Hamburg. In vier Monaten gilt das neue Hamburger Klimaschutzgesetz. Es werden 15 Prozent Öko-Energie bei Modernisierung gefordert. Was noch?
Wichtige Veränderungen kommen mit dem 1. Juli auf Hausbesitzer zu. Ihnen werden neue Pflichten auferlegt. Und um die Erfüllung dieser Pflichten zu kontrollieren, wird es zusätzliche Bürokratie geben. Im Sommer tritt das Hamburger Klimaschutzgesetz in Kraft. Es hat Auswirkungen auf alle Häuser, also auch auf Mehrfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien. Besonders betroffen sind jedoch die Besitzer von älteren Einfamilienhäusern. „Von denen gibt es im Bezirk Bergedorf einige“, sagt Bernd Hegemann, Bezirksinnungsmeister Sanitär/Heizung/Klempner.
Das Hamburger Gesetz basiert auf dem Bundesgebäudeenergiegesetz, das am 1. November 2020 in Kraft getreten ist. Ziel ist es, Energie einzusparen und die CO2-Emissionen zu vermindern. „Hamburg hat noch einmal draufgesattelt“, erklärt der Handwerksmeister. Wer nach dem 1. Juli seine Heizung modernisiert oder ganz erneuert, muss neue Regeln beachten. Knackpunkt des Paragrafenwerkes ist die zukünftig vorgeschriebene Nutzung von erneuerbaren Energien, so Hegemann, der 1989 den Titel „Weltmeister der Installateure“ errang. 15 Prozent des Energiebedarfs muss regenerativ erzeugt worden sein. Das gilt für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe.
Neue Umwelt-Pflichten für Hausbesitzer ab 1. Juli 2021
Wer nur seine Gasheizung modernisieren will, hat damit ein Problem. Es gibt zwar in Baden-Württemberg Anbieter, die Gas mit einem Anteil erneuerbarer Energie, etwa aus Grünem Wasserstoff liefern, weil von der Kretschmann-Landesregierung ein ähnliches Gesetz bereits vor rund zehn Jahren verabschiedet worden ist. In Hamburg sucht der Kunde so ein Öko-Angebot jedoch vergebens. Außerdem ist dieses Gas deutlich teurer als der rein fossile Brennstoff, erklärt Hegemann.
Nun kann die 15-Prozent-Latte auch durch den Einbau von Solaranlagen oder Erdwärmenutzung genommen werden. „Das muss aber zu der Bestandsimmobilie passen“, gibt Bernd Hegemann zu bedenken. Eine Solaranlage auf einem Reetdachhaus, das geht nun mal nicht. Als Ersatzmaßnahme lässt das Gesetz auch einen Sanierungsfahrplan für das Gebäude zu, etwa mit zusätzlicher Dämmung der Wände oder besseren Fenstern. „In jedem Fall muss ein Energieberater hinzugezogen werden“, sagt Hegemann.
Die Rechnungen, ab wann die Öko-Grenze geschafft worden ist, seien für Laien nicht machbar. Und die Behörden werden überprüfen, ob der Fahrplan auch eingehalten wird. Es gibt allerdings einen Lichtblick für die Hausbesitzer, und der heißt Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA. Der Bund hat dort ein Förderprogramm aufgelegt, mit der energetische Sanierungen im Gebäudebereich beschleunigt werden sollen. Bis zu 45 Prozent der Investitionskosten sind so bei der Heizungserneuerung zu finanzieren, berichtet Hegemann. Er rät deswegen den Hauseigentümern, genau zu prüfen, ob das Thema bald angegangen werden sollte. Denn das aktuelle Programm läuft nur noch bis Ende 2021.
Hamburger Klimaschutzgesetz: Unsicherheit gibt es auch bei den Fachleuten
Selbst bei den Fachleuten herrscht große Unsicherheit, wie die weitrechende Reform umgesetzt werden kann. „Es gibt den Gesetzestext, aber den versteht sowieso keiner“, sagt Bernd Hegemann Bezirksinnungsmeister Sanitär/Heizung/Klempner. Auf der Website der Umweltbehörde sind noch ein paar Erläuterungen zu finden, doch gibt es nach seinem Kenntnisstand keine fachlichen Informationen.
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Dabei gibt es noch einigen Klärungsbedarf, etwa was die Ausnahmeregelungen betrifft. So kann von der Pflicht abgesehen werden, wenn Gesetze und Verordnungen der Umsetzung widersprechen, sie technisch unmöglich oder nur mit einem unangemessenen Aufwand verbunden ist. Auf Anfrage unserer Zeitung teilt die Behörde mit, dass „es aufgrund der Vielfältigkeit der Erfüllungsoptionen keine genaue Definition“ gibt. Es muss „in entsprechend fachlicher Tiefe geprüft werden und die Gründe für die ,Unmöglichkeit’ beziehungsweise des ,unangemessenen Aufwands’, zu jeder der Varianten aufgezeigt werden.“
Im Sommer auch in Hamburg Anbieter von Öko-Gas
Ferner sieht das Gesetz eine Härtefallregelung vor. Für die Befreiung von den neuen Öko-Pflichten soll ein formloser Antrag an die Behörde genügen. Zu den Bedingungen, unter denen die Befreiung gewährt werden kann, schreibt die Umweltbehörde lapidar: „Solche Fälle sind nicht pauschal zu definieren.“
Über den Vollzug des Gesetzes, also wie die Gebäudebesitzer kontrolliert werden, heißt es nur, dass es „noch nicht vereinbart“ worden ist. Immerhin zeigt sich die Behörde optimistisch, dass es im Sommer auch in Hamburg Anbieter von Öko-Gas gibt.
Energieverbrauch und CO2-Emissionen im Gebäudebereich senken
Das Hamburger Klimaschutzgesetz gibt eine ganze Reihe von Neuerungen vor, um den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Gebäudebereich zu senken. So dürfen ab 2022 keine Ölheizungen mehr eingebaut werden und ab 2026 dürfen Ölheizungen nicht mehr erneuert werden, sondern es muss ein anderer Energieträger Verwendung finden. Und Fotovoltaikanlagen sollen ab 2023 beim Neubau eines Gebäudes schon mitgeplant werden.
Wer sich partout den neuen Öko-Auflagen sperren will, der hat nur eine Möglichkeit: Er muss einen Heizungsbauer finden, der seine Anlage modernisiert und ihm garantiert, dass sie bis zum 30. Juni abgenommen wird. Aber für Hegemann ist das weder aus ökologischer, noch wegen der Fördermöglichkeiten aus ökonomischer Sicht sinnvoll.