Hamburg. Gero von Tuttlewski vertritt die Bewohner der Siedlung Hamburg Bau ´78 in Poppenbüttel. Die wollen sich nun wehren.
Nachdem die Siedlung „Hamburg Bau ´78“ in Poppenbüttel kürzlich klammheimlich unter Denkmalschutz gestellt wurde, regt sich bei den Eigentümern der 221 Häuser reichlich Unmut. Die Eigentümer wurden vor vollendete Tatsachen gestellt und lediglich mit einem Brief darüber informiert. Die Siedlung war Ende der 1970er-Jahre als Bauausstellung konzipiert worden.
Rechtlich sei das nicht zu beanstanden, sagt Gero Tuttlewski, Hamburger Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner der Kanzlei Klemm & Partner mbB, doch es wäre auch nicht verboten gewesen, die Betroffenen vorab zu informieren. Man hätte auch zuvor einen Informationsabend anbieten können, findet er. Das Denkmalschutzamt habe in den Jahren 2021 und 2022 die Denkmalwürdigkeit geprüft, da sei dafür genug Zeit dafür gewesen. Nun hätten die Eigentümer nur noch die Möglichkeit, diese Streitfrage vor dem Verwaltungsgericht klären zu lassen.
„Wir kommen nämlich zu einem abweichenden Ergebnis. Mir stellt sich die Frage, ob man wirklich das ganze Gebiet unter Schutz stellen muss, um an einen modellhaften Wohnungsausstellungsbau zu erinnern oder ob es nicht ausgereicht hätte, das mit einigen gut erhaltenen Häusern zu tun.“
221 Häuser von 85 Ausstellern wurden errichtet
Die „Hamburg Bau ’78“ in Poppenbüttel wurde 1978 als Bauausstellung konzipiert, angeboten wurden 221 Häuser von 85 Ausstellern, darunter unterschiedliche Haustypen wie Gartenhofbungalows, Einzelhäuser, Stadthäuser und Kettenhäuser, die als zweigeschossige Wohnbauten mit je einem eingeschossigen Nebengebäude verbunden sind. Der Denkmalschutz erstreckt sich nun auf die gesamte Siedlung, ihre Wegeführungen, Platzgestaltungen und bauzeitlichen Wohnbauten sowie die Kunst im öffentlichen Raum.
Seine Kanzlei vertrete mehrere Eigentümer in dieser Sache, so Tuttlewski. „Wir werden erst mal mit dem Denkmalschutz sprechen und die Argumente austauschen“. Der Anwalt sagt, der Denkmalschutz bringe für die Eigentümer dadurch Einschränkungen, dass sie verpflichtet seien, ihre Immobilie dauerhaft zu erhalten und Änderungen genehmigen zu lassen.
„Ich bin überzeugt, dass die Behörde in den ersten Jahren noch eher locker sein wird bei den Genehmigungen, um sich die Eigentümer gewogen zu halten und damit die Leute nicht auf die Barrikaden gehen. Aber diesen ,Welpenschutz’ genießt ein Ensemble meist nur am Anfang“, so der Fachanwalt. Der Denkmalschutz schließe in der Hamburg Bau ‘78 sowohl die Fassaden, Fenster und Türen, Dächer und Einfriedungen ein.
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Maklerin erwartet hohe Wertverluste für sanierungsbedürftige Häuser
„Wer einen Grundriss ändern möchte oder ein neues Bad einbauen, braucht dafür eine Genehmigung.“ Diese zu beantragen koste Gebühren und häufig würden vom Denkmalschutzamt Bauvorlagen nachverlangt, die ein Eigentümer dann erst mal für viel Geld erstellen lassen müsse. Eine Maklerin hatte den Wertverlust der häufig sanierungsbedürftigen Häuser durch den Denkmalschutz mit bis zu 30 Prozent beziffert.
„Ich bin kein Gegner von Denkmalschutz“, versichert Tuttlewski, „er erfüllt eine wichtige Aufgabe, aber die Frage in diesem Fall ist, ob man wirklich 221 Häuser mit in die Zukunft nehmen muss.“ Zur Frage der Erhaltenswürdigkeit sagte er weiter: „Man muss nicht jedes Tier auf die Arche Noah mitnehmen.“
CDU spricht von „Schildbürgerstreich“
Unterstützung bekommen die Siedlungsbewohner auch von der CDU-Fraktion, die am 15. Februar einen Antrag in die Bürgerschaft einbringen will. „Es ist völlig unverständlich, dass SPD und Grüne mit dem Denkmalschutzamt praktisch über Nacht mehrere hundert Häuser unter Denkmalschutz gesetzt haben. Das kommt einer Teilenteignung gleich, da die Häuser mit dieser Entscheidung zum Teil massiv an Wert verlieren“, sagt Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion.
Dass so etwas auch noch ohne Einbeziehung der Betroffenen erfolge, sei ein echter Skandal. „So kann und darf man nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern umgehen. Wir fordern Seite an Seite mit den Betroffenen eine Revision dieser Entscheidung. Wir sind fassungslos über diesen Vorgang. Daher fordern wir den Senat in einem Bürgerschaftsantrag auf, diese Einstufung umgehend rückgängig zu machen. Dieser Schildbürgerstreich muss umgehend beendet werden.“