Hamburg. Deichverband der Vier- und Marschlande besteht zur Hälfte aus Rentnern. Jüngere Mitglieder werden gesucht. Das sind die Aufgaben.
Der Deichverband Vier- und Marschlande kümmert sich um die Sicherheit der Menschen hinterm Deich. Rund 50 Ehrenamtliche engagieren sich in dem Verband. Sie suchen Verstärkung, denn etwa die Hälfte der Aktiven ist im Rentenalter.
Der Verband besteht unter anderem aus Deichvogt Peter Stoof (80), dessen Stellvertreter Günter Schwormstedt (76), vier Oberdeichwarten und 36 Deichwarten, von denen zehn zu Deichgeschworenen gewählt wurden. Die Ehrenamtlichen haben den 34 Kilometer langen Hauptdeich zwischen Altengamme und Billwerder Bucht stets im Blick. „Er ist in neun Abschnitte unterteilt“, sagt Werner Jacobsen (69), einer der Oberdeichwarte. Die Männer achten auf Wildwuchs, Mäusebefall und andere Problembereiche. Die Deichwarte leben in den Dörfern, in denen ihre Abschnitte liegen. Vor den beiden jährlichen Deichschauen sind sie dort mit Behördenvertretern unterwegs, um das Bauwerk zu begutachten.
Hochwasserschutz ist eine wichtige Aufgabe des Vereins
Auch bei Wasserstandsstufe 2 (zwei Meter über dem Mittleren Hochwasser, MHW, gemessen am Pegel St. Pauli) kontrollieren sie die kompletten Abschnitte und beobachten die zunehmende Flut. Für den Ernstfall, also die Gefahr, dass bei einer Sturmflut Wasser durch oder über den Deich dringt, sind die Deichwarte mit Funkgeräten ausgestattet. In den Technischen Einsatzzentralen in den Schulen Ochsenwerder und Kirchwerder sitzen dann Funker des Verbandes, die dann mit den Deichwarten verbunden sind. Außerdem halten sie Kontakt zu den Katastrophenschutzstäben in Bergedorf und Hamburg. Die Berufsfeuerwehr ist dann ebenfalls in den Zentralen in den Schulen vertreten. „Die Deichwarte weisen Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Bundeswehr ein, sind weisungsbefugt“, sagt Jacobsen.
Eine Bedrohungslage habe es zuletzt vor etwa zehn Jahren gegeben, berichtet Schwormstedt: „Damals gab es am Ruschorter Hauptdeich eine Durchnässung während einer Sturmflut. Es wurden schnell Sandsäcke gelegt und ein Deichbruch verhindert.“ Vor 20, 30 Jahren habe es häufiger Ernstfälle gegeben, vermutlich aufgrund ungünstiger Windverhältnisse bei hohen Wasserständen, also zufällig. „Schwere Schäden gab es aber seit der Sturmflut 1962 keine mehr“, sagt Schwormstedt. Die jährliche, großangelegte Deichschutzübung in ganz Hamburg ist am 19. November. Vergangenes Jahr fiel sie aufgrund der Pandemie aus.
Funkraum ist gleichzeitig das Verbandsbüro
Der Funkraum am Elversweg ist gleichzeitig auch das Verbandsbüro. Es ist an jedem ersten Montag im Monat von 17 bis 18 Uhr besetzt (Telefon: 040/736 77 54 15 (Anrufbeantworter), E-Mail: deichverband@t-online.de. Die Verwaltungsarbeit leistet die einzige Angestellte des Verbands, Teilzeitkraft Manuela Denker.
Viele Verbandsmitglieder sind Jahrzehnte dabei, haben jede Menge Erfahrung vorzuweisen. Stoof engagiert sich bereits seit 54 Jahren für den Deichverband, steht seit 19 Jahren an dessen Spitze. „Anfangs war ich Deichwart“, sagt er. Auch Schwormstedt hält dem Verband seit mehr als einem halben Jahrhundert die Treue, begann als Funker, wurde später Deichgeschworener. Vor rund zehn Jahren trat eine Frau in die bis dato von Männern dominierte Welt der Deichsicherheit ein, als Funkerin. Inzwischen hat sie weibliche Verstärkung.
Bei Studienfahrten geht es auch um Geselligkeit
Wer neu dabei ist, wird von der zuständigen Behörde, dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG, Wirtschaftsbehörde) geschult: In Rothenburgsort befindet sich neben einem kleinen Deichmodell auch ein etwa 20 Meter langer Deich, der eigens für Übungszwecke gebaut worden ist.
Das „Betriebsklima“ sei angenehm, betont Schwormstedt. Bei Studienfahrten gehe es nicht nur um Fachwissen, sondern auch um Geselligkeit. Etwa alle zwei Jahre fahren die Verbandsmitglieder mit ihren Lebenspartnern zusammen weg, besichtigten bereits das Eider- (Tönning) und das Themse-Sperrwerk (London). Die Helfer bekommen eine Aufwandsentschädigung.
Wer mitmachen will, muss in den entsprechenden Orten wohnen
Der Verband ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der öffentlichen Aufgabe des Hochwasserschutzes betraut, agiert weitgehend selbstständig und in Zusammenarbeit mit dem LSBG, der die Verantwortung hat. Seinen Ursprung hat der Verband in der Deichaufsicht und -pflege, die heute Stadt und Bezirk leisten. 1942 schlossen sich diverse kleinen Deichverbände in den Vier- und Marschlanden, die es bereits seit Jahrhunderten gab, zum heutigen Verband zusammen.
Der Verband besitzt seit Jahrhunderten Grundstücke an den Flüssen im Landgebiet – rund 200 Hektar, Hunderte Flurstücke. „Sie mussten vermutlich für den Deichbau – auch an Gose- und Dove-Elbe – zur Verfügung gestellt werden“, sagt Schwormstedt. Ein Teil des Lands wird an Landwirte und Gärtner verpachtet, beschert Einnahmen, mit denen die Kosten gedeckt werden.
Gesucht werden erwachsene Ortsansässige, die sich für die Deichsicherheit engagieren möchten. Sie können die Verbandsmitglieder ansprechen oder sich im Büro melden.