Hamburg. Alle zwei Wochen an dieser Stelle: Unsere Volontärinnen und Volontäre stellen sich vor, schildern ihre ersten Erfahrungen in Hamburg und beim Abendblatt. Heute: Marvin Mertens
„Die Großen rücken zusammen“. So titelte das Hamburger Abendblatt am Tag meiner Geburt im Jahr 1992. Woher ich das weiß? Zu meinem 18. Geburtstag bekam ich von meinem Onkel ebendiese Ausgabe geschenkt. 18 Jahre lang hatte er die Zeitung aufgehoben.
Ob das der Grund ist, warum ich heute als Volontär diese Kolumne in dieser Hamburger Tageszeitung schreibe, weiß ich nicht. Möglich ist es allemal. Jedenfalls ist die Abendblatt-Verbundenheit meiner Familie deutlich älter als ich.
Lokaljournalismus beim Abendblatt im Wandel der Zeit
Bei meinen Großeltern, immerhin weit über 90 Jahre alt, gehört die tägliche Lektüre seit Jahrzehnten fest zum Tagesablauf. Ganz besonders, seit der älteste Enkel für „ihr“ Hamburger Abendblatt schreibt. Meine ersten Artikel wurden, selbstverständlich, allesamt ausgeschnitten und aufbewahrt.
Mittlerweile gehört diese Praxis der Vergangenheit an. Vermutlich weil der heimische Keller voll ist, in mehr als zwölf Jahren kommt schließlich einiges zusammen. Als ich 2012 beim Abendblatt anfing, waren einige meiner Volontärs-Kolleginnen und -Kollegen noch nicht einmal in der Pubertät.
Ausbildung für die Journalisten von morgen
Einige von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, werden mit dem Begriff Volontär vermutlich wenig anfangen können. Deshalb eine kurze Erklärung: Wir Volontärinnen und Volontäre sind sozusagen Redakteurinnen und Redakteure in Ausbildung. Diese heißt Volontariat und dauert in der Regel zwei Jahre.
Wir arbeiten in den Redaktionen mit, übernehmen Termine, Interviews, Pressekonferenzen, schreiben Reportagen, Berichte, Nachrichten und sollen in dieser Zeit das journalistische Handwerkszeug lernen. Für die eine oder den anderen mag das mehr oder weniger lehrreich sein, aber auch im Journalismus gilt der etwas abgedroschene Spruch: Man lernt nie aus.
Hamburger Abendblatt hat sich grundlegend gewandelt
Im Laufe des Volontariats durchlaufen wir unterschiedliche Stationen. Ich bin aktuell in der Hamburger Lokalredaktion und mache dort das, was ich in den vergangenen zwölf Jahren auch gemacht habe: Lokaljournalismus.
Zwölf Jahre, bald 13. Das sind zwei Verlagshäuser, vier unterschiedliche Redaktionssysteme (oder waren es fünf?), sieben Chefinnen und Chefs, zig Kolleginnen und Kollegen und unzählige, wirklich unzählbar viele Praktikantinnen und Praktikanten.
Journalisten arbeiten anders als noch vor zehn Jahren
Vor allem sind zwölf Jahre mit Blick auf die Digitalisierung und das sich ständig verändernde Zeitungsgeschäft eine verdammt lange Zeit. Selbst für das Hamburger Abendblatt, das im vergangenen Jahr seinen 75. Geburtstag feierte.
Auch wenn ich nicht auf der Schreibmaschine angefangen habe, wie einige meiner ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, von denen viele mittlerweile im wohlverdienten Ruhestand sind, so habe ich doch einige drastische Veränderungen dieser Zeitung miterlebt, welche die Art, wie beim Abendblatt gearbeitet wird, bis heute maßgeblich beeinflussen.
Online-Journalismus und soziale Medien
Als ich 2011 als Praktikant beim Abendblatt anfing, spielte der Online-Journalismus eher eine Nebenrolle. Mittlerweile steht dieser im Zentrum meiner Arbeit und ist ein wesentlicher Teil meiner Ausbildung im Volontariat. Es reicht nicht mehr, nur eine gedruckte Zeitung zu machen. Eigentlich reicht es nicht einmal, nur Print- und Online-Journalismus zu machen.
Denn: Immer weniger Menschen lesen und kaufen gedruckte Zeitungen, immer mehr Menschen informieren sich online, konsumieren ihre Nachrichten im Internet und vor allem in sozialen Netzwerken. Das bedeutet große Veränderungen und Herausforderungen für die Medienbranche und uns Journalistinnen und Journalisten.
Lokaljournalismus im Wandel: Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern
Sind Sie gerade in der Bahn? Schauen Sie sich einmal um. Die meisten Menschen um Sie herum werden auf ihr Smartphone schauen. Die Nutzerinnen und Nutzer sind in sozialen Netzwerken unterwegs, googeln sich die Nachrichten, die sie interessieren, zusammen, surfen auf Nachrichtenwebsites wie www.abendblatt.de. Scrollen statt blättern.
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Früher mussten die Artikel bis zum Andruck am Abend fertig sein. Beim Online-Journalismus geht es um Minuten. Früher haben Journalistinnen und Journalisten vor allem geschrieben, heute filmen sie, schneiden Videos und sind auch dafür verantwortlich, dass ihre Texte möglichst viele Menschen erreichen. Früher hieß es mal, nichts ist so alt wie die Zeitung vom Vortag. Und darin steckt heute mehr Wahrheit als je zuvor.