Hamburg. Erst gefeiert, dann gehasst: Wie der „Tagesschau“-Journalist wegen seiner Islam-Bücher zum Ziel linker Aktivisten wurde.
Constantin Schreiber war ein gefeierter Journalist: Es gibt wenige Deutsche, die die islamische Welt so gut kennen wie er: Er lebte in Syrien, in Ägypten, dem Libanon und Dubai, er spricht fließend Arabisch und wurde für seine Moderation der deutsch-arabischen n-tv-Sendung „Marhaba – Ankommen in Deutschland“ 2016 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet, dem Oscar der Fernsehbranche. Der Hamburger hätte ein gefeierter Journalist bleiben können.
Wer kritisch über den Islam schreibt, macht sich unbeliebt
Aber es soll Journalisten geben, denen Recherche und das Offenlegen von Problemen noch etwas wichtiger sind als Likes bei Facebook und Schultergeklopfe unter Kollegen: 2017 veröffentlichte er sein Buch „Inside Islam – Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird“ sowie den „Moscheereport“ auf tagesschau24. Er besuchte rund 20 Moscheen in Deutschland und übersetzte die Freitagspredigten. Das Ergebnis war alarmierend – dort wurde nicht zum Heiligen Krieg aufgerufen, aber vor Deutschland, dem westlichen Lebensstil und vor Integration gewarnt. Das Buch wurde ein Bestseller und machte ihn in linken Kreisen verdächtig. Die Nachfolgerecherche „Kinder des Koran“ machte ihn noch verdächtiger.
Als der Hamburger Tagesschau-Moderator dann auch noch die Dystopie „Die Kandidatin“ veröffentlichte, die zeigt, wohin die Identitätspolitik führen kann, hatte er seinen Stempel weg. Abgestempelt als Rechter.
Immer mehr Haltungsjournalisten ersetzen Journalismus
Die Süddeutsche Zeitung nannte den Roman in einer hasserfüllten Rezension ein „reaktionäres Manifest“ und „ein rechtspopulistisches Pamphlet“, ein NDR-Kollege titulierte das Buch in der „taz“ als „ein politisches Hasspamphlet, das Angst vor Migranten schürt“. Die Journalistin einer großen Zeitschrift kippte eine große Geschichte nach der Lektüre nicht nur aus dem Blatt, sondern beschimpfte den Autoren noch.
Man darf in Deutschland alles sagen und schreiben. Wenn es aber der wachsenden Schar von Haltungsjournalisten und Aktivisten nicht gefällt, muss man mit den Konsequenzen leben: Bestenfalls wird man geschnitten, schlimmstenfalls mundtot gemacht.
Constantin Schreiber will fortan nicht mehr über den Islam sprechen oder schreiben
Nun hat Schreiber reagiert. Er hat resigniert. Der „Zeit“ verriet er, dass er sich „zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr äußern wird“. Auslöser war ein tätlicher Angriff in der Universität Jena, den die „Undogmatische Radikale Linke“ (sic!) danach noch stolz postete. Die Hochschulen, eigentlich der Ort des Diskurses, werden mehr und mehr zum Hort der ideologischen Gegenaufklärung.
Jena ist kein Einzelfall, missliebige Positionen werden niedergeschrien, herausgedrängt, „gecancelt“: In Berlin hatte die Hochschulleitung einen Vortrag der Biologin Marie-Luise Vollbrecht abgesagt, in dem diese über Zweigeschlechtlichkeit referieren wollte. Die wissenschaftliche These passte nicht in den Kampf für Transmenschen. In Erlangen lud die Leitung den anerkannten Historiker Egon Flaig aus, weil er angemerkt hatte, dass der Sklavenhandel nicht nur weiße, sondern auch schwarze Täter hatte – und weiße Opfer. Wer einmal in Nordfriesland die sprechenden Grabsteine gelesen hat, kennt ihre Schicksale. Aber es passt manchen nicht in den Kampf gegen Kolonialismus.
In den Universitäten breitet sich die Gegenaufklärung aus
Seit Langem Ziel von Attacken ist die Ethnologin und Islamforscherin Prof. Susanne Schröter aus Frankfurt am Main. Seit sie 2019 eine Tagung über das Kopftuch organisiert hatte, gilt sie bei Aktivisten als Rassistin und Islamhasserin. Studenten ihrer Universität forderten die Absetzung der Professorin. Emotionen ersetzen Fakten, Haltung ersetzt Hirn, Wokeness die Suche nach der Wahrheit - zu viele haben zu allem eine Meinung, aber leider von nichts eine Ahnung.
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Man weiß gar nicht, was schlimmer ist: Diese sich häufenden Attacken gegen die Meinungs-, Gedanken- und Lehrfreiheit. Oder das dröhnende Schweigen der Mehrheit. Auch den bestürzenden Rückzug Schreibers in die journalistische Emigration verhallte eher, als Deutschland aufzurütteln. Wo waren da eigentlich die Journalismusfunktionäre, die sonst jede Pöbelattacke eines Besoffenen zum Angriff auf die Pressefreiheit hochjazzen? Sie schwiegen still. Oder traf es mit Schreiber einen vermeintlich Rechten zu Recht?
Das neue Buch des Hamburgers Constantin Schreiber heißt übrigens: „Glück im Unglück. Wie ich trotz schlechter Nachrichten optimistisch bleibe.“ Ist das nicht schön? Oder ist es Huxleys „Schöne neue Welt“?