Hamburg. Anderswo sind auch Obstbäume im öffentlichen Raum gefragt. Hamburg dagegen plant keine Offensive und führt mehrere Gründe an.
Am Anfang der aktuellen Baumdebatte stand die sterbende Rosskastanie. Die 6000 Bäume dieser Art, die Hamburg noch hat, sind laut Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) todgeweiht.
Der Grund: Pilzbefall. Es folgte der Expertenvorschlag durch Peter Locks vom Pomologen-Verein: Die Stadt möge doch als Ersatz die ebenso repräsentative, aber viel robustere Esskastanie (Castanea sativa) pflanzen, damit das Kindervergnügen am Sammeln erhalten bleibt. Rösten und essen statt basteln, sozusagen. Doch jetzt erhält diese Idee einen klaren Dämpfer.
Hamburger Senat nennt Nachteile der Esskastanie
Die Stadt will ihren Bestand von derzeit 98 Esskastanien an den Straßen bis auf Weiteres nicht erhöhen, antwortete der Senat auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe. „Seit 2020 befindet sich die Baumart Castanea sativa im Hamburger Straßenbaummonitoring und wird hinsichtlich ihrer Eignung als Straßenbaum beobachtet und regelmäßig biologisch bonitiert. Daher kann in einigen Jahren eine vertiefte Aussage zur Eignung in Hamburg getroffen werden.“
Den Vorteilen der Esskastanie stünden, so viel konnte der Senat jetzt schon ermitteln, auch „einige einschränkende Faktoren“ gegenüber. Da wäre etwa die breite Krone, die für die Straße häufig zu raumgreifend sei. Ferner vertrage sich der „typische, niedrige Kronenansatz mit der Dominanz des unteren Kronengerüsts nicht gut mit dem an der Straße oft erforderlichen Lichtraumprofil“. Sprich: Die niedrige Krone mache es im öffentlichen Raum besonders dunkel.
Esskastanie: Fruchtfall kann Verkehrssicherheit beeinträchtigen
Will man das nicht hinnehmen, muss der Baum vor allem im unteren Bereich entastet werden, was ihn laut Senat schwäche. Außerdem könne auch die Esskastanie erkranken. Ferner könne der Fruchtfall zu Problemen für die Verkehrssicherheit führen.
Auch der menschliche Umgang mit der Esskastanie spreche in gewisser Weise gegen den Baum. „Um an die Früchte zu gelangen, wurden Bäume beschädigt und auch ganze Äste ausgebrochen“, berichtet der Senat unter Rekurs auf seine ersten Erfahrungen mit Esskastanienpflanzungen an „geeigneten Standorten“. Ein weiterer Mangel sei der „intensive Geruch der Pollen, der häufig als unangenehm wahrgenommen“ werde.
Früchte pflücken in Hamburg nur im Einzelfall erlaubt
Letztlich wirft laut Senat auch die bestehende Rechtslage ein Problem auf: Die „Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen“ lasse es nicht zu, die im öffentlichen Eigentum befindlichen Früchte zu pflücken (§1, Ziffer 3, Satz 3) und anschließend zu verzehren. Ausnahmen von diesem Verbot könne die Behörde nur „im Einzelfall“ zulassen. Das Mitnehmen von Fallobst allerdings sei erlaubt.
Lesen Sie auch:
- Warum in Hamburg alle Kastanienbäume sterben werden
- Hamburg forstet auf: 70.000 neue Bäume für den Klövensteen
- Warum 155 Pappeln aus dem Uferpark verschwinden
Die Unzulässigkeit tätiger Fruchternte in städtischen Gefilden lässt den Senat folgerichtig gegen ein flächendeckendes Konzept der „essbaren Stadt“ plädieren. Was laut Senat seit 2009 in der Stadt Andernach entwickelt und von vielen anderen übernommen wurde, nämlich essbare Pflanzen zu setzen und den Gebrauch der Nahrungsmittel zuzulassen, werde in Hamburg nur in Einzelfällen praktiziert und „geduldet“.
Senat nennt auch Rutschgefahr auf Straße als Nachteil
Früchte tragende Bäume im öffentlichen Raum haben auch laut Senat Vorteile, weil sie „Nahrungsquelle für die Tierwelt“ und für den Menschen „umweltpädagogisch“ von Nutzen seien. Doch würden Obstbäume auch Wespen anlocken und mithin Kinder gefährden. Des Weiteren könnten sie Krankheiten übertragen, wenn etwa Hundekot oder Urin an die Früchte gelangten. Auf den Straßen gar provozierten Früchte Verschmutzungen und Rutschgefahr.
Kappe wollte sich davon „nicht erschrecken“ lassen. Aus seiner Sicht betont der Senat die negativen Aspekte zu stark und verschanzt sich hinter Bedenkenträgern.