Hamburg. Materiell ist der Wert des Diebesgutes eher gering. Aber emotional fügen Grabräuber den Hinterbliebenen großen Schaden zu.

Jede Menge Laternen und Engel haben die Hinterbliebenen auf den Grabplatten platziert. Auch große Blumenkränze und größere, feierlich wirkende Kübel mit bunten Abschiedsgrüßen sind aufgestellt. Einer gedenkt dem toten Angehörigen oder Freund sogar mit einem steinernen Matrosenschiff – alles an der Grasgrabstätte nahe der Kapelle 2 auf dem neueren Teil des Bergedorfer Friedhofs.

Auf dem Bergedorfer Friedhof werden Gegenstände gestohlen

Auch Irena Mommert (69) und Helga Zwemke (88) hatten das Grab des Vaters und langjährigen Partners Gerhard Malinowski ansehnlich verziert. Er ist am 18. Februar 2021 kurz vor seinem 91. Geburtstag gestorben. Jede Woche kommen die Tochter und die Weggefährtin der vergangenen 28 Jahre her. Doch nun stehen die Frauen an einer sparsam dekorierten Ruhestätte.

Mommert und Zwemke sind bitter enttäuscht – weil sich seit dem Frühjahr viermal Diebe am Grab von Gerhard Malinowski und auch dem Bruder von Helga Zwemke zu schaffen machten. Zuerst wurde eine größere Muschel gestohlen, die Helga Zwemke einst auf Föhr einsammelte und ihrem Liebsten hinstellte. Danach ein Engelskopf. Und in diesem Juli wurden zweimal frische Blumen entfernt, zuerst sommerliche Nelken, dann eine frisch eingepflanzte Topfrose.

Rehe knabberten Blumen nicht weg: „Da ist jemand mit der Schere dran“

Helga Zwemke hatte zuerst Rehe in Verdacht, aber mittlerweile ist ihr klar: „Da ist jemand mit der Schere beigegangen.“ Den Gedanken an ein naturgegebenes Verschwinden hat auch Irena Mommert schnell verworfen. „Die Tiere machen das wenigste. Manche Menschen halten sich einfach nicht an die Regeln“, sagt die 69-Jährige traurig. Letztens sprach sie mit einem anderen Friedhofsgast auf dem Grabfeld, merkte an, dass mal wieder etwas fehlen würde: „Der Herr meinte nur: ,Das passiert hier häufig’.“ Konsequenz: Tochter und Lebensgefährtin bringen nun weniger schöne Blumen vorbei, wie etwa Petunien.

Auch bei der Friedhofsverwaltung ist das Thema Diebstahl auf dem Bergedorfer Friedhof nicht neu. Das Problem sei „bekannt“ und komme „vereinzelt“ immer mal vor, heißt es aus dem Bezirksamt Bergedorf. Es wurden Gegenmaßnahmen eingeleitet: „Es gab bereits Kontrollen mit einem Wachdienst, die aber leider nicht zum Erfolg geführt haben“, schildert das Bezirksamt, ohne auf die Häufigkeit der Kontrollen einzugehen, oder darauf, wer sie ausführt.

Dieb anzeigen, oder ihm wenigstens schwer ins Gewissen reden

Das alles bringt den Grabschmuck für Gerhard Malinowski aber nicht zurück. „Das ist einfach pietätlos, dass hier Sachen gestohlen werden“, sagt Irena Mommert. Wenn sie mit ihrer Stiefmutter den Dieb auf frischer Tat ertappen würden, dann wären die Reaktionen höchst unterschiedlich. Während Helga Zwemke nonchalant („Den würde ich anzeigen“) reagieren würde, ist Irena Mommert verhaltener, aber entschlossen: „Ich würde denjenigen einfach nur ansprechen. Dem muss man klar machen, was er den trauernden Angehörigen emotional antut“, sagt die pensionierte Arzthelferin aus Havighorst.

Zur Anzeige haben die beiden den Diebstahl im übrigen nicht gebracht – zu geringe Erfolgsaussichten. Solche Delikte laufen bei der Polizeistatistik zumeist als „Diebstahl geringfügiger Güter“.