Hamburg. 6000 Hamburger Rosskastanien sind dem Tode geweiht. Experten empfehlen Ersatzpflanzungen, die viele Vorteile mit sich brächten.
Es gilt als ausgemacht unter Experten, dass die noch verbliebenen rund 6000 Kastanien an Hamburgs Straßen alle sterben werden. Ein Pilz schwächt die prächtigen Rosskastanien, befällt ihre Rinde und zerstört die Versorgungsadern. Die schnelle Ausbreitung lässt die Forschung vermuten, dass sich die Krankheit durch die Luft und den Niederschlag überträgt. Bis jetzt ist kein Kraut dagegen gewachsen.
Doch es gibt eine Perspektive, die das große Sterben vielleicht sogar mehr als kompensieren könnte: Die massenhafte Pflanzung von Esskastanien (Maronen). Experten vom Pomologen-Verein e.V., der sich für die Erhaltung und Schaffung von Obstbaumkulturen einsetzt, verweisen auf die hohe Attraktivität des Baumes gerade auch für Kinder sowie die Widerstandsfähigkeit der sogenannten Esskastanie.
Esskastanien sind gut für Kinder und Bienen
Ihre Früchte ähneln optisch denen der Rosskastanie, würden dann aber von den Kindern nicht mehr zum Basteln, sondern zum Rösten und Essen gesammelt. „Das offensichtlich nicht abwendbare Sterben von mehreren tausend Rosskastanien in Hamburg erfordert Ersatzpflanzungen, die das künftige Hamburg prägen werden“, sagt Peter Lock vom Pomologen-Verein. „Esskastanien wären ein Beitrag zu einer enkeltauglichen, grüneren und womöglich auch essbaren städtischen Lebenswelt.“
Die sehr späte voluminöse, lange anhaltende Blüte mache die Edelkastanie (Castanea sativa) zu ausgezeichneten Bienenweiden im zeitlichen Anschluss an Frühjahrsblüher. Stadtimker könnten den Honig ernten. Angesichts der agrarindustriell bedingten Verödung ländlicher Räume werde die Stadt immer wichtiger für die Biodiversität. Die robuste Esskastanie könne da helfen.
Esskastanie doch auch für den Norden geeignet
Lock verwies auf eine umfassende Studie der Bayerischen Landesforschungsanstalt zu den Lebensbedingungen der Bäume im Deutschland des Klimawandels. Sie bescheinige der Esskastanie mit ihrer Pfahlwurzel eine hohe Resistenz insbesondere gegen Trockenheit und sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten gerade im Hamburger Klima.
Der repräsentative Baum der Fürsten findet sich derzeit vor allem in den wärmeren Weinanbaugebieten Deutschlands in der Pfalz. Dort wurden die Stecken der Esskastanie zum Hochbinden der Weinreben gebraucht. Fast so flexibel wie Nussbaum, aber schnellwachsend und darum viel leichter zu haben. Auch die Weinfässer wurden aus Esskastanie gebaut.
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Die Häufigkeit der Esskastanie in wärmeren Gefilden Deutschlands schürte die Gerüchte, der einst aus dem Orient nach Europa gebrachte Baum brauche die Wärme der Weinstraße und sei für den Norden ungeeignet. Dem widersprach die bayerische Studie ausdrücklich.
Esskastanien schon in zwei Bezirken gepflanzt
Der Pilz, der derzeit die Rosskastanie tötet, befällt die Esskastanie nicht. Das liegt daran, dass die scheinbare Ähnlichkeit der beiden Kastanien-Bäume von der optischen Ähnlichkeit ihrer Früchte herrührt und eher sprachlicher Natur ist. Biologisch gehören sie zu gänzlich unterschiedlichen Arten.
Im letzten Jahr wurden bereits erste Esskastanien in Wandsbek und Eimsbüttel gepflanzt. „Es sollten viele folgen“, sagte Lock.