Hamburg. Erste Ideen für den Sprung nach Neuallermöhe und Gutachten zum B-5-Anschluss. Am Mittleren Landweg müssen Wohnhäuser weg.

Der Zukunftsstadtteil Oberbillwerder scheint nun doch zu einem gemeinsamen Projekt der Hamburger IBA und des Bezirksamts Bergedorf zu werden. Gab es bisher die klare Trennung zwischen Binnenentwicklung (IBA) und äußerer Anbindung (Bezirk), schauten Donnerstag im Stadtentwicklungsausschuss beide Seiten über die imaginäre Grenze hinweg. Auslöser war der Beschluss der Bergedorfer Koalition aus SPD, Grünen und FDP, Oberbillwerder um fünf Prozent zu verkleinern, konkret nur gut 6500 statt 7000 Wohnungen zu bauen und das Areal von 124 Hektar auf 118 zu reduzieren.

„Das macht uns sehr viel Arbeit“, stöhnte Sabine de Buhr, städtebauliche Leiterin der IBA, die nun den Rand von Oberbillwerder zu den benachbarten Natur- und Landwirtschaftsflächen durchgängig um knapp 20 Meter zurückzieht. Die Folge: Es verschwinden rund 47 dort geplante Kleingartenparzellen, eine Kita verliert 700 Quadratmeter Außenfläche, ein Überschwemmungsareal für Starkregen muss verkleinert werden und nicht zuletzt braucht die Straßenanbindung zum Ladenbeker Furtweg eine komplett neue Planung.

Pläne der Stadtplaner zu Oberbillwerder werden konkreter

Genau dort, in Bergedorf-West, überschneiden sich aber die Kompetenzen von IBA und bezirklicher Stadtplanung. Im Bergedorfer Rathaus müssen Ideen entwickelt werden, wie die rund 15.000 künftigen Bewohner Oberbillwerders und die gut 4000 dort arbeitenden Menschen den Stadtteil erreichen. Das gilt auch für die Straße zum Mittleren Landweg und die zwei neuen Durchstiche des Bahndamms von Oberbillwerder nach Neuallermöhe-West samt der Entwicklung der heutigen Brachflächen südwestlich vom S-Bahnhof Allermöhe am Walter-Rudolphi-Weg und des wilden Pendler-Parkplatzes.

„Überall sind Planverfahren angelaufen. Aber wir stehen noch ganz am Anfang“, sagte Katrin Hilpert, die seit wenigen Monaten das Thema Oberbillwerder beim Bezirksamt verantwortet. Ihr Vortrag folgte im Ausschuss direkt auf den von Sabine de Buhr und ließ mit vielen bunten Zeichnungen erahnen, wie sehr Oberbillwerder auf seine Umgebung wirken wird, wie es mit Neuallermöhe zusammenwachsen soll oder welche Opfer für seine Straßenanbindungen gebracht werden müssen.

Mehrfamilienhäuser müssen weichen, acht Mietparteien umziehen

Beim Blick zum Mittleren Landweg, der vom Zukunftsstadtteil über eine neue Straße zu erreichen sein wird, stehen zwei Mehrfamilienhäuser im Weg, die der städtischen Saga gehören. „Sie werden abgerissen. Für die acht Mietparteien sucht die Saga bereits neue Wohnungen“, sagte Katrin Hilpert. Mitte des Jahres sollen die Umzüge erfolgen – rechtzeitig bevor die Trasse ab 2023 für das Anliefern der Sandmassen zum Aufhöhen der Oberbillwerder-Flächen benötigt wird.

Als sicher gilt bereits, dass der Mittlere Landweg später in Richtung Autobahn verbreitert werden muss, um die zusätzlichen Fahrzeuge aufnehmen zu können. Deutlich greifbarer erscheint dagegen das Zusammenwachsen Oberbillwerders mit den südlichen Nachbarn in Neuallermöhe-West – quasi als Sprung über die Eisenbahntrasse westlich der S-Bahn-Station.

Modernes Parkhaus anstelle der wilden Stellplätze auf Brachfläche

Für die gut 500 Meter lange und 50 Meter breite Brachfläche samt wildem Parkplatz stellte Tanja Jauernig vom Planungsbüro adept die mögliche Bebauung vor: Mehrere drei- bis fünfgeschossige Wohngebäude könnten für Lärmschutz sorgen, die Bahn 2000 Quadratmeter für ein wichtiges E-Werk bekommen und ein modernes Parkhaus mit Erdgeschossnutzung für Geschäfte nach dem Vorbild der ­Oberbillwerder Mobility-Hubs entstehen. „Dabei bleiben das kleine Erlenbruch-Wäldchen und die Schilffläche unberührt, die sich mittlerweile auf der seit Jahrzehnten ungenutzten Fläche als geschützte Biotope entwickelt haben“, so Jauernig.

Gleichzeitig stellte sie die Gestaltung der Bahn-Unterführungen vor. So soll es 300 Meter westlich vom S-Bahnhalt einen neuen Durchstich für Radfahrer und Fußgänger geben, der in Neuallermöhe auf einen Abenteuerspielplatz führt.

Neue Wünsche für Bahn-Unterführung: Braucht es einen Deal?

Die vorhandene Querung unter der Station selbst wird direkt auf Oberbillwerders Fußgängerzone führen und für Fußgänger, Radler und Linienbusse frei sein, nicht aber für Pkw. Der dritte Durchstich ist 500 Meter weiter östlich nahe des Felix-Jud-Rings geplant. Dort soll der Auto- und Lkw-Verkehr fließen.

Ob die Bahn die neuen Querungen genehmigen wird, ist offen. Auf Nachfrage des CDU-Verkehrsexperten Jörg Froh, wie das gewünschte E-Werk vielleicht als Druckmittel gegen Vorbehalte der Bahn genutzt werden könne, hieß es aus vom Bezirksamt: „Die beiden Themen zu verknüpfen, macht keinen Sinn. Sie liegen bei der Bahn in völlig unterschiedlichen Abteilungen.“ Der Wunsch nach neuen Unterführungen sei dort jedoch „wohlwollend“ zur Kenntnis genommen worden.

Info: Noch bis 31. Januar Ideen für „Active City“

Noch sieben Jahre, dann ziehen die ersten Bewohner nach Oberbillwerder – einen Stadtteil, den der Senat auch zum Modell für die „Active City“ machen will. Sport und Bewegung sollen wichtiges Thema im Stadtbild werden, mit Angeboten von Vereinen, aber auch Plätzen und Geräten, die spontan zum Sport einladen. Das können Holzplattformen für Yoga und Tai Chi sein oder ein Barfußpfad. Vielleicht aber auch eine Eislauffläche, die Erweiterung des geplanten Hallenbades um ein Freibad oder auch ein Bauspielplatz, passend zu den zahlreichen Baustellen im Stadtteil.

Ideen gibt es viele – und es sollen noch mehr folgen: Unter https://beteiligung.hamburg/oberbillwerderactivecity sammelt die IBA noch bis zum 31. Januar Vorschläge aller Art. (upb)