Hamburg. Die Aktion am Neuen Kamp hat die Polizei zügig beendet. In Altona-Nord dagegen wird noch protestiert. Die Baufirma ist schon angerückt.
An zwei Orten in Hamburg haben Aktivisten am Donnerstagmorgen gegen Neubauprojekte und die damit verbundenen Baumfällungen protestiert. Während die Polizei die Aktion am Neuen Kamp, wo das umstrittene "Paulihaus" entstehen soll, recht zügig beendet hat, soll am Alsenplatz in Altona-Nord noch bis zum Abend gegen den Haspa-Neubau demonstriert werden.
In den frühen Morgenstunden sind zwei Aktivisten der Initiative "Green Alsenplatz" jeweils in einen Baum auf der Grünfläche in Altona-Nord geklettert. Wie schon bei ihrer Aktion am Montag wollen sie die Fällung von 27 Bäumen verhindern, die einem Neubau der Hamburger Sparkasse weichen sollen. Die Haspa plant dort ein Wohnheim für ihre Auszubildenden.
Für die Zeit von 9 bis 18 Uhr sei eine stationäre Versammlung mit bis zu 30 Teilnehmern angemeldet worden, sagte Polizeisprecher Florian Abbenseth dem Abendblatt. "Fällungen sind dort offenbar heute nicht geplant, daher lässt man sie zunächst gewähren." Die beiden Personen in den Bäumen seien zudem mit Kletterausrüstung gesichert.
Polizei Hamburg: Aktivisten besetzen Bäume am Alsenplatz
"Nachdem am Montag noch keine Bauarbeiten am Alsenplatz stattfanden, begannen Arbeiter am Mittwoch Sträucher und Bäume zu roden. Um weitere Rodungen zu verhindern, wurden die Bäume heute erneut besetzt", teilte die Initiative am Morgen mit. Es gehe Anwohnern und Aktivisten nicht darum, Naturschutz und Wohnraum gegeneinander auszuspielen. "Die Hamburger Wohnungsbaupolitik setzt seit Jahrzehnten auf Neubau und damit auf zunehmende Flächenversiegelung. Aber die Mieten steigen trotzdem seit Jahren unaufhaltsam", kritisiert die Initiative.
Der Alsenplatz gehöre zum Grünen Netz Hamburgs. "Die Zerstörung der Naturflächen ist unwiederbringlich und die Konsequenzen für das Artensterben und die Klimaerhitzung unkalkulierbar." Ein Umdenken in der Wohnungsbaupolitik sei dringend erforderlich.
Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) hatte sich schon vergangenes Jahr in ungewöhnlich deutlicher Form für den dort geplanten Haspa-Neubau eingesetzt. "Ich unterstütze dieses Projekt uneingeschränkt, es muss realisiert werden“, sagte von Berg dem Abendblatt seinerzeit. "Es dient dem Gemeinwohl, und damit der ganzen Stadt." Das Wohnheim soll sechs Stockwerke bekommen und gut 140 Auszubildenden preisgünstigen Wohnraum bieten.
Paulihaus: Polizei Hamburg holt Aktivisten aus Bäumen
Keine Zeit verloren hat die Polizei Hamburg am Donnerstagmorgen dagegen bei einem noch prominenteren Bauprojekt. Das frühere Restaurant Maharaja liegt schon in Trümmern, nun sollen auch 21 Bäume am Neuen Kamp gefällt werden, damit dort das "Paulihaus" entstehen kann. Wie schon vor gut einem Jahr haben mehrere Aktivisten das Gelände am frühen Donnerstagmorgen besetzt, um die Fällung zu verhindern. Die Polizei hat die Protestler inzwischen aber von den Bäumen geholt.
"Heute ist der Tag X. Die Initiative St. Pauli Code jetzt aktiviert gerade ihre Notfallkette und mobilisiert zum Gelände an der Rindermarkthalle", teilte ein Sprecher gegen 5 Uhr am Morgen mit. Mit Kletterausrüstung positionierten sich drei Aktivisten in den Bäumen, sagte ein Sprecher des polizeilichen Lagedienstes. "Das Höheninterventionsteam hat eine Person aus dem Baum geholt, die anderen sind dann um kurz vor 8 freiwillig gefolgt", sagte der Sprecher weiter. Inzwischen sei die Baufirma angerückt und habe mit der Fällung begonnen.
St. Pauli: Restaurant Maharaja musste "Paulihaus" weichen
"Im Auftrag unseres rot-grünen Senats hat heute Morgen eine Baumfäller-Firma damit begonnen, 21 gesunde Bäume an der Budapester Straße zu fällen", teilte die Initiative später empört mit. 17 der betroffenen Bäume seien mehr als 50 Jahre alt. "Das alles in Zeiten des Klimawandels! Ein trauriger Tag, nicht nur für die Bäume."
St. Pauli Code hatte sich für den Erhalt des indischen Restaurants an der Kreuzung Budapester Straße/Neuer Kamp eingesetzt. Aus Sicht der Protestierenden passt der dort geplante Neubau nicht in den Stadtteil. Sie bemängeln auch, dass die Bewohner zu wenig in die Planungen einbezogen worden seien: "Konstruktive Lösungsvorschläge aus dem Stadtteil für andere Bauplätze ohne Baumverlust wurden ungeprüft ausgeschlagen", bemängelt die Initiative. "Weder das Baukonsortium noch der Bezirk Hamburg-Mitte waren bereit, nach anderen Lösungen zu suchen."
Ende März 2021 war die Betreiberin des Restaurants mit einer Beschwerde gegen den Abriss vor dem Hamburger Landgericht gescheitert. Im Juni rollten die Bagger an, von dem Gebäude ist seitdem nur noch Schutt übrig.
Anstelle des Maharaja soll bis Anfang 2024 das im Viertel umstrittene "Paulihaus" entstehen. Der sechsgeschossige Backsteinbau auf einem rund 3500 Quadratmeter großen Grundstück ist ein Baugemeinschaftsprojekt mehrerer Unternehmen und soll nach Angaben der Verantwortlichen für die eigene Nutzung gebaut werden. Es wurde ein Erbbaurechtsvertrag mit der Stadt unterzeichnet. Eine Autowerkstatt und ein Tonstudio, die dort vorher schon ansässig waren, sollen wieder einziehen können.