Hamburg. Bezirksamtsleiterin kämpft für den sechsstöckigen Neubau in Altona – und macht den protestierenden Anwohnern ein Versprechen.

In ungewöhnlich deutlicher Form setzt sich Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) für den geplanten Bau eines Wohnheims für Auszubildende auf dem Alsenplatz ein. „Ich unterstütze dieses Projekt uneingeschränkt, es muss realisiert werden“, sagte von Berg dem Abendblatt. „Es dient dem Gemeinwohl, und damit der ganzen Stadt.“

Wie berichtet, will die Haspa auf dem Platz ein sechsstöckiges Wohnheim bauen, in dem rund 140 Auszubildende preisgünstig wohnen können. Die Stadt hatte das Grundstück dafür im vergangenen Jahr an die Haspa verkauft. Das Gebäude wird aus 68 Apartments bestehen und nach der Fertigstellung voraussichtlich rund die Hälfte des Platzes einnehmen.

Vielfältige Einwände einer Anwohnerinitiative gegen den Bau des Wohnheims für Auszubildene

Im vergangenen Herbst gründete sich dann eine Anwohnerinitiative, die sich gegen den Neubau in der geplanten Form stellt. Erst unmittelbar vor der Präsentation des Plans durch Haspa-Vorstand Harald Vogelsang und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) war den Nachbarn das Projekt vorgestellt worden.

Harald Vogelsang (l.) und Andreas Dressel mit dem Plan.
Harald Vogelsang (l.) und Andreas Dressel mit dem Plan. © Unbekannt | Andreas Laible

Die von der Initiative vorgebrachten Einwände sind vielfältig. Zum einen befürchten sie eine starke Verschattung ihrer Wohnungen durch den Neubau, zum anderen den Verlust zahlreicher Bäume und Parkplätze. Rechtlich steht das Projekt aus ihrer Sicht auf tönernen Füßen.

Fällen von Bäumen wiederspreche dem Vertrag „Hamburgs Grün erhalten“

Ein zunächst nur vorübergehend abgebautes Fahrradhäuschen durfte aus denkmalrechtlichen Gründen an dem von Jugendstilbauten flankierten Patz nicht wieder aufgebaut werden, entsprechend sorgt nun die Genehmigung des großen Neubaus vor Ort für Empörung. Und dass rund 30 Bäume dem Projekt zum Opfer fallen werden, widerspreche dem im vergangenen Jahr abgeschlossenen Vertrag „Hamburgs Grün erhalten“ und der „Qualitätsoffensive Freiraum“ der Umweltbehörde.

Karin Görling (l.) und Eva Börger protestierten 2020 gegen die Abholzung.
Karin Görling (l.) und Eva Börger protestierten 2020 gegen die Abholzung. © Unbekannt | Roland Magunia/ Funke Foto Services

„Die 30 Bäume sorgen für eine grüne Oase am dicht befahrenen Ring 2“, heißt es auf der Homepage, „die Begrünung trägt dazu bei, das Stadtklima nachhaltig zu verbessern und stellt Lebensraum für eine Vielzahl von Lebewesen dar.“ Auch eine Onlinepetition wurde dazu gestartet, die aktuell fast 1000 Unterstützerinnen und Unterstützer hat.

Von Berg zeigt wenig Verständnis für Argumente der Anwohnerinitiative

Nachdem Bezirkspolitiker, unter anderem von Grünen und CDU, mehrfach das Gespräch mit der Initiative gesucht hatten, zeigt von Berg nun deutlich weniger Verständnis für deren Einwände. Bezogen auf die geplante Abholzung sagt sie: „Ich muss es mal so deutlich sagen: Es ist das gute Recht der Anwohnerinnen und Anwohner, Kritik zu äußern, aber das Projekt entsteht doch nicht auf der grünen Wiese. Außerdem wird dort ja neues Grün nachgepflanzt.“

Die Bezirksamtsleiterin verweist darauf, dass das neue Gebäude die Anwohner letztlich sogar gegen Verkehrslärm abriegele. Darüber hinaus steht eine Fassaden-Begrünung im Raum – einen entsprechenden Auftrag hatte unlängst die Bezirks-Politik formuliert. „Das Haus wird energetisch-nachhaltig gebaut, darauf können sich alle verlassen. Ein Klotz wird das ganz bestimmt nicht“, so von Berg.

„Hier geht es um Wohnraum für junge Menschen, die sich keinen teuren Wohnraum leisten können."

Den Bauherrn Haspa nennt die Grünenpolitikerin „einen sehr guten Partner“. Die Einwände der Initiative bezeichnet sie dagegen als „Partikularin­ter­essen“, und stellt klar: „Hier geht es um Wohnraum für junge Menschen, die sich keinen teuren Wohnraum leisten können. Für die Auszubildenden gibt es in Hamburg nur wenig Wohnraum, und wir können stolz auf dieses Projekt sein.“

Eva Börger von der Initiative green­alsenplatz („Unser Alsenplatz muss grün bleiben!“) reagiert, wie sie sagt, „fassungslos“ auf Stefanie von Bergs Vorstoß. „Ich muss es so deutlich aussprechen, aber wir werden von der Politik nur noch verarscht“, so Börger. „Immer wieder wird von Bürgerbeteiligung gesprochen. Nun sieht man, was davon zu halten ist.“

„Das ist eine Missachtung grüner Ideen und eine Missachtung der Bürgerinnen und Bürger."

Börger („Ich bin maßlos enttäuscht“) liest ein Schreiben der Haspa vor, in dem unter anderem steht, dass der Alsenplatz der einzige Standort sei, der für eine derartige Nutzung infrage komme. „Das ist doch nicht zu glauben“, so Börger. „In einer so großen Stadt wie Hamburg soll es keine andere Lösung geben?“ An der totalen Verschattung der benachbarten Häuser werde auch eine Fassadenbegrünung nichts ändern, die Frage sei vielmehr, ob Grünes dort überhaupt gedeihen könne.

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Und Elisabeth Richter, die sich ebenfalls in der Initiative engagiert, sagt: „Das ist eine Missachtung grüner Ideen und eine Missachtung der Bürgerinnen und Bürger. Für mich ist das nur noch ,Politik von oben‘. Ich bin bestürzt und besorgt über diese Entwicklung. Man weiß ja gar nicht mehr, wen man künftig noch wählen soll.“

Von Berg spricht von „deutlich vernehmbarem Bekenntnis“

Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg machte unterdessen deutlich, dass sie den Fortgang des Projekts zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zur Chefsache machen und an sich ziehen werde. Vielmehr sei ihre Stellungnahme als „deutlich vernehmbares Bekenntnis zu dem Projekt“ zu verstehen.