Themen: Was bleibt von Scholz in den Geschichtsbüchern? +++ Neue Abrissverordnung +++ Ernst Deutsch Theater feiert Uraufführung

Miserables Leistungsbild

7./8. September: „Hamburger KRITIken: Langsam sollte Scholz an seine Bilanz denken. Wenig spricht derzeit für eine Verlängerung im Kanzleramt. Was bleibt dann von ihm in den Geschichtsbüchern?“

Diese Bilanz wird sich auf dem letzten Viertel der Legislatur wohl kaum noch in eine Erfolgsstory verwandeln: Führung wurde versprochen, aber nicht geliefert. Vor allem dann nicht, wenn diese unerlässlich war, um das unausgereifte Vorpreschen einiger Kabinettsmitglieder zu stoppen und so die Volksseele zu beruhigen. Scholz‘ Phobie, Regierungsentscheidungen und Vorhaben den Wählerinnen und Wählern vernünftig zu erklären, hat die Distanz zur Regierung immer weiter vergrößert. Dennoch ist für das miserable Leistungsbild der Ampel nicht nur der Kanzler allein verantwortlich. Zum einen ist es das inzwischen irreparable Verhältnis der drei Regierungsparteien untereinander, zum anderen ist es die ehemalige Volkspartei SPD, der es nicht gelingt, die notwendige Balance zwischen den Zielen der ehemaligen, traditionsbeladenen Arbeiterpartei und den heutigen Anforderungen einer der weltgrößten Wirtschaftsnationen zu finden. Mit dieser innerparteilichen Zerrissenheit fehlt dem noch amtierenden Kanzler jeder politische Rückhalt „seiner“ Partei. Was soll man von einem SPD-Fraktionschef halten, der den vom Kanzler unterstützten Nato-Beschluss zur Stationierung von nicht atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen öffentlich kritisiert? Was soll man vom derzeitigen SPD-Generalsekretär halten, der den Kanzler, gleichfalls öffentlich, zu einer „anderen Körperhaltung“ auffordert? Fazit: Nichts spricht für eine Verlängerung der Amtszeit des derzeitigen Bundeskanzlers, wahrscheinlicher ist dagegen ein vorzeitiges Scheitern der Ampel.

Michael Deil, Bargteheide

Beharrlich wie Kohl

Herr Iken vergisst in seinem Beitrag einige wichtige Aspekte. So wurde Herr Scholz nach den Krawallen beim G20-Gipfel in Hamburg, den er als damaliger Bürgermeister zu verantworten hatte, von der Presse schon totgesagt. Auch nach der Niederlage zum SPD-Vorsitz gegen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wurde die politische Karriere von Herrn Scholz als beendet erklärt. Herr Scholz besitzt eine Beharrlichkeit wie nur Helmut Kohl und Angelika Merkel. Das unterschätzt Herr Iken in seiner Beurteilung. Zudem ist zu bedenken: Wer soll Deutschland im Ausland, z. B. bei einem G20-Gipfel verantwortungsvoll vertreten? Frau Weidel, Frau Wagenknecht oder Herr Habeck?

Hubertus Heintze

Scholz fehlt Charisma

Zum Kommentar von Matthias Iken habe ich das dringende Bedürfnis ein paar Gedanken loszuwerden. Olaf Scholz ist ein wissender Politiker, der sich in vielen Sachthemen auskennt. Wenn man sich seine Diskussionsbeiträge in Bürgerdialogen anhört, kann man ihm gut beipflichten. Er weiß, worüber er redet. Aber Herrn Scholz fehlt Charisma und seine überhöhte Selbsteinschätzung nervt. Und das sollten die Genossinnen und Genossen in der oberen Etage der SPD auch politisch berücksichtigen. SPD-Politik und Regierungspolitik sind zweierlei, und deshalb ist die Solidarität in der zurzeit ausgeführten Variante fehl am Platz. Die SPD-Vorsitzenden sollten die Parteimeinung, wenn es sie denn gibt, vertreten und nicht die Kompromisse der Regierung und das Kommunikationsverhalten von Olaf Scholz schönreden. In jeder größeren Firma würde man seinen Repräsentanten, der beim Kunden (Wähler) nicht ankommt, intensiv raten, sein Verhalten zu verändern. Es nützt nichts, Wörter wie Bazooka, Wumms und Zeitenwende zu benutzen, das passt alles nicht zum Typ Scholz. Mir wäre der Originaltyp „Scholzomat“ lieber, als diese häufig im falschen Moment grinsende Kanzlerfigur. Ich wünsche mir eine SPD, die es mit der Kanzlersolidarität nicht übertreibt. Es wäre Zeit, jetzt zu handeln und die Vertrauensfrage in der SPD und danach dem Parlament zu stellen. Dann dürfte das Thema „Kanzler Scholz“ vorbei sein. Und die SPD hätte wieder eine Chance. Leider sind die Führungsfiguren in den Konkurrenzparteien auch nicht empfehlenswert.

