Bergedorf. Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein und ihre Hobbys: Fanzégué Coulibaly ist Teamer beim Jugenderholungswerk.
Zu seinem ungewöhnlichen Hobby kam Fanzégué Coulibaly „zugegebenermaßen eher aus Eigennutz“, erzählt der VHH-Mitarbeiter: Er wollte seine beiden Töchter mit dem Jugenderholungswerk auf Reisen schicken, doch der Sachbearbeiter sagte, das würde an seiner Lohngrenze scheitern: „Aber ich sei doch sympathisch und könnte als ehrenamtlicher Betreuer mitfahren. Dann wären meine Kinder auch kostenlos dabei.“ So kam es also, dass er für die Jugendleitercard (Juleica) büffelte. Gruppendynamik, Konfliktlösung, Erste Hilfe und das Jugendschutzgesetz standen bei den Seminaren auf dem Stundenplan.
Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe fuhr für drei Wochen auf die Insel Föhr
Die erste Reise führte ihn dann für drei Wochen auf die Insel Föhr – mit 30 Pubertierenden und sechs Betreuern. Strandspiele, eine Rallye und Mottotage waren angesagt – samt Theater, Fußmassagen und Beauty-Schminken. „Das ist wie eine aktive Erholung mit ganz viel Spaß für mich, schon am ersten Tag habe ich die Arbeit komplett vergessen“, sagt der 54-Jährige.
Wobei sich die ersten Tage natürlich immer ein bisschen zurechtruckeln müssen, denn die Herkunft der Kinder ist finanziell häufig unterschiedlich: Manche Kinder könnten sonst nicht in die Ferien fahren, andere Eltern könnten einen höheren Beitrag bezahlen.
Er kümmert sich um schwierige Kinder
„Die Warteliste ist jedenfalls immer lang“, sagt der Mann, der inzwischen schon zwei Amrum-Reisen begleitete: „Ich erinnere einen Jungen, der oft geschlagen hat und ausgeflippt ist. Man wollte ihn schon heimschicken, aber als ich hörte, dass er schon auf drei Reisen zuvor zurückgeschickt wurde, habe ich mich für ihn eingesetzt. Jetzt war Leon mein Handkind, denn ich legte ihm immer eine Hand auf die Schulter, zum Runterkommen. Am Schluss war er mir sehr dankbar“, erzählt Fanzégué Coulibaly.
Eher schlimm und herausfordernd indes sei die jüngste Tour 2021 nach Sylt gewesen, denn zu Corona-Zeiten waren die 24 Kinder doch etwas aggressiv und hyperaktiv. Da müsse man schon einen Plan B haben, wenn die erste Idee nicht zündet.
Gelassenheit ist wichtig in dem „Job“
Da muss man ruhig und gelassen bleiben, weiß der Mann, der in einem kleinen Dorf an der Elfenbeinküste aufgewachsen ist – mit zahlreichen Geschwistern und gefühlt drei Müttern: „Meine richtige Mutter hatte sieben Kinder. Und mein Vater hat zwölf Kinder von vier Frauen.“ Die Polygamie war normal in der muslimischen Familie, die ihre Kinder auf eine katholische Schule schickte.
Als ausgebildeter Rechnungsprüfer kam Fanzégué Coulibaly am 18. August 1996 nach Deutschland. „Ich war fasziniert von der Idee der sozialen Marktwirtschaft und auf der Suche nach Wissen.“ Da seine Leistung hier indes nicht anerkannt wurde, studierte er noch Volkswirtschaftslehre und legte ein Diplom ab. Über die Zeitarbeit kam er zum Busfahren, jetzt aber hat er einen neuen Job: „Ich bin Team- und Projektkoordinator, kontrolliere zum Beispiel die Arbeitsschritte bei der Bergedorfer ZOB-Sanierung und gucke, ob es genügend Ordner beim Bahnhof gibt.“
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2023 will er wieder mit Kindern und Jugendlichen unterwegs sein
Das ist auch ein Grund dafür, warum er in diesem Jahr keine Zeit für eine Reise mit dem 1986 gegründeten Jugenderholungswerk hat, das jährlich immerhin 40 Fahrten für 8- bis 15-Jährige anbietet. „Aber meine 18-jährige Tochter betreut nach ihrem Abitur jetzt gerade eine Reiter-Reise auf Schloss Boizenburg.“ Auch die älteste Tochter ist auf Papas Spuren unterwegs: Die 24-Jährige studiert Wirtschafts- und Politikwissenschaften.
Im nächsten Jahr allerdings will Fanzégué Coulibaly unbedingt selbst wieder mit quirligen Kindern und Jugendlichen unterwegs sein: „Man kann so unglaublich viel von ihnen lernen“, meint der 54-Jährige – und lässt sich lediglich von einem Ziel abschrecken: „Ich will niemals mit nach Schweden. Da soll es so schrecklich viele Mücken geben“, sagt er lachend.