Hamburg. Experten warnen: Massive Baumstämme könnten Deiche beschädigen. Doch Hamburger Behörden sehen keinen Handlungsbedarf.
Mit großer Sorge blicken Bergedorfs Deichvogt und Bezirkspolitik auf die kommende Sturmflut-Saison. Denn in den verbleibenden sechs Wochen bis dahin dürfte es kaum noch gelingen, eine verbindliche und vor allem schnelle Räumung von Treibgut im Wirrwarr der Behörden zu organisieren.
Dabei hatte die Politik das Thema bereits im Mai angeschoben, als etliche riesige Baumstämme auch Monate nach den Stürmen des Winters 2021/22 noch immer in und an der Elbe lagen. „Sie haben die Kraft, die Deiche zu beschädigen und technische Anlagen wie die Tatenberger Schleuse zu blockieren. Das kann bei einer Sturmflut verheerende Folgen haben“, sagt Bernd Capeletti (CDU) und weist auf entsprechende Warnungen von Deichvogt Peter Stoof und Werner Jacobsen hin, den Oberdeichwart der Marschlande.
Deichschutz: Was gut klingt, ist aus Sicht der Fachleute aber nur die halbe Wahrheit
Im Gegensatz zu den Praktikern sehen die Behörden keine Gefahr. In einer Mitteilung an die Bezirksversammlung weist die Umweltbehörde jetzt darauf hin, dass „Treibgut, das sich im Deichgrund befindet, im Rahmen der Deichunterhaltung regelhaft entfernt“ werde. Und gäbe es hier private Grundstückseigentümer, würden die aufgefordert, tätig zu werden. Das schreibt auch die Hamburger Hafenbehörde HPA, die auch für die Tatenberger Schleuse verantwortlich ist. In ihrem Zuständigkeitsbereich würde „regelmäßig kontrolliert“ und gefährliches Treibgut „zügig entfernt“.
Was gut klingt, ist aus Sicht der Fachleute aber nur die halbe Wahrheit. Denn die behördlichen Zuständigkeiten wechseln auf den 35 Vier- und Marschländer Elbkilometern permanent – entlang des Flusses ebenso wie vom Deich über das Vorland und das Ufer bis auf den Strom. Neben Umwelt- und Hafenbehörde sind das unter anderem das Wasser- und Schifffahrtsamt, das Bezirksamt und auf der anderen Elbseite natürlich auch noch Niedersachsens Behörden.
Bezirksversammlung hat die Mitteilung bisher nur zur Kenntnis genommen
Weil das so ist und die Elbe gleichzeitig dazu neigt, angeschwemmtes Treibgut von Zeit zu Zeit wieder mitzunehmen, um es dann flussabwärts in eine neue Zuständigkeit zu legen, wartet manche Behörde lieber etwas länger mit der teuren Bergung. „Besser lassen sich Kosten kaum einsparen“, argumentiert Capeletti mit Blick auf Formulierungen wie „regelhafte Entfernung“.
Ob Bergedorfs Politik einen erneuten Anlauf unternehmen wird, um die Behörden zu verbindlichen Absprachen bei der Treibgutentfernung zu verpflichten, ist vorerst offen. Die Bezirksversammlung hat die Mitteilung bisher nur zur Kenntnis genommen.