Reinbek. Klimaschutzinitiative Sachsenwald mahnt weitere Maßnahmen an und fordert eine Vorbildfunktion der Verwaltung. Welche Ideen gibt es?

Flugzeuge bleiben auf dem Boden, Kreuzfahrtschiffe im Hafen, Dienstreisen wurden auf ein Minimum runtergefahren: In Sachen Klimaschutz hat die Corona-Pandemie durchaus positive Effekte. Die Einschränkungen haben die Klimaschutzziele 2020 der Bundesrepublik erreichbar gemacht. Gegenüber dem Jahr 1990 sollen die Treibhausemissionen um 40 Prozent reduziert werden. Für die Klimaschutzinitiative Sachsenwald ist dies jedoch noch kein Grund zur Freude.

„Das Ziel für 2050 ist es, klimaneutral zu agieren, bis dahin ist noch ein langer Weg“, sagt Jürgen Rieger, Mitglied der Klimaschutzinitiative Sachsenwald. Langfristig, so wurde es im Pariser Abkommen entschieden, solle die Erderwärmung 1,5 Grad nicht übersteigen. Die Initiative würde das Ziel lieber schon für 2035 anstreben. Auch in Europa steigen die Erwartungen. Jüngst hat die EU ihr Ziel, die ­Treibhausgase bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent zu reduzieren, auf 55 Prozent erhöht.

Stadt Reinbek setzt sich für den Klimaschutz ein

Die Sachsenwald-Initiative setzt sich für ein stärkeres Engagement der Gemeinde ein, direkt vor der eigenen Haustür. Regelmäßig sind die Initiatoren mit Bürgermeister Björn Warmer im Gespräch. Ein Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und eine Neuverteilung des Verkehrsraums zugunsten des Fahrrads sei notwendig, lautet eine der Forderungen. „Im ÖPNV sind die Verbindungen ausgebaut worden. Aktuell hat auch das Fahrrad im Verkehr gewonnen“, sagt Jürgen Rieger zwar. Doch der 53-Jährige hat Sorge, dass sich das Interesse nach der Pandemie wieder ändert. „Wir müssen das Fahrradfahren grundsätzlich attraktiver machen, beispielsweise mehr Tempo-30-Zonen einrichten.“

Es würde erwartet, dass nach der Pandemie nur rund 20 Prozent der Menschen ihr Verhalten langfristig ändern wollen, berichtet Rieger. Das Reisen werde wieder zunehmen, das Fahrrad wieder gegen das Auto eingetauscht. Auch zu alternativen Energien sei es an einigen Stellen noch ein weiter Weg. „Eine Umstellung auf Wasserstoff im Flug­verkehr ist vor 2030 nicht zu erwarten“, sagt der Klimaschützer. Und die Kompensationsangebote, die beispielsweise das Pflanzen eines Baumes pro Flug einfordern, würden nicht den Weg zur Klimaneutralität erreichen. „Die Emissionen werden ja weiter ausgestoßen“, so Rieger.

Reinbeker Klimaschutzkonzept besteht seit dem Jahr 2017

„Wir möchten beim Klimaschutz konkrete Zahlen auf den Tisch legen“, sagt Björn Warmer, Bürgermeister Reinbek
„Wir möchten beim Klimaschutz konkrete Zahlen auf den Tisch legen“, sagt Björn Warmer, Bürgermeister Reinbek © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Das Klimaschutzkonzept für Reinbek steht seit 2017, doch die Umsetzung geht der Sachsenwald-Initiative nicht schnell genug. „Uns läuft die Zeit davon“, warnt Rieger. Bis 2050 sei nicht mehr viel Zeit. „Wir möchten beim Klimaschutz konkrete Zahlen auf den Tisch legen“, erklärt indes Björn Warmer. Dem Bürgermeister geht es darum, auch die Effektivität verschiedener Maßnahmen ausweisen zu können. Was bedeute für den Reinbeker Klimaschutz beispielsweise konkret das Umrüsten der Straßenlaternen auf LED? Dies gilt es, mit Zahlen zu belegen, so Warmer. Daran schließen sich dann wieder die nächsten Schritte an.

Der Klimaschutzinitiative geht es um eine weite Auslegung des Konzepts. Sie fordert auch die konsequente Umstellung der gemeindeeigenen Liegenschaften auf erneuerbare Energien. „Wir müssen in einigen Punkten auch wirtschaftlich denken“, sagt Björn Warmer. Nicht jedes Gebäude eigne sich für eine Umrüstung mit Solarenergie.

Bürgermeister lobt Stadtradeln und neuen Fachbereich im Rathaus

Viel Potenzial sehen die Klimaschützer darin, wenn der regionale Stromversorger komplett auf erneuerbare Energien umsteige. „Wir wissen, dass mögliche Kostensteigerungen bei Unternehmen die Sorge vor dem Verlust von Kunden steigert, doch die Umstellung im benachbarten Geesthacht hat das nicht bestätigt“, weiß Rieger. Verwaltungschef Barmer hat da seine Bedenken. „Nicht für jeden Bürger ist eine Preissteigerung einfach zu stemmen“, sagt er.

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Weitere Chancen sehen die Klimaschützer im Dialog mit den regionalen Unternehmen. „Damit könnten 50 Prozent der Emissionen eingespart werden“, sagt Rieger. Er wünsche sich, eine Aufnahme der verpflichtenden Solarenergie in den Bauvorschriften: „In Hamburg wurde das gerade aufgenommen.“

Gemeinde und Verwaltung müssen in Sachen Klimaschutz ein Vorbild sein

Die Sachsenwald-Initiative registriert zwar das Engagement der Gemeinde, doch: „Verantwortung muss sich auch in Aktivität zeigen“, sagt Rieger. Dies vermisse er, Gemeinde und Verwaltung müssten dabei als Vorbild dienen.

Aus Sicht der Verwaltung passiere schon einiges. „Nehmen wir das Stadtradeln – durch den Einsatz unserer Klimaschutzmanagerin Estrella Piechulek hat die Aktion definitiv dazu beigetragen, dass wir uns dem Thema nun verstärkt widmen werden“, sagt Bürgermeister Björn Warmer, der zudem auf die veränderte Organisationsstruktur im Rathaus verweist, wo der Fachbereich Umwelt- und Klimaschutz, Innere Dienste 2021 neu und eigenverantwortlich hinzukommt.