich habe den Oberdeichwart unterstützt, wenn es um die Alarmierung der Deichwarte, das Halten des Kontakts zu den Beteiligten, die Einschätzung der Schadensituation oder die Klärung des Materialbedarfs ging.“
Buhk engagiert sich auch in der Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Spadenland. „Dort habe ich die Stabsarbeit erlernt, also die Zusammenarbeit diverser Organisationseinheiten“, sagt er. Diese Erfahrungen kommen dem Hauptbrandmeister auch als Deichvogt zugute, betonen die Männer. Schließlich arbeitet der Verband im Ernstfall und bei Übungen auch mit anderen Institutionen zusammen, darunter die Berufsfeuerwehr.
Dem neuen Mann an der Spitze des Deichschutzes sei es wichtig, „die Präsenz des Verbands bei Politik und Behörden zu stärken, um mehr Mitsprachemöglichkeiten zu erlangen“. Es gehe darum, verschiedene Interessen wie Deichsicherheit und etwa Umweltschutz unter einen Hut zu bringen.