Hamburg. Klimaaktivist von Extinction Rebellion stoppte Verkehr mitten in Bergedorf. Ein Skoda-Fahrer wollte sich nicht aufhalten lassen.

Die Einsicht kam viel zu spät: Ein Autofahrer (41) muss wegen versuchter Nötigung 6300 Euro Geldstrafe zahlen und zudem für ein halbes Jahr seinen Führerschein abgeben. So lautet das Urteil des Amtsgerichts Bergedorf gegen den Brunstorfer O., dem vorgeworfen wurde, am 20. Juni 2021 einen auf dem Weidenbaumsweg sitzenden Klimaaktivisten mit seinem Pkw angefahren zu haben.

Der Vorfall ereignete sich am City-Kreisel in Bergedorf: O. wollte mit seinem Škoda in den Weidenbaumsweg abbiegen, wurde aber von dem auf einer Kiste sitzenden Extinction-Rebellion-Mitglied Marc S. blockiert. Der Klimaaktivist saß dort mit dem Schild „Ich habe Angst um meine Kinder wegen der Klimakrise“.

Extinction Rebellion: Zeugen filmen die Aktion

O. hatte sich zunächst mit dem Aktivisten ruhig unterhalten, stieg dann aber in sein Fahrzeug und schob damit bei geringem Tempo Mensch und Kiste einige Zentimeter über den Asphalt bevor er anhielt. Dies belegt ein Handyvideo, welches ein weiterer Zeuge aufnahm und nun bei der Verhandlung gezeigt wurde. Verletzte gab es nicht, dafür aber eine Strafanzeige der Polizei.

Jener Sommertag war nicht der Tag des Thorsten O. – aber mehr als ein Jahr später zeigte sich der 41-Jährige geständig und voller Reue. „Es tut mir extrem leid, und ich mache das nie wieder. Ich wollte auf keinen Fall jemanden verletzen. Ich habe daraus wirklich gelernt“, wiederholte der geschiedene Familienvater mehrfach.

Der Angeklagte: „Ich komme vom Dorf und kenne so etwas überhaupt nicht“

O. schilderte, dass er an jenem Tag einem Freund dringend bei einer Transportsache helfen musste – und dies nach nur zwei Stunden Schlaf, weil er von seiner Nachtschicht gekommen war. „Ich wollte einfach wieder nach Hause und ins Bett“, sagte O. vor Gericht. Da sei plötzlich der Klimaaktivist hinter dem Kreisel aufgetaucht. Die Fahrbahn verlassen, wollte er nicht: „Ich komme vom Dorf und kenne so etwas überhaupt nicht“, gab der Angeklagte Protokoll. Er fuhr einfach los, „weil ich bis zuletzt dachte, er würde aufstehen“.

Gericht und Staatsanwaltschaft werteten das Verhalten des Angeklagten als „Momentversagen“, und auch O. ist untröstlich: „So etwas darf mir nicht passieren.“ Das sah das Gericht auch so und verurteilte O. wegen versuchter Nötigung, ließ die Anklagepunkte gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Körperverletzung aber fallen.

Polizei hatte auch gegen Bergedorfer Extinction-Rebellion-Mitglied ermittelt

Mit seinem Urteil blieb der Richter unter der Forderung des Staatsanwalts, der ein Jahr Fahrverbot und über 10.000 Euro Geldstrafe gefordert hatte. Dass O. dennoch seinen Führerschein abgeben muss, sei begründet durch das „verkehrsspezifische Delikt“, das entsprechend geahndet werden müsse: „So eine Aktion zeigt, dass Herr O. kein geeigneter Autofahrer ist.“ Die Polizei hatte zunächst auch gegen das Bergedorfer Extinction-Rebellion-Mitglied ermittelt, das Verfahren aber eingestellt. Marc S. selbst hatte auf eine Anzeige verzichtet.