Hamburg. Michael Kolle möchte ein eingelagertes Haus am Allermöher Deich wieder aufbauen lassen. Doch passt das Projekt in die Landschaft?
Auf einer Obstwiese neben der Alten Schule am Allermöher Deich 451 will Michael Kolle ein altes, eingelagertes Hufnerhaus wieder aufbauen lassen und dort auf 1000 Quadratmetern Wohnungen für Demenzkranke einrichten (wir berichteten). Doch bis zu einer Realisierung des Projekts können noch Jahre vergehen, fürchtet der Unternehmer. Denn bei dem Grundstück handelt es sich um eine Ausgleichsfläche für den benachbarten Hansehof Vierlanden, ein Gebäude, das Kolle vom Energieversorger E.on Hanse erwarb. Außerdem hat die Politik Bedenken, dass das Hufnerhaus dort überdimensioniert sei und deshalb nicht in die Landschaft passe.
Lenka Brodbeck (Grüne) hält das Aufstellen eines Bebauungsplans für notwendig. „Das Projekt ist ein fabelhaftes Vorhaben. Die Frage ist, ob es unbedingt an dieser Stelle realisiert werden muss“, sagt sie und fügt hinzu: „Findet Herr Kolle kein anderes Grundstück? Es sollten nicht immer wieder Naturschutz und soziale menschliche Bedürfnisse gegeneinander ausgespielt werden.“ Mit der jahrhundertealten Naturlandschaft sollte besonders achtsam umgegangen werden.
Altes Hufnerhaus wird umgebaut - Wohnungen für Demenzkranke
„Es wäre großartig, wenn es gelingt, das historische Gebäude wieder aufzubauen. Gerade auch die geplante Nutzung wäre ein Gewinn für die Vier- und Marschlande und den Bezirk Bergedorf“, sagt Stephan Meyns, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion in der Bergedorfer Bezirksversammlung, und ergänzt: „Natürlich müssen dabei die rechtlichen Rahmen eingehalten werden. Belange des Umwelt- und Naturschutzes stehen hier besonders im Fokus. Eigentümer, Politik und Verwaltung sind gefordert, gemeinsam Lösungen zu finden, wie dieses wichtige Projekt realisiert werden kann. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen wird.“
Heinz Jarchow von der SPD betont, dass man sich Kolles Bauvorhaben „planungsrechtlich genau ansehen“ müsse. Die Frage sei, ob Paragraph 34 des Baugesetzbuchs (Nachbarbebauung) greife, also eine Baulücke am Straßenrand geschlossen werde. Jarchow: „Wie groß sind die Lücken dort?“ Das Hufnerhaus sei groß und rage womöglich aus der Paragraph-34-Fläche hinaus und erstrecke sich auf eine Paragraph-35-Fläche, fürchtet der Sozialdemokrat. „In einem Außenbereich dürfen laut Paragraph 35 in der Regel nur bestimmte Betriebe bauen – Landwirte, Gartenbauer und Windkrafterzeuger.“ Diese Regelungen gelte es nicht zu umgehen, „schließlich wollen wir große Freiflächen im Landgebiet haben. Das sollten wir im Blick behalten“.
Kolle kann Bedenken der Politiker nur schwer nachvollziehen
Vielmehr sei es der erklärte politische Wille, sich auf die Entwicklung der Ortskerne zu konzentrieren, betont Jarchow. „Aber dort ist kein Ortskern und wir wollen die Entwicklung dort nicht zu sehr ausdehnen.“ Deshalb sei in diesem Fall ein B-Planverfahren, in dem auch naturschutzrechtliche Belange geprüft werden, vermutlich sinnvoll. In jedem Fall würden von Kolle mehr Details benötigt. „Es muss ein Konzept her, um dieses auch mit der Verwaltung im Detail besprechen zu können.“
Kolle kann die Bedenken der Politiker nur schwer nachvollziehen: „Der Flächenausgleich kann verlagert werden, das ist ja nicht unüblich.“ Auch die Forderung nach einem B-Plan sei aus seiner Sicht unbegründet: „Den macht man, wenn befürchtet wird, dass keine Struktur da ist und das Flächen unkontrolliert entwickelt werden.“ In einem B-Plan sei auch exakt festgeschrieben, „was da hinkommt“. Doch wenn es Probleme mit der Finanzierung gebe, „hänge ich in der Bauverpflichtung fest“.
B-Plan bedeutet großen Aufwand und weitere Gutachten
Auch eine Weiterentwicklung der Fläche sei ihm gar nicht möglich, da die Flächen neben der Obstwiese, auf der das Haus entstehen soll, anderen Eigentümern gehörten und bereits entwickelt seien. „Warum soll für eine Wiese ein B-Plan erstellt werden?“ Für ihn handle es sich um das Schließen einer Baulücke nach Paragraph 34. Abschließend geklärt sei das aber eben noch nicht, räumt Kolle ein: „Für alle anderen Flächen hier ist der Status geregelt, nur für die Wiese nicht.“
Ein B-Plan bedeute großen weiteren Aufwand und weitere Gutachten. „Wird er verlangt, dürfte das die Planungsphase um zwei Jahre verlängern“, so Kolle. Zudem trage der Bauherr die Kosten, „weit mehr als 100.000 Euro“, sagt der Unternehmer. Er habe im Herbst eine Bauvoranfrage bei der Verwaltung gestellt, bisher liege noch keine Antwort vor. Man sei im Gespräch.
Geld zum Großteil bei Stiftungen einwerben
„Wenn es auf einen B-Plan hinausläuft, werde ich das Projekt an dieser Stelle nicht realisieren.“ Andernorts sehe er im Moment keine Möglichkeit: „Das Denkmalschutzamt sucht bereits seit zehn Jahren vergeblich einen neuen Standort für das alte Hufnerhaus. Die haben mir ja vorgeschlagen, es neben der Alten Schule wieder aufzubauen.“
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Sollte das Haus wieder auf- und für die Betreuung von Dementen entsprechend umgebaut werden, würde das „vier bis fünf Millionen Euro kosten“, sagt Kolle. Das Geld wolle er zum Großteil bei Stiftungen einwerben, die sich dem Erhalt historischer Gebäude verschrieben haben. Zudem will er einen Träger für den Betrieb suchen. „Ich bringe schon die Grundstücksfläche mit. Die Baufinanzierung kann ich nur zum Teil leisten.“ Kolle wundert sich, dass die Planung nicht vorankommt: „So ein Haus sozial zu nutzen, wäre doch ein super Konzept für Bergedorf.“
Hospiz soll in der Alten Schule entstehen
Das Hospiz, das der Unternehmer in der Alten Schule einrichten will, sei von der Hufnerhaus-Planung nicht betroffen, betont Kolle. Die Einrichtung solle in jedem Fall in dem denkmalgeschützten Gebäude realisiert werden. „Die Projekte betrachte ich unabhängig voneinander.“ Er sei noch auf der Suche nach einem Träger, führe „Gespräche mit diversen Einrichtungen“. Durch Corona würde alles verlangsamt. Potenzielle Träger müssten auch prüfen, ob in Bergedorf weiterhin Bedarf an einem Hospiz besteht.