Bergedorf. Planungen für den neuen Stadtteil 20.000 Einwohnern werden konkreter. 2022 soll die Herrichtung der Flächen beginnen.

Dazu gehören die Erschließung, die Entwässerung und die Aufhöhung des einschließlich Anbindungen 164 Hektar großen Geländes. Wenig später soll auch die schrittweise Vermarktung der Flächen an Investoren und Baugemeinschaften anlaufen. Mit dem Start des Hochbaus rechnet die beauftragte Entwicklungsgesellschaft IBA Hamburg GmbH 2025, im Jahr 2027 könnten dann die ersten Bewohner in Oberbillwerder einziehen. Diesen Zeitplan stellte IBA-Geschäftsführerin Karen Pein am Mittwochabend den Fachpolitikern im Stadtentwicklungsausschuss vor, der in einem Hörsaal der HAW in Lohbrügge tagte. 2040 soll der neue Stadtteil fertiggestellt sein.

15 Jahre Hochbau-Phase

Im laufenden Bebauungsplanverfahren soll laut Karen Pein innerhalb des kommenden Jahres die Vorweggenehmigungsreife für das Mega-Projekt erreicht sein: „Erst wenn das geschafft ist, macht es Sinn, mit der Vermarktung zu beginnen.“ Die etwa 15-jährige Hochbautätigkeit soll über das vorab errichtete Wegenetz erfolgen, auf provisorische Baustraßen wird nach Möglichkeit komplett verzichtet.

Grobe Flächeneinteilung noch in diesem Jahr

Eine grobe Flächeneinteilung ist noch im Verlauf des Jahres 2020 vorgesehen. „Wir wollen dieses Jahr alles erkennen, was flächenrelevant ist“, so Pein. Dazu gehören alle größeren Module wie Schwimmbad, Hochschule, Schule, Kita, Mobilitäts-Knotenpunkte (Mobility Hubs), aber auch Freiräume. Zudem ist 2020 das Jahr der Gutachten: Energiegutachten, Verkehrsmengenprognose, Lärm- und Erschütterungsgutachten, Bodenfunktionsbewertung, Flora- und Fauna-Vorprüfung - all das ist in Arbeit.

Monatlicher Rapport im Ausschuss

Nach der Sommerpause will die IBA monatlich im Stadtentwicklungsausschuss berichten. Am 20. August geht es um erste Ergebnisse beim Mobilitätskonzept mit Mobility Hubs, am 17. September um Transportlogistik und Sandmanagement für den ersten Bauabschnitt, am 22. Oktober um die westliche Anbindung des Stadtteils zum Mittleren Landweg und die dafür erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen.

Ende Oktober öffentliche Plandiskussion

Für die zweite Oktoberhälfte ist laut Bezirksamtsleiter Arne Dornquast die nächste öffentliche Plandiskussion vorgesehen – sofern die gegenwärtigen Corona-Bestimmungen nicht über den 30. August hinaus verlängert werden. Vertreter des Bürgerbegehrens „Nein zu Oberbillwerder“ hatten zu Beginn der Sitzung am Mittwoch noch einmal die Zerstörung der Billwerder Kulturlandschaft durch das Projekt angeprangert.

Gegner verschaffen sich Gehör

Gegensätzlicher kann die Versammlung eines politischen Gremiums kaum verlaufen: Mitglieder der Bürgerinitiative „Nein zu Oberbillwerder“ hielten am Mittwoch vor dem Stadtentwicklungsausschuss flammende Reden für den Erhalt der Billwerder Kulturlandschaft, bevor die IBA ihren detaillierten Zeitplan vortrug. Die drei Kontra-Stimmen in Kürze:

Jan Diegelmann: „Laut Naturschutzgesetz dürfen Naturlandschaften und gewachsene Kulturlandschaften nicht durch Bauprojekte beeinträchtigt werden. Mit dem Oberbillwerder-Projekt wird die Bedeutung von Billwerder und Moorfleet sträflich missachtet. Der Billwerder Billdeich ist eine Perlenkette von Kulturdenkmalen, identitätsstiftend auch für Neuallermöhe und Bergedorf-West. Dreiviertel der früheren Elbinsellandschaft Billwerder wurde bereits in den vergangenen Jahrhunderten abgegeben an Billbrook und Rothenburgsort, für Gewerbe und Wohnbau. Wenn wir Oberbillwerder jetzt nicht verhindern, dann werden Sie danach auch südlich der Autobahn die Vier- und Marschlande weiter mit Baugebieten vernichten: erst in Ochsenwerder und dann immer weiter nach Osten, bis auch Altengamme den Spekulanten gehört.“

Sanne Klönne: „Der weltweit bedeutende weil weltweit bedrohte Wachtelkönig ist im Naturschutzgebiet Boberger Niederung noch zu Hause. Außerdem seltene Kiebitze, Entenarten, der Wanderfalke. Was wir in Billwerder brauchen, ist kein 105. Stadtteil, sondern das erste Dorf innerhalb der Grenzen der Hansestadt. Oberbillwerder würde die Boberger Dünen zum Stadtpark machen. Schon heute laufen dort Hunde ohne Leine herum, Leute machen Feuer oder fahren mit dem Motorrad zum Boberger See. Oberbillwerder würde auch den Klimafaktor Boberger Düne vernichten. Das Grundwasser dunstet dort durch den Sand, die Verdunstungskälte strahlt bis Bergedorf-West und Neuallermöhe. Mit Oberbillwerder wäre das zerstört.“

Prof. Dr. Willibald Weichert: „Hamburg zerstört Bergedorf und beutet es aus: Güterbahnhof Billwerder-Moorfleet, Bahnlinie, Autobahn. Vor diesen Bauprojekten war die Boberger Düne einmal 30 Meter hoch. Und während mit Oberbillwerder nun 7000 Wohnungen angeblich wegen Wohnungsnot entstehen sollen, stehen in Billwerder Häuser leer. Das passt nicht.“