Olaf Reinbender

Merkels Nachlass

Die hinterlassenen Versäumnisse/Fehlentwicklungen der Vorgängerregierung sollten berücksichtigt werden. So lähmt uns die hinterlassene Bürokratie mit versäumter Digitalisierung, der unzureichenden Lehrerausbildung, maroden Schulen, der kaputt gesparten Bahn. Dazu kommen vernachlässigte Straßen, der Sanierungsstau der Brücken, der Verkauf sämtlicher Erdgaslager an Gazprom und die Versäumnisse im Bereich Klimaschutz. Auch unvergessen ist der mit von Guttenberg (CDU) begonnene Rückbau der Bundeswehr oder auch die von Spahn (CDU) versäumte dringende Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Der bisher weitgehend ungeregelte Zustrom von Migranten, die Prüfung des Bleiberechts, Sprachförderung, Prüfung/Bewertung von Qualifikationen, Eingliederung in den Arbeitsmarkt wie auch die Rückführung straffällig gewordener oder Menschen ohne Bleiberecht gehören zur unvollständig erwähnten Hinterlassenschaft der Merkel-Regierung.

Heinz-Jürgen Pape

Klimaschädlicher Abriss

7./8. September: „Macht neue Verordnung den Abriss möglich? Siedlung in Bahrenfeld mit 162 Wohnungen soll durch Neubauten ersetzt werden. Die Linke kritisiert das Vorgehen“

Dass sich sogar Grünenpolitiker für die Umstrukturierungsverordnung einsetzen, um den Abriss von Wohnungen in der Wohnanlage Luthergrund zu ermöglichen, ist nicht nachvollziehbar. Kein Wort zum Thema Umwelt-, Klimaschutz und der Erderwärmung. Die Erderwärmung führt Krieg gegen die gesamte Menschheit. Sie ist nicht verhandelbar. Wir müssen jetzt die CO₂-Emissionen reduzieren. Dazu gehört auch, die „Graue Energie“ so gering wie möglich zu halten. Sie ist die Summe der Energie, die benötigt wird, um ein Gebäude zu errichten und wieder abzureißen. Gerade die Betonherstellung mit einem hohen Anteil an Zement ist energieintensiv.  Ein Beispiel ist das Deutschlandhaus am Gänsemarkt. Es wurde abgerissen und fast originalgetreu wieder aufgebaut. Ein Irrsinn! Hunderttausende Tonnen CO₂ wurden dafür emittiert. Es ist kein Hexenwerk, wenn Backsteingebäude auch bei weiterer Nutzung der Wohnungen energetisch saniert werden. Sogar der Ausbau von Dachböden ist möglich, um neuen, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Das ist auch in der Wohnanlage Luthergrund möglich. Aber die SUVs und die Schottergärten sind seitens der Politik große Themen. Was hinterlassen wir unseren Kindern für einen Planeten? Diese Frage sollten wir uns alle mal stellen und nicht gleich die Abrissbirne ins Spiel bringen.

Peter Kurland, Neu Wulmstorf

Ein großer Theaterabend

7./8. September: „Mit ,Hells Bells‘ gegen die Götter. Ernst Deutsch Theater feiert mit Uraufführung von ,Odyssee oder das Kalypsotief‘ Saisonstart. Auftakt einer Trilogie“

Der Kulturredaktion ein großes Dankeschön für die lesenswerte Kritik zur Uraufführung. Der Artikel unterstützt das Einordnen, hat mich angeregt, sich Homer detailliert in Erinnerung zu rufen. Schule ist lange her. 
Die aktuellen, weltpolitischen Bezüge, die Autor Daniel Schütter wunderbar ins Stück eingewoben hat, führen von der Antike ins Jahr 2024. Ich teile das Erwähnen der großartigen leidenschaftlichen Spielfreude des gesamten Ensembles. Eine große Leistung aller. Nicht nur nach der Premiere, sondern auch nach dem Lesen der Theaterkritik bin ich wissender. Ein großer Theaterabend im Ernst-Deutsch-Theater.

Rainer Neumann, Hamburg

Ich bin erschüttert

4. September: „Größter Überschuss der Geschichte: Hamburg macht Milliarden-Gewinn. Finanzsenator Andreas Dressel stellt Jahresergebnis 2023 vor. Wie das große Plus zu erklären ist“

Wenn ich daran denke, dass ein Kinderkrankenhaus in Hamburg für Personal und Geräte die Bevölkerung um eine Zwei-Millionen-Spende aufrufen muss, bin ich erschüttert. Diese Stadt hat durch eine Beteiligung bei Hapag-Lloyd eine Dividende von 1,5 Milliarden eingenommen, aber ist nicht in der Lage, dem Kinderkrankenhaus mit zwei Millionen aus der Patsche zu helfen, oder sie wollen es einfach nicht. In was für einem Sozialstaat leben wir eigentlich? Da muss den Verantwortlichen des Krankenhauses das Grinsen des Finanzsenators im Abendblatt richtig zynisch vorkommen.

Fred Mordhorst

Schreiben Sie uns gerne an briefe@abendblatt.de oder per Post an das Hamburger Abendblatt, 20445 Hamburg. Von den vielen Leserbriefen, die uns erreichen, können wir nur einen kleinen Teil veröffentlichen. Teilweise müssen wir kürzen, um möglichst viele Meinungen zu veröffentlichen. Mit Ihrer Einsendung erlauben Sie uns, alle Inhalte und Ihre Kontaktdaten an die zuständigen Redakteurinnen/Redakteure und/oder an externe Autorinnen/Autoren weiterzuleiten. Sollte eine Weiterleitung Ihrer Kontaktdaten und ein Dialog mit uns nicht gewünscht sein, bitten wir um Mitteilung. Einsendungen werden sowohl in der gedruckten Ausgabe sowie den digitalen Medien vom Abendblatt veröffentlicht und geben ausschließlich die Meinung der Einsender wieder. Veröffentlichte Leserbriefe finden Sie auch auf abendblatt.de/leserbriefe